Dem 1. FC Köln droht zum siebten Mal binnen der vergangenen 26 Jahre der Bundesliga-Abstieg. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Marius Becker/dpa)

Auch am Tag nach dem Desaster gegen den abgeschlagenen Letzten SV Darmstadt 98 wurde beim 1. FC Köln keine Perspektive aufgezeigt. Der arg in der Kritik stehende Sportchef Christian Keller wirkte noch immer ratlos und Trainer Timo Schultz schien seine beim 0:2 bitter enttäuschenden Profis erst einmal nicht mehr sehen zu wollen.

Das obligatorische Training am Sonntag fiel aus, erst am Dienstag geht es mit der Vorbereitung auf das nächste direkte Kellerduell beim FSV Mainz 05 am kommenden Sonntag weiter. Es dürfte für den Tabellen-17. aus Köln am 31. Spieltag die wohl letzte Chance sein, noch einmal entscheidend an den Abstiegsrelegationsplatz der Fußball-Bundesliga heranzurücken.

«Wenn wir jetzt keinen Sprung nach vorne machen, wird es nicht reichen», prophezeite Keller im Sport1-«Doppelpass», noch ganz unter dem Eindruck des schwachen Auftritts gegen Darmstadt, das zuvor 22 Spiele am Stück nicht mehr gewonnen hatte.

Aktuell kein Bundesliganiveau

«Es ist offensichtlich: Das, was wir qualitativ auf den Platz gebracht haben, war kein Bundesliganiveau», schimpfte Keller, der zuvor noch einen Punkte-Dreier fest eingeplant hatte, um im Saison-Schlussspurt noch einmal angreifen zu können. Stattdessen wächst der Abstand nach oben. Vor dem FC kämpfen derzeit Mainz, der VfL Bochum und Union Berlin darum, nicht in die Relegation zu müssen. Wolfsburg machte dagegen mit dem 1:0 im direkten Duell mit Bochum einen Sprung.

«Bei allem Respekt vor dem Gegner. Den muss man, wenn man den Bundesliga-Anspruch hat, zu Hause schon besiegen», sagte Keller, der im Zentrum der Fan-Wut stand. Immer wieder gab es schon während des Spiels Pfiffe und «Keller raus»-Rufe. «Ich verstehe, dass jeder hier im Stadion verärgert ist. Ich bin dann am Ende hauptverantwortlich und verstehe, dass die Leute ihren Frust rauslassen», sagte Keller.

Trainerwechsel verpufft

Der zentrale Vorwurf an den 47-Jährigen lautet, den FC in den vergangenen Monaten kaputtgespart zu haben. Zudem brachte auch der Trainerwechsel nach der Trennung von Steffen Baumgart zu Timo Schultz Anfang des Jahres kaum etwas. Der Punkteschnitt unter Schultz (0,857 pro Spiel) ist nur geringfügig besser als unter Baumgart (0,625) und immer noch auf Abstiegsniveau. Unter dem neuen Coach gelangen bislang lediglich gegen neun Frankfurter und mit viel Glück gegen Bochum Siege.

«Timo macht es bislang sehr, sehr gut. Vom ersten Tag an», urteilte Keller dennoch. Doch der Coach wirkte auch am Samstag nun etwas ratlos und hatte nur noch Durchhalteparolen parat. «Wir können besser spielen und wir müssen besser spielen. Wenn wir das hinbekommen, haben wir auch eine Chance, in Mainz zu gewinnen», sagte Schultz und konterkarierte damit den Eindruck von jedem der 50.000 Zuschauer. Der Druck, gewinnen zu müssen, lähmte die Spieler geradezu. «Heute habe ich das Gefühl gehabt, dass wir verunsichert waren», sagte Kapitän Florian Kainz und Abwehrspieler Timo Hübers bekannte: «Uns ist das Herz ein bisschen in die Hose gerutscht.»

Düstere Aussichten bei Abstieg wegen Transfersperre

Seit Samstag scheint klar: Sollte der FC in den letzten vier Rückrundenspielen keinen qualitativen Quantensprung mehr machen, ist der siebte Bundesliga-Abstieg perfekt. Und dies könnte diesmal angesichts der geltenden Transfersperre viel schlimmere Folgen als bei den sechs Abstiegen seit 1998 zuvor haben. Wegen eines Verstoßes gegen FIFA-Regularien beim Transfer des slowenischen Jugendspielers Jaka Potocnik vor zwei Jahren darf der FC erst im Winter wieder Transfers tätigen. Dies könnte gerade im Sommer nach einem Abstieg fatal sein, sollte der Club Leistungsträger abgeben müssen.

Laut «Bild am Sonntag» sollen die Angreifer Davie Selke und Mark Uth keinen gültigen Vertrag für die 2. Liga haben und Torhüter Marvin Schwäbe, die Abwehrspieler Hübers und Jeff Chabot sowie Mittelfeldspieler Dejan Ljubicic Ausstiegsklauseln. «Es ist tatsächlich so, dass der ein oder andere eine Klausel oder keinen Zweitligavertrag hat», bestätigte Keller, der die potenziellen Abgänge nur mit zurückkehrenden Leihspielern oder Nachwuchskräften ersetzen könnte.

Von Carsten Lappe und Florian Gut, dpa

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