Kylian Mbappé (l) und Karim Benzema feiern den Gewinn der Nations League. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Miguel Medina/Pool AFP via AP/dpa)

Karim Benzema konnte gar nicht genug Erinnerungen sammeln. Ein Foto mit Matchwinner Kylian Mbappé hier, eines mit Paul Pogba da. Stets im Bild und in der Hand war dabei der silberne Siegerpokal der Nations League.

Für den 33 Jahre alten Stürmer war es – man glaubt es kaum – die erste Trophäe mit der französischen Fußball-Nationalmannschaft. Das wirkt mickrig im Vergleich mit den 28 Titeln mit Vereinsmannschaften, ist halt aber auch bezeichnend für die Karriere des Mannes aus Lyon.

Erst im Juni war Benzema in die Équipe Tricolore zurückgekehrt, fünfeinhalb Jahre saß er wegen des Verdachts der versuchten Erpressung seines Teamkollegen Mathieu Valbuena auf der Strafbank. Sein grandioser Ausgleich beim 2:1-Erfolg im Finale gegen Spanien war sein sechter Treffer seit dem Comeback. «Karim ist ein essenzieller Spieler. Er hat alles getan, um diesen Pokal zu gewinnen», sagte Nationaltrainer Didier Deschamps und betonte: «Er hat die Wut, um zu gewinnen.»

Benzema wichtiger denn je

Für diese Wut hat auch Deschamps einiges getan. Noch im Herbst 2019 hatte der Coach betont, unter ihm werde Benzema nie wieder für Frankreich spielen. Die Nominierung für die EM in diesem Jahr kam deshalb sehr überraschend. Und in den Monaten nach dem schockierenden Achtelfinal-Aus gegen die Schweiz brauchte Deschamps seinen erfahrenen Stürmer dann mehr denn je – um den eigenen Job zu retten.

Denn zum Final-Turnier der Nations League nach Italien war Deschamps mit dem ikonischen Schatten von Zinedine Zidane gereist. Frankreichs einstiger Über-Fußballer ist derzeit ohne Job und in den vergangenen Monaten wurde nur über den Zeitpunkt diskutiert, wann er Deschamps – immerhin Weltmeister-Trainer von 2018 – denn endlich beerben würde. Am Sonntagabend hatte sich dann alle Kritik im silbernen Konfettiregen des San Siro aufgelöst.

Großer Gewinner neben Deschamps

Und Benzema steht neben Deschamps als großer Gewinner da. Als einer von 30 nominierten Spielern hat der Angreifer tatsächlich die Chance, im Dezember den renommierten Ballon d’Or der Zeitschrift France Football zu gewinnen. Es würde zum aktuellen Lauf von Benzema passen. Er trifft für die Nationalmannschaft, ist bei seinem Club Real Madrid mit neun Toren in acht Spielen der mittlerweile wichtigste Spieler. «Was für viele Mittelstürmer unmöglich ist, wirkt bei Benzema ganz natürlich. Er ist ebenso effizient wie altruistisch, schaut auf seine Statistiken, ohne die anderen zu vergessen», lobte die «L’Équipe» nach dem Nations-League-Turnier.

Doch die Vergangenheit wird Benzema schon bald einholen. Am 20. Oktober soll der Stürmer vor Gericht erscheinen. Es geht um eben jene «Beihilfe zu einem Erpressungsversuch» von Valbuena. Benzema und weitere Angeklagte sollen Valbuena mit einem Video erpresst haben, das diesen beim Sex zeigt. Maximal drohen eine Haftstrafe von fünf Jahren sowie eine Geldbuße von 75.000 Euro. Die Anklage im November 2015 war vorerst das Ende seiner Laufbahn in der Nationalmannschaft.

Was die Gerichte noch beschäftigt, ist für Deschamps längst abgehakt. «Er ist nicht mehr derselbe Mensch wie 2015. Er ist reifer geworden», sagte der Coach. «Er ist seit einer ganze Weile auf einem sehr guten Niveau und ich freue mich für ihn, dass er diese Momente in der französischen Mannschaft haben kann. Das ist für die Zukunft sehr wichtig.» Eine Zukunft, die nun auch Deschamps – dank Benzema – in der Équipe Tricolore hat.

Von Tom Bachmann, dpa

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