DFL-Geschäftsführer Christian Seifert hört zum Jahresende auf. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Frank Rumpenhorst/dpa)

Rund fünf Wochen vor seinem Abschied als DFL-Geschäftsführer hat Christian Seifert Kritik an der Außendarstellung der Spitzenpolitik in der Corona-Krise geübt.

«In Deutschland hatte ich schon gelegentlich den Eindruck, dass es bei den Ministerpräsidenten-Konferenzen oftmals um die Überschriften für die nachfolgenden Pressekonferenzen ging», sagte der 52-Jährige in einem Interview der «Süddeutschen Zeitung».

«Hier und da ist man das Gefühl nicht losgeworden, dass der Profifußball von Einzelnen auch genutzt wird, um in die Medien zu kommen oder von anderen Dingen abzulenken», fügte der Funktionär an. Die Ministerpräsidenten Markus Söder (Bayern/CSU) und Hendrik Wüst (Nordrhein-Westfalen/CDU) hatten zuletzt – angesichts der stark steigenden Corona-Zahlen in Deutschland – über eine Impflicht für Bundesligaprofis gesprochen.

86 von mehr als 1000 Vertragsspielern nicht geimpft

Seifert erklärte, von mehr als 1000 deutschen Vertragsspielern seien «Stand Mitte November» 86 nicht geimpft. «Angesichts von teilweise mehr als 70.000 täglichen Neuinfektionen frage ich mich jetzt, ob es im Land nicht drängendere Probleme gibt als 86 ungeimpfte Fußballer», sagte Seifert, der trotzdem an Fußballer und die Gesellschaft appellierte, sich impfen zu lassen. Für große Debatten hatte zuletzt Nationalspieler Joshua Kimmich gesorgt, der ebenfalls ungeimpft ist. In dieser Woche wurde bekannt, dass sich der Bayern-Star mit dem Coronavirus infiziert hat.

Auf die Frage, ob Fußballprofis mit der Impfung ein Zeichen setzen müssten, antwortete Seifert. «Meinem Empfinden nach ging es schon seit Beginn der Corona-Pandemie immer wieder zu viel um Zeichen und zu wenig um die wahren Probleme und möglichen Lösungen.» Man habe bis heute keine Impfpflicht für Lehrer oder in der Medizin, «aber jetzt sollen sich die Beamten im Gesundheits- und im Arbeitsministerium damit beschäftigen, ob man ein Gesetz für 86 Menschen entwirft?», fragte der Liga-Boss, der seinen Posten zum 1. Januar 2022 an Nachfolgerin Donata Hopfen abgibt.

Erinnerung an Geisterspiele

Seifert erinnerte sich noch mal ans Frühjahr 2020, als die Bundesliga und 2. Bundesliga mit einem detaillierten Hygienekonzept früh nach Pandemiebeginn wieder spielen durften. Auf die Nachfrage, dass es von anderen deutschen Verbänden keine Reaktion, sondern nur Klagen über die Privilegien des Fußballs gegeben habe, antwortete Seifert etwas ausweichend: «Ich sage es mal so: Ich hatte nicht den Eindruck, dass uns in Deutschland sehr viele Menschen die Daumen drücken. Viele wollten uns scheitern sehen.» Man habe erfahren: «Keine Maßnahme der DFL oder der Clubs ist so wirkmächtig wie das Foto vom goldenen Steak.»

Neun Spieltage im Sonderspielbetrieb ohne Zuschauer waren damals zu absolvieren. Am Ende überreichte Seifert dem FC Bayern in Wolfsburg die Meisterschale. «Das war gespenstisch, ich habe mich bei meiner kleinen Ansprache selbst gehört, und das Gefühl, dass niemand ‚Scheiß DFL‘ ruft, kannte ich auch noch nicht», schilderte der DFL-Boss. Vom gleichen Abend erzählte Seifert: «Ich habe im Hotel eingecheckt, und in der Minibar stand exakt ein Bier. Ansonsten war sie komplett leer. Da dachte ich: So endet also die Corona-Saison.»

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