Im Hinspiel in Prag mussten Trainer Urs Fischer (M) und seine Mannschaft Lehrgeld zahlen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Robert Michael/dpa-Zentralbild/dpa)

Auf ein Glücksspiel haben Abwehrchef Robin Knoche und Trainer Urs Fischer keine Lust. Schlimm genug, dass die nur noch 5000 Tickets für den internationalen Showdown von Union Berlin in der Conference League wegen der neuen Corona-Regeln in einer Fan-Lotterie vergeben werden mussten.

«Wir müssen dafür sorgen, dass wir eine Party mit 5000 Zuschauern hinkriegen. Wir sind nicht chancenlos. Wir haben in jedem Spiel unsere Chancen», sagte Knoche vor dem letzten Gruppenspiel der Berliner im neuen Europacup am Donnerstag (21.00 Uhr/Nitro) gegen Tschechiens Fußball-Meister Slavia Prag.

Die sportliche Rechnung ist einfach: Nur ein Sieg bringt Union in die Playoffs des dritten und kleinsten Europacups im Februar. Bei einem Remis oder einer Niederlage ist Prag weiter. «Wir wollen mit aller Macht gewinnen», beschrieb Knoche das eiserne Selbstverständnis. «Wir sind hier zu Hause, auch wenn es etwas anderes ist, als in der Festung Alte Försterei zu spielen», sagte der 29-Jährige vor dem Duell im nur als Notunterkunft akzeptierten Olympiastadion. Immerhin 800.000 Euro stehen als UEFA-Prämie für den Sieg und den Einzug in die K.o.-Playoffs auch noch auf dem Spiel.

Lehrgeld im Hinspiel

So scheinbar leicht und selbstverständlich Union in der Bundesliga auch in dieser Saison trotz Dreifachbelastung mit den Größen der Branche Schritt hält, so kompliziert war die erste internationale Kampagne der Köpenicker seit 20 Jahren. Sportliches Lehrgeld gab es im Hinspiel in Prag (1:3). «Wir haben auf Augenhöhe agiert und unglücklich verloren», erinnert sich Knoche. Gleich zweimal zeigte Feyenoord Rotterdam (1:3/1:2) in der Gruppe E, dass es mehr Cleverness bedarf.

Besonders schmerzhaft für das Selbstverständnis der Eisernen waren aber die Ereignisse beim Heimspiel gegen Maccabi Haifa (3:0) Ende September. Die antisemitischen Beleidigungen gegen Gäste-Fans durch einige Union-Anhänger trafen den Club, der sich immer wieder gesellschaftspolitisch positioniert, hart. Die bittere Erkenntnis: Ein St. Pauli des Ostens ist Union mit seiner Fanstruktur nicht.

Auch die zweite Europacup-Party in der Olympia-Betonschüssel lief für die Untermieter aus dem Osten der Hauptstadt nicht unbeschwert. Die Krawall-Angst vor den Hooligans aus Rotterdam war Anfang November der Stimmungskiller. Umso wichtiger, dass gegen Prag nun ausgelassen gefeiert werden kann, wenn auch nur mit einer Stadionauslastung knapp über sechs Prozent.

Gute Erfahrungen mit Endspielsituationen

Trainer Fischer ist ein Typ, der Widrigkeiten gerne ignoriert. Sie lenken nur ab. Der souveräne Sieg gegen das sportlich in dieser Saison überholte RB Leipzig (2:1) am Freitag sollte schon Selbstvertrauen geben, meinte er. «Dann machen wir uns an die schwierige Aufgabe», resümierte der Schweizer in seinem klassisch eidgenössischen Verbal-Singsang, der Souveränität suggeriert.

Mit Endspielsituationen kennen sie sich aus in Köpenick. Und es wurde zuletzt geliefert: 2019 reichten in der Aufstiegsrelegation gegen den VfB Stuttgart (2:2/0:0) zwei Remis. Als gegen Leipzig für die Europacup-Quali ein Sieg her musste, traf Max Kruse gegen Leipzig in letzter Sekunde zum 2:1. Das war ein Glücksspiel für die Eisernen.

Von Arne Richter, dpa

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