Designierter Trainer der türkischen Fußball-Nationalmannschaft: Stefan Kuntz. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Ina Fassbender/AFP POOL/dpa)

Der deutsche U21-Erfolgscoach Stefan Kuntz soll die türkische Nationalmannschaft zur Fußball-Weltmeisterschaft in Katar führen. Der 58-Jährige wurde am Sonntag als neuer Hoffnungsträger der bei der EM und in der WM-Qualifikation enttäuschenden Auswahl vorgestellt.

«Willkommen, Stefan Kuntz», twitterte der türkische Verband, mit dem sich der frühere Stürmer über einen Vertrag über drei Jahre geeinigt haben soll. Das würde bedeuten, dass Kuntz mit der türkischen Nationalmannschaft auch den Weg zu EM 2024 in seiner Heimat Deutschland antreten könnte. Wer Nachfolger von Kuntz bei der deutschen U21 wird, ist offen.

Offiziell bestätigt wurde die Vertragslaufzeit von Kuntz in der Türkei zunächst nicht. Auch nicht, mit welchen Co-Trainern Kuntz das Abenteuer am Bosporus angehen wird. Die Unterschrift unter sein neues Arbeitspapier soll am Montag in der Türkei erfolgen, die staatsnahe Nachrichtenagentur DNA zeigte am Sonntagabend Bilder der Ankunft von Kuntz am Flughafen Istanbul. In der Metropole hatte Kuntz unter Christoph Daum in der Saison 1995/96 für Besiktas gespielt. «Glückwunsch, Stefan Kuntz», lautete der erfreute Kommentar seines Ex-Clubs.

Der Wechsel hatte sich abgezeichnet

Der Deutsche Fußball-Bund verliert damit den erfolgreichsten U21-Nationaltrainer seiner Verbandsgeschichte. Kuntz führte die wichtigste deutsche Nachwuchsmannschaft in drei Endspiele, gewann 2017 und 2021 den Titel. Seit Monaten wurde über die Zukunft des bei Olympia mit dem deutschen Team früh gescheiterten Trainers spekuliert. Zwischenzeitlich galt Kuntz sogar als Kandidat für die Nachfolge von Joachim Löw. Diese trat dann aber Bayerns Sieben-Titel-Trainer Hansi Flick an, der Kuntz damals zum DFB geholt hatte.

Der Wechsel des Fußball-Europameisters von 1996 in die Türkei hatte sich seit Tagen abgezeichnet. Zwischenzeitlich wurde auch über Jürgen Klinsmann oder den Ukrainer Andrej Schewtschenko spekuliert. Kuntz sei von Anfang an der Wunschkandidat für die Nachfolge von Senol Günes gewesen, sagte der türkische Nationalmannschaftsmanager Hamit Altintop am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur. Kuntz ist nach Sepp Piontek Anfang der 1990er Jahre der zweite Trainer aus Deutschland bei der türkischen Nationalelf.

Kuntz soll für Aufbruchstimmung sorgen

In der WM-Qualifikation belegt die türkische Mannschaft, die zuletzt gegen die Niederlande mit 1:6 unterging, nur den dritten Platz ihrer Gruppe. Das würde nicht für die WM im kommenden Jahr in Katar reichen. Die EM in diesem Sommer verlief für den WM-Dritten von 2002 frustrierend: Drei Niederlagen gegen den späteren Europameister Italien, Wales und die Schweiz bedeuteten das krachende Vorrunden-Aus. Es hagelte Kritik für Team und Trainer Günes, nach der Holland-Pleite war Schluss für ihn.

Als Spezialist für guten Teamgeist in Mannschaften, das rühmten die U21-Jahrgänge von Kuntz immer wieder, soll er in der Türkei für eine Aufbruchstimmung sorgen. Aus der deutschen U21-Europameister-Mannschaft von 2021, der fast keiner den Titel zugetraut hatte, formte Kuntz überraschend einen Champion. Das dürfte auch den Verantwortlichen im türkischen Verband nach dem desaströsen EM-Auftritt ihrer Auswahl Hoffnung auf bessere Zeiten machen. Kuntz muss aber die Herausforderung der fremden Sprache meistern.

DFB hat einen «Plan B»

Der DFB hatte Kuntz bereits die Freigabe für einen Wechsel in die Türkei erteilt. Wer auf ihn als U21-Trainer folgt, gab der Verband zunächst nicht bekannt. Im Gespräch ist eine interne Lösung, dafür wären U20-Coach Christian Wörns oder U19-Trainer Hannes Wolf mögliche Kandidaten. «Wir sind auf diese Situation vorbereitet, haben einen Plan B», sagte Meikel Schönweitz, Cheftrainer der deutschen U-Nationalmannschaften, den Zeitungen der Mediengruppe VRM am Samstag.

Für die deutsche U21 geht es in der EM-Qualifikation am 7. Oktober in Paderborn gegen Israel weiter, danach folgen in diesem Jahr noch drei weitere Spiele.

Von Christian Kunz, Anne Pollmann, Holger Schmidt und Miriam Schmidt, dpa

Von