Trainer Julian Nagelsmann trifft mit dem FC Bayern München auf den BVB. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Peter Kneffel/dpa)

Endlich wieder ein echtes Gipfeltreffen! Nach Jahren der Alleinherrschaft des FC Bayern München erlebt die Fußball-Bundesliga am Samstag wieder einen Liga-Hit auf Augenhöhe.

Im absoluten Top-Spiel des Serienmeisters beim Erzrivalen Borussia Dortmund (18.30 Uhr/Sky) geht es diesmal nicht nur um Stolz und Prestige, sondern vor allem um die Tabellenführung. Entsprechend gab es im Laufe der Woche auch die ein oder andere Kampfansage aus beiden Lagern. «Die sollen ruhig mal kommen», frohlockte BVB-Boss Hans-Joachim Watzke. Bayern-Trainer Julian Nagelsmann nahm den Ball auf. «Das war schon offenes Visier», sagte er: «Aber wir werden kommen, das kann ich versprechen.»

Mit nur einem Punkt Vorsprung gehen die vom Corona-Wirbel durchgeschüttelten Münchner in das Duell vor nur 15.000 Zuschauern – und ohne ihren Leader Joshua Kimmich und möglicherweise auch ohne dessen kongenialen Partner Leon Goretzka. Der BVB ist somit die große Hoffnung aller neutralen Fans, die ein Ende der schon neun Jahre andauernden Titel-Serie der Münchner erhoffen.

Haaland gegen Lewandowski

Erling Haaland ist nach insgesamt 40 Tagen Verletzungspause nicht fit für 90 Minuten, wohl aber für die Startelf. Und damit bereit für den heiß erwarteten Torjäger-Gipfel mit Robert Lewandowski, der nach dem verpassten Ballon d’Or zwischen Frust und Trotz pendelt.

Das Duell zieht nicht nur BVB- und Bayern-Fans in ihren Bann. «Für die Liga sind das ganz tolle Voraussetzungen. Man kreidet der Bundesliga oft an, dass es vielleicht nicht so spannend ist. Morgen Abend um 18.30 Uhr wird es sehr spannend», sagte Nagelsmann. Und gab zu: «Ich habe gestern Abend gemerkt, dass ich einen Tick angespannter war als vor anderen Spielen.»

Das verspürte auch sein Kollege Marco Rose. «Morgen wird nicht zwingend die deutsche Meisterschaft entschieden», sagte er am Freitag: «Aber es ist ein Spiel mit Signalwirkung.» Die letzten sechs Duelle gewannen allesamt die Bayern. «Wir waren so lange nicht erfolgreich», sagte Rose, der den FC Bayern in seinen beiden Jahren in Mönchengladbach aber in beiden Heimspielen besiegt hatte: «Jetzt haben wir wieder die Chance und wollen sie wahrnehmen. Wir haben es geschafft, bis hierhin dranzubleiben. Jetzt haben wir sie in unserem eigenen Stadion und wollen versuchen, ihnen weh zu tun.»

Unruhe auf beiden Seiten

Am besten wohl durch Haaland. «Wir versuchen, ihn zu stoppen», sagte Nagelsmann. «Die gleiche Aufgabe hat der BVB: den besten Stürmer der Welt zu stoppen.»

Obwohl beide Seiten zuletzt auch Unruhe verspürten – die Dortmunder nach dem peinlichen Champions-League-Aus, die Münchner durch die Dauer-Thematik um ungeimpfte Profis und die Turbulenzen rund um die Katar-Frage bei der Jahreshauptversammlung – gehen beide mit breiter Brust in den absoluten Liga-Hit. «Das ist ein spezielles Spiel», sagte Bayerns Offensivspieler Leroy Sané: «Wir wollen jedem zeigen, dass wir die Nummer eins sind.»

Abseits der sportlichen Kampfansagen blieben Provokationen im Vorfeld aber aus. Auch von den Sportchefs Michael Zorc und Hasan Salihamidzic, die sich nach ihrem öffentlichen Streit vor drei Monaten nicht ausgesprochen haben. «Das Thema ist für mich erledigt», versicherte Zorc aber: «Und zwar längst.»

Trainer geben sich locker

Rose ist dennoch auch um Lockerheit bemüht. Als er auf einen angeblichen Trainings-Streit zwischen seinen Spielern Thomas Meunier und Raphael Guerreiro befragt wurde, beteuerte er zunächst, er habe das «gar nicht mitgekriegt». Dann erklärte er lachend: «Ich hatte den Eindruck, die reden über den Weihnachtsurlaub. Vielleicht waren sie sich nicht einig, wo es hingehen soll. Vielleicht hat der eine dem anderen auch den Flug weggenommen.»

So oder so sei «die Stimmung danach gelöst» gewesen, erzählte Rose: «Beide haben zusammen Abend gegessen, alles in Ordnung.» Auch Nagelsmann gab sich gelöst. Die Chancen auf einen Einsatz des an der Patellasehne verletzten Goretzka bezifferte er mit 60:50, um seinem Optimismus Ausdruck zu verleihen. Laut «Bild» war er beim Abschlusstraining dabei, das Serge Gnabry vorzeitig beenden musste. Auch sein Einsatz wackelt offenbar.

Nur 15.000 Zuschauer

Dass statt der erhofften 67.000 oder zumindest 27 000 letztlich nur 15 000 Fans dabei sein können, findet Rose «bitter. Die Leute sind peu à peu zurückgekommen, und wir haben sieben Heimspiele in Folge gewonnen. In diesem Spiel hätte uns das besonders gut getan.» Auch Nagelsmann erklärte, er würde lieber vor vollem Haus spielen.

Watzke will auch das peinliche Champions-League-Aus zu einem guten Omen umdeuten. «Das ist alles schon mal passiert», sagte er: «Ich kann mich noch sehr gut erinnern, dass wir in der Saison 11/12 im Herbst aus der Champions League ausgeschieden sind. Da hatten wir die gleiche Diskussion und die gleiche Enttäuschung. Wir haben es aber in positive Energie umgesetzt. Das müssen wir jetzt auch tun.» Am Ende holte der BVB unter Trainer Jürgen Klopp den Titel und durch einen furiosen 5:2-Finalsieg gegen die Bayern auch den Pokal.

Von Holger Schmidt und Christian Kunz, dpa

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