Jule Brand, Spielerin in Hoffenheims Frauenfußballmannschaft und des DFB-Teams, steht 2022 im Fokus. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Uwe Anspach/dpa)

Wäre Jule Brand so ein Talent bei den Männern – im Fußball-Zirkus würden einige durchdrehen.

Nationalelf-Debüt mit 18, erstes Tor nach nur zwei Minuten Spielzeit. Vier Treffer und sechs Assists in zehn Länderspielen. Fegt in der Champions League beim 4:1 gegen den FC Arsenal nur so durch die gegnerischen Abwehrreihen. Und lässt Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg zu Sätzen hinreißen wie: «Jule weiß manchmal noch gar nicht, was sie alles kann. Die hat noch so viel in petto.»

Nun steht die 19 Jahre alte Flügelstürmerin von der TSG 1899 Hoffenheim beim EM-Vorbereitungsturnier Arnold Clark Cup in England im Fokus. Am Donnerstag (15.30 MEZ/ARD-Livestream) geht’s für die deutschen Frauen in Middlesbrough gegen Spanien mit Weltfußballerin Alexia Putellas vom FC Barcelona los – die hat Jule Brand schon in der Königsklasse kennengelernt, als Hoffenheim nach den Gruppenspielen ausschied.

Als Jule Brand am Ende ihrer Grundschulzeit gefragt wurde, was sie mal werden wolle, antwortete sie keck: «Fußball-Nationalspielerin.» 2021 rief erstmals die Bundestrainerin an. Jule Brand ging nicht gleich ran – weil sie gerade die Zahnbürste im Mund hatte und weil ihr Puls nach oben ging: «Ich habe richtig gezittert.»

Turnierauftakt gegen Olympiasiegerinnen aus Kanada

Heute bewegt sich die 1,77 große Angreiferin lässig durchs Trainingszentrum im nordbadischen St. Leon-Rot. Auch Foto-Shootings sind nix Neues mehr für das Toptalent. Abiturientin Jule Brand ist jetzt Profi: «Im Moment habe ich nur Fußball.» Ihr Trainingspensum gleicht dem der Männer in der Bundesliga. Trotzdem wird sie im nächsten Wintersemester wahrscheinlich ein Studium anfangen.

Bis dahin sind Jule Brand und ihre DFB-Mitspielerinnen mächtig gefordert: Beim Arnold Clark Cup geht es am Sonntag gegen Olympiasieger Kanada weiter, am 23. Februar gegen England. Die Spiele gelten als wichtiger Fingerzeig für die EM im Juli – seit dem WM-Viertelfinal-Aus 2019 hatte das Nationalteam kein Turnier mehr.

«Im letzten Jahr ist schon sehr viel passiert. Da habe ich mir viele Träume erfüllt: das Debüt in der Nationalmannschaft, Champions League zu spielen», sagt Jule Brand. «Aber ich will weiter meine Träume leben: Champions-League-Spiele sammeln, in der Nationalmannschaft ein fester Bestandteil zu werden und mehr Länderspiele zu schaffen. Mich einfach weiterentwickeln, die nächsten Schritte gehen.» Und klar will sie bei der EM dabei sein: «Wenn wir dort sind, haben wir auch das Ziel, Europameister zu werden.»

Spätestens dann werden noch mehr Augen auf die Angreiferin mit dem starken linken Fuß gerichtet sein. «Ich hoffe, dass Jule sich ihre Unbekümmertheit bewahren kann. Sie ist sehr wissbegierig und nie zufrieden, hat eine Bolzplatzmentalität», sagt Voss-Tecklenburg. Jule Brand gilt als Instinktfußballerin, hat Speed aus dem Stand, geht ungewöhnlich oft die richtigen Laufwege. Taktiktraining sei nicht so ihr Ding, erklärt sie unverblümt. «Klar, das ist auch sehr wichtig. Aber einfach zocken – das ist geil im Fußball.»

Brand möchte im Ausland spielen

Hoffenheim hat schon so einige Nationalspielerinnen hervorgebracht. Sportchef Ralf Zwanziger und Trainer Gabor Gallai wollen «irgendwann mal» um den Bundesliga-Titel spielen. Jule Brand ist das Juwel in der Mannschaft. Ihr Vertrag bei der TSG läuft noch bis zum 30. Juni 2023. «Was wichtig ist: Sie ist noch blutjung, sie muss sich in ihrer Persönlichkeit noch entwickeln», sagt Gallai. «Man muss sie auch behutsam heranführen an dieses Geschäft Fußball, was ja auch sehr stressig sein kann, weil immer gefordert wird.»

Jule Brand möchte «schon mal im Ausland spielen. Wann genau das sein wird, wird sich zeigen mit der Zeit. Aber klar, das interessiert mich schon sehr.» Ob es schon ein Angebot gibt, aus England oder Spanien? «Das eine oder andere eventuell», sagt sie und lächelt.

Ein anderes Projekt steht 2022/2023 auf jeden Fall an: Noch wohnt Jule Brand bei ihren Eltern in Dudenhofen bei Speyer. Dort begann sie auch mit ihrem Bruder Felix, heute Drittliga-Profi beim FSV Zwickau, mit dem Kicken. «Ich will auf jeden Fall nach der Saison eine eigene Wohnung», sagt sie.

Von Ulrike John, dpa

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