Kölns Trainer Steffen Baumgart wirbelte wieder an der Seitenlinie. (Urheber/Quelle/Verbreiter: David Inderlied/dpa)

Irrwisch Steffen Baumgart verspürte wenig Lust, sich bremsen zu lassen. In unnachahmlicher Manier pflegte er beim glücklichen 2:2 (2:1) seines Teams in Bochum den Ruf als neue Kölner Kultfigur.

Als ihn ein VfL-Fan im coronabedingt eher stillen und nur spärlich besetzten Stadion mit wiederholten «Halt die Fresse»-Rufen an lautstarken Kommandos für sein Team hindern wollte, brüllte er ein «Ganz sicher nicht» zurück. Das brachte ihm Applaus der restlichen amüsierten Bochumer Anhänger ein, was der Coach mit erhobenem Daumen quittierte.

Mit reichlich Metern an der Seitenlinie und unzähligen Anweisungen blieb Baumgart seiner Linie treu. Schließlich drohte seinem Team nach dem deutlichen 0:4 gegen den FC Bayern und dem unglücklichen Elfmeter-Krimi im Pokal gegen den Hamburger SV binnen einer Woche die nächste Schlappe. Doch das erste Bundesligator von Timo Hübers (36.) und der 13. Saisontreffer von Anthony Modeste (45.) bescherten dem FC nach einem Fehlstart in die Partie und einem frühen Rückstand immerhin noch einen Punktgewinn. Damit konnte Baumgart bei allen spielerischen Mängeln seines Teams gut leben: «Ich gehe heute vielleicht ein bisschen mehr zufrieden nach Hause mit dem Punkt.»

Starke Leistung von FC-Keeper Schwäbe

Besondere Genugtuung dürfte dem Coach die gute Leistung von Marvin Schwäbe bereitet haben. Nur wenige Tage, nachdem er den im Sommer von Bröndby Kopenhagen verpflichteten Keeper auf Kosten der einstigen Stammkraft Timo Horn endgültig zur Nummer eins erklärt hatte, bedankte sich Schwäbe mit fünf Paraden. Damit trug er in tragender Rolle dazu bei, dass sein Team auch im fünften Auswärtsspiel nacheinander ohne Niederlage blieb.

«Es freut mich sehr, dass die Entscheidung zu meiner Seite gefallen ist. Ich versuche in den nächsten Wochen, die Leistung und die Entscheidung zu untermauern und will der Mannschaft weiterhin helfen», kommentierte der Schlussmann. Das Verhältnis zu seinem degradierten Konkurrenten Horn bezeichnete er bei Sky als weiterhin gut: «Wir können gut damit umgehen, da haben wir keine Probleme.»

Obwohl der Aufwärtstrend der Kölner in der vergangenen Woche mit drei Spielen ohne Sieg gebremst wurde, traten alle Beteiligten die kurze Heimreise mit einem positiven Gefühl an. «Den Punkt nehmen wir gerne mit, 29 Punkte nach 20 Spielen sind top» befand Torschütze Hübers. Bei nur zwei Zählern Abstand zu einem Europacup-Platz wähnen sich die Kölner, die noch im vergangenen Sommer erst in der Relegation gegen Kiel den Abstieg abwenden konnten, bestens im Rennen.

Auch VfL-Coach Reis zufrieden

Ähnlich zufrieden wie Baumgart, mit dem er 2015 zusammen die Fußballlehrer-Lizenz erworben hatte, wirkte VfL-Coach Thomas Reis. Schon während des Spiels plauderten die beiden Kumpel locker am Spielfeldrand und schlossen sich nach dem Schlusspfiff lange in die Arme. Reis verwies auf den positiven Trend seines Teams, das noch im Hinspiel gegen Köln (1:2) zu Saisonbeginn nahezu chancenlos gewesen, diesmal aber nach Treffern von Gerrit Holtmann (25.) und Takuma Asano (70.) einem Sieg nahe war: «Heute war es eine ausgeglichene Partie, da sieht man bei den Jungs eine Entwicklung.»

Stärker als in Köln geht der Blick beim Aufsteiger aus Bochum nach unten. Noch ist der Relegationsplatz 16 fünf Zähler entfernt. «Wir haben ein bisschen Zeit gebraucht, um in der Liga anzukommen. Aber dann haben wir unsere Stärke umgesetzt», sagte Anthony Losilla. Wie der VfL-Kapitän hofft auch Coach Reis auf ein Happy End: «Ich freue mich auf jedes Bundesligaspiel. Darauf haben wir elf Jahre lang gewartet. Und wenn du das erreicht hast, möchtest du natürlich, dass das auch länger hält.»

Von Heinz Büse, dpa

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