Mit dem Geist von Marbella wollte der abstiegsbedrohte VfB Stuttgart die Talfahrt in der Fußball-Bundesliga stoppen. Trainer Pellegrino Matarazzo hatte so sehr gehofft, dass das sechstägige Trainingslager in Spanien helfen würde.
Nur ein Spiel später ist klar, durch das 2:3 (1:1) gegen Eintracht Frankfurt sind die Ängste der Fans größer geworden und der Rückstand auf die Nichtabstiegsplätze ist angewachsen. «Die Pfiffe sind zu 1000 Prozent zu verstehen», sagte Matarazzo am Samstag zur Reaktion der Anhänger.
Mislintat stärkt Matarazzo den Rücken
Obwohl der VfB erstmals seit dem Wiederaufstieg im Sommer 2020 sechs Spiele nacheinander auf einen Dreier wartet und nur einen der 18 möglichen Punkte holen konnte, steht der 44-Jährige nicht zur Diskussion. Sportdirektor Sven Mislintat machte einen Tag nach der Niederlage unmissverständlich klar, dass er trotz der prekären Lage zum Coach steht: «Jetzt zeigt sich, ob wir uns nur eine Kontinuität wünschen oder ob wir sie auch leben. Der Trainer ist mit der wichtigste Teil in diesem Club. Er hat uns unseren Weg ermöglicht und wir werden nicht darüber sprechen, ihm das Vertrauen zu entziehen.» Das soll sich auch dann nicht ändern, wenn am Ende der Abstieg nicht zu vermeiden ist, so Mislintat weiter.
Die Zuversicht, die Matarazzo und er vor dem Anpfiff noch ausgestrahlt hatten, war am Samstag rasch verflogen. Auch die verbesserte Körpersprache und das Feuer in den Augen der Spieler wich nach einer Ecken-Serie der Eintracht, die im frühen 1:0 durch Evan Ndicka gipfelte, schnell der Verunsicherung. «Wir müssen herausfinden, woran das lag.» Matarazzo scheint zunehmend ratlos.
Hilfreich war es auch nicht, dass der Unmut der Fans im Verlauf des Spiels zunahm. Erst als sich die Mannschaft mit hängenden Köpfen, aber mannschaftlich geschlossen stellte, ebbten die Pfiffe ab. Dabei war den VfB-Profis der Wille wahrlich nicht abzusprechen. Zwei Mal kämpften sie sich nach Rückschlägen zurück und beendeten nach zuvor fünf Spielen ohne Tor immerhin ihre Flaute. Zum ersehnten Befreiungsschlag reichte es dennoch nicht. «Trotzdem duckt sich keiner weg», betonte Mislintat.
VfB muss schnell punkten
Und Mutmacher gibt es. Silas Katompa Mvumpa stand zum ersten Mal seit dem 20. März 2021 wieder in der Startformation. Nach auskuriertem Kreuzbandriss und überstandener Corona-Infektion tastet sich der Kongolese wieder heran. «Er wird nur in Form kommen, wenn er spielt. Nur dann kann er mehr Sprints machen und Eins-gegen-Eins-Duelle gewinnen», sagte Matarazzo, der auch den erst kürzlich von Sporting Lissabon ausgeliehenen Tiago Tomás einwechselte. Der Portugiese ist ein weiterer Hoffnungsträger, der mit seinen 19 Jahren aber wohl noch etwas Zeit benötigt.
Und genau das ist das Problem. Im Abstiegskampf bleibt keine Zeit. Um die Trendwende einzuleiten, zählen nur Punkte. Aber auch die kommenden Aufgaben haben es in sich. Zunächst ist der VfB beim Europapokal-Anwärter Bayer Leverkusen gefordert, danach geht es daheim gegen den VfL Bochum weiter.
In der Winterpause 2019/20 war der Geist von Marbella noch der Wegbereiter zum späteren Aufstieg. In der Gegenwart müssen andere Wege gefunden werden, um den vierten Abstieg der Vereinsgeschichte doch noch abzuwenden.