Marvin Ducksch (M) und Niclas Füllkrug (l) feiern das Ende eines wilden Spiels und den Sieg über Paderborn. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Friso Gentsch/dpa)

Irre Spektakel, knisternde Spannung, begeisternde Tore – die 2. Fußball-Bundesliga ist in dieser Saison die verrückteste seit vielen Jahren. Und das Bemerkenswerteste: Die halbe Liga spielt um den Aufstieg.

Die Krone setzten dem Ganzen der SC Paderborn und Bremen mit einem atemberaubenden Spektakel auf, aus dem Werder am Samstag mit 4:3 als Sieger hervorging. «Es war ein wildes Spiel», befand Paderborns Coach Trainer Lukas Kwasniok, Werder-Trainer Ole Werner korrigierte: «Es war ein verrücktes Spiel.» Und Werders Toptorschütze Marvin Ducksch meinte: «Ein absolut geiles Spiel.» Auf einem Untergrund, der mehr einer landwirtschaftlichen Nutzfläche bei der Frühjahrsbestellung glich als einem gepflegten Rasen, lieferten sich beide Teams ein ungehemmtes Offensivfeuerwerk, das die handverlesene Gemeinde von 750 Zuschauern in der Benteler-Arena von den Sitzen riss. Die Liveticker im Internet kamen phasenweise nicht hinterher mit dem Aufschreiben der Tore und dem anschließenden Annullieren derselben.

Werder macht ernst mit Aufstiegsbemühungen

Die Partie wäre wohl 6:4 für Werder ausgegangen, hätten der Videoassistent in Köln und der Schiedsrichter nicht so gut aufgepasst und drei vermeintliche Tore nicht gewertet. Der Videomann hatte gar erkannt, dass bei einem von Werder-Torwart Jiri Pavlenka gehaltenen Foulelfmeter ein Bremer mit seiner Fußspitze in dem an den Strafraum grenzenden Halbkreis stand. Verboten! Elfmeter wiederholt. Tor Paderborn. Danach ging die Post ab – und die Tore waren eines schöner als das andere. Darunter ein 40-Meter-Knaller vom Paderborner Felix Platte fast vom Mittelkreis über den Werder-Torwart hinweg.

Was in dem mitunter vogelwilden Spektakel unterging: Werder Bremen macht ernst mit seinen Aufstiegsbemühungen. Seit fünf Spielen ist der ehemalige Holstein-Kiel-Trainer Werner Coach der Hanseaten, seither gewann die Mannschaft nur noch (18:6 Tore) und katapultierte sich von Platz zehn auf Rang drei. Von Markus Anfang, nicht nur aus diesem Grund, spricht in Bremen niemand mehr.

Schalke freut sich über Leihgabe

Auch der FC Schalke 04 jubelt. Nicht nur wegen des 5:0 beim FC Erzgebirge Aue, das das Torkonto der Königsblauen anreicherte und am punktgleichen Hamburger SV vorbei auf Platz vier ziehen ließ. Schalke ist stolz auf sein Händchen. Die Leihe des Norwegers Andreas Vindheim von Sparta Prag entpuppte sich als Glücksgriff: In seinem ersten Spiel bereitete der Verteidiger drei Tore vor und erzielte eines selbst. «Es war ein grandioser Auftakt von ihm», schwärmte Sportdirektor Rouven Schröder.

HSV triumphiert im Stadtderby

Auch der Dritte aus dem Kreis der Großkopferten jubelte: Das 2:1 des HSV im Stadtderby gegen den FC St. Pauli war für die Fans des Rautenteams unglaublich wichtig. Fünf Derbys zuvor (vier Niederlagen) hatte der HSV nicht gewonnen und war vom eigenen Anhang darob schon verspottet worden. Trainer Tim Walter blieb bei allem Derby-Getöse sachlich: «Mehr als drei Punkte gibt es heute auch nicht. Wir haben nur ein Spiel gewonnen.»

Ins Trudeln gerät dagegen der Stadtnachbar und Pokal-Viertelfinalist. Der von der Tabellenspitze geholte FC St. Pauli ist seit vier Spielen sieglos. Vermutung: Im Aufstiegsrennen beginnt das Nervenflattern. «Um unser Selbstvertrauen braucht man sich keine Sorgen zu machen», konterte Trainer Timo Schultz. Sein Team muss aber auswärts endlich seine Spitzenrolle nachweisen: nur drei Siege in elf Spielen.

Neuer Tabellenführer Darmstadt 98

Diebische Freude herrscht in Hessen. Der SV Darmstadt 98 hat bislang alle Erwartungen übertroffen und distanziert selbst die Platzhirsche der 2. Liga. Der neue Spitzenreiter (39 Punkte) holte mit dem 2:0 beim FC Ingolstadt den fünften Auswärtssieg in Serie. Trainer Thorsten Lieberknecht denkt nicht im Entferntesten über den möglichen Aufstieg nach. Spitze und nun? «Wir sind sehr happy und genießen mit aller Bodenständigkeit diese Situation», sagte er. Seine Profis sprechen von einer «schönen Momentaufnahme» und wollen sich in der Spielpause am Wochenende vielleicht mal trauen, einen Blick auf die Tabelle zu werfen. Vielleicht ist Bescheidenheit der beste Weg.

300. Zweitligaspiel von Jahn Regensburg

Dagegen verliert Jahn Regensburg in seinem 300. Zweitligaspiel die Aufstiegsplätze nach zuletzt fünf Spielen mit nur einem Sieg zunehmend aus dem Blick. Das 1:2 (1:1) daheim gegen Holstein Kiel verursachte einen Absturz auf Rang acht. Keine Tore gab es im zweiten Sonntagsspiel zwischen Hannover 96 und Dynamo Dresden.

Von Franko Koitzsch, dpa

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