Tayfun Korkut (l) wurde von Fredi Bobic als neuer Trainer bei Hertha BSC eingestellt. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Jan-Philipp Burmann/Hertha BSC/Pool/dpa)

Im schwarzen Anzug und weißen Hemd erschien Tayfun Korkut zu seiner Premiere auf dem Hertha-Podium. Allein die Kleiderwahl des neuen Trainers verdeutlichte: Das passt nun auch zum ebenso schicken Stil von Fredi Bobic neben ihm.

Vorbei sind beim schon so lange erfolglos nach Glanz und Gloria lechzenden Berliner Fußball-Bundesligisten die Zeiten, in denen Kultfigur Pal Dardai im Kapuzenpulli mit Vereinslogo auf dem Herzen neben dem Geschäftsführer saß und die weit über Modefragen hinausgehenden Dissonanzen zwischen Trainer und Boss auch mit größter Mühe nur schwer zu verbergen waren.

Der «kleine Pal» hat ausgedient. Bei Hertha BSC geht mit der zweiten Trennung von Dardai die große Trainerfluktuation weiter. Der nächste Kandidat steht bislang aber auch noch nicht für ein Fußball-Leben in Big-City-Dimensionen. Korkut ist überraschend die erste Trainerwahl von Bobic. Aber: Man kennt sich. Beim VfB Stuttgart war er Jugendtrainer zu Bobic‘ Managertagen. «Der Kontakt ist nicht abgerissen», sagte Bobic. Er habe gesehen, «wie akribisch Tayfun arbeitet», wie er als «Teamworker junge Menschen begeistern kann.»

Vertrag bis Saisonende

Korkut wurde später, als Bobic weg war, Cheftrainer beim VfB für 22 Spiele. Davor war er auch nur für einige Monate Coach bei Bayer Leverkusen (12 Spiele) und dem 1. FC Kaiserslautern (18). Erstmals Cheftrainer war er bei Hannover 96 von 2014 bis 2015. Bei der Hertha stehen bis zum Saisonende, so lange läuft sein Vertrag erstmal, noch 21 Bundesliga-Spiele und mindestens ein Pokalspiel – das Derby gegen den 1. FC Union Berlin – an. Bobic und Korkut meinten, dass die Vertragslaufzeit aber egal sei. Man könne sich eine langfristige Zusammenarbeit vorstellen.

Erstmal muss Korkut aber das gelingen, was Dardai partout nicht schaffte. Perspektiven nach oben aufzeigen. Wie das klappen soll? Dafür will er in den kommenden Tagen auch mal mit seinem einstigen Trainer und heutigen Freund, Ex-Bundestrainer Joachim Löw, plaudern.

Bobic konnte nur schwer verklausulieren, dass Dardai schon lange keinen Kredit mehr hatte. «Wir hatten insgesamt nicht das Gefühl, dass sich die Dinge verbessern», sagte Bobic. Man müsse «aus dem, was wir haben, das Optimum herausholen.» Mit seiner oft hölzern-spröden, mal ironischen oder auch schnell beleidigten Art hatte der Ungar seine eigene Position immer wieder geschwächt.

Nur einen Punkt Vorsprung

Aktuell ist die Hertha Tabellen-14. mit nur einem Punkt Vorsprung auf den Relegationsrang. Ob Dardai wie nach seinem ersten Engagement nach einer Auszeit wieder einen Posten im Jugendbetrieb der Berliner übernimmt, soll erst im Frühjahr entschieden werden. Beide Seiten brauchen Abstand. Der Club verschliss in den vergangenen knapp zweieinhalb Jahren nach dem ersten wegen ständiger Mittelmäßigkeit beendeten Engagement von Dardai (2015-2019) in Ante Covic, Jürgen Klinsmann, Alexander Nouri, Bruno Labbadia vier weitere Trainer.

Nach dem gesicherten Ligaverbleib, der im Mai mit einem legendären Zigarren-Interview Dardais gefeiert wurde, waren die Berliner ganz schlecht in die neue Saison gestartet. Statements von Dardai nach dem 0:5 gegen den FC Bayern München im August wurden von Bobic öffentlich kritisiert. «Wahrscheinlich sucht Hertha BSC seit langem einen großen Trainer. Pal ist ein kleiner Trainer, ein netter Trainer, er hilft aus so lange, wie es sein soll. Wenn ein ganz großer Trainer hier ist, geht Pal sofort zurück zur U16 und macht seine Sache wie früher», hatte Dardai mit beleidigtem Unterton gesagt.

Das kam bei Bobic überhaupt nicht gut an. Dennoch hatte er noch vor zehn Tagen beteuert, es gäbe keine Dissonanzen mit dem Trainer. Die Führung stand aber wohl schon länger nicht mehr hinter dem Coach, der sich nicht nur im Rausch des Klassenverbleibs gern mal abfällig über die Zielsetzungen und Philosophien von Millionen-Investor und Geldgeber Lars Windhorst äußerte.

Mögliche Siege verspielt

Zuletzt wurden bei den 1:1-Unentschieden gegen Bayer Leverkusen und den FC Augsburg mögliche Siege kurz vor Schluss leichtfertig verspielt, dazwischen gab es das ernüchternde 0:2 im Derby beim sportlich enteilten Lokalrivalen 1. FC Union. Dardai sprach immer nur von Tagesform und guten Trainingsleistungen seiner Spieler. Nun hielt Bobic den Zeitpunkt für eine lange schon vermutete Trennung für gekommen.

Korkut ist ein Überraschungskandidat, für Berlin, wo man ja eigentlich größer und perspektivisch in Titelkategorien denken möchte. Für Korkut steht die erste Hertha-Bewährungsprobe im Abstiegskampf am Sonntag bei seinem Ex-Club VfB Stuttgart an, rein zufällig hatte er sich am vergangenen Freitag das Duell der Schwaben gegen den FSV Mainz 05 angeschaut – letztlich eine erste Gegnerbeobachtung für die Hertha.

Von Arne Richter, dpa

Von