Robert Lewandowski (l) trifft zum 1:1-Ausgleich bei der TSG 1899 Hoffenheim. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Uwe Anspach/dpa)

Selbst angesichts seiner Chancenwucherer beim FC Bayern München bekommt Trainer Julian Nagelsmann keine grauen Haare.

«Das Problem ist, graue Haaren wachsen mir nicht, sondern sie fallen aus. Ich finde graue Haare nicht so schlecht, aber ich krieg‘ keine», erklärte der 34-Jährige nach dem 1:1 (1:1) der Münchner in einem packenden Spitzenspiel der Fußball-Bundesliga beim Champions-League-Aspiranten TSG 1899 Hoffenheim. Dabei zeigte sich der Tabellenführer in bester Spiellaune – vergaß aber das Toreschießen.

Vier Tage nach dem 7:1 gegen RB Salzburg in der Königsklasse und eine Woche nach dem 1:1 gegen Bayer Leverkusen schlampte die Mannschaft von Nagelsmann an dessen früherer Arbeitsstelle bei ihren zahlreichen Möglichkeiten.

Torwart und Kapitän Manuel Neuer fand es «enttäuschend», dass kein Sieg heraussprang. Er räumte aber im Sky-Interview auch ein: «Normalerweise rächt sich so ein Spiel noch, wenn du die Chancen liegen lässt.» Vor 25.600 Zuschauern im ausverkauften Stadion von Sinsheim brachte Christoph Baumgartner die Kraichgauer sogar in Führung (32. Minute). Robert Lewandowski glich mit seinem 29. Saisontor aus (45.+3).

Lucky Punch für Hoffenheim möglich gewesen

In der Tabelle führt der deutsche Meister nun mit zehn Punkten vor Borussia Dortmund, das aber am Sonntag gegen Arminia Bielefeld antritt und noch das Nachholspiel in Mainz hat. Für die TSG endete die Serie von vier Siegen mit einem respektablen Remis gegen den Titelverteidiger. «Wir waren am Ende dem Sieg sogar einen Tick näher, was aber ein absoluter Lucky Punch gewesen wäre. Die Bayern hatten schon die klareren Chancen», sagte Chefcoach Sebastian Hoeneß.

Gar mit einem 4:1 gegen die Bayern hatte Hoeneß im September 2020 sein Heimdebüt als Hoffenheim-Trainer gegeben. Und auch dieses Mal war es ein ganz besonderer Tag für den gebürtigen Münchner, Neffen von Uli Hoeneß und früheren Drittliga-Meistertrainer des FC Bayern II.

Viel Offensivpower

Die Hoffenheimer bewiesen jedenfalls von Anfang an, dass sie unter Sebastian Hoeneß zu einem Spitzenteam gereift sind. Beide Teams gingen mit viel Offensivpower in die Partie: Bei den Bayern bestritt der 19-jährige Jamal Musiala als jüngster Spieler der Bayern-Historie sein 50. Bundesliga-Spiel. Nagelsmann ließ auch Robert Lewandowski, Thomas Müller, Serge Gnabry, Leroy Sané und Kingsley Coman stürmen.

Die erste dicke Chance gehörte aber den ebenfalls angriffsfreudigen Hoffenheimern vergab Andrej Kramaric. Der Rekordtorjäger der TSG und kroatische WM-Zweite von 2018 löste schon vor dem Anpfiff großen Jubel bei den TSG-Fans aus: Er verlängerte seinen im Sommer auslaufenden Vertrag bei den Kraichgauern bis 2025.

Nach dem forschen Beginn der Hausherren kamen die Bayern mit Macht. Vor allem Gnabry sorgte immer wieder für gefährliche Hereingaben oder Abschlüsse von rechts. Einmal musste TSG-Keeper Baumann retten, einmal bugsierte Kevin Vogt den Ball an den eigenen Außenpfosten. Mit seiner zehnten Torvorlage in dieser Saison leitete dann auf der Gegenseite Nationalspieler David Raum die Führung des Hoeneß-Teams vor: Baumgartner schob am verdutzten Neuer vorbei zum 1:0 ein.

Chancenwucher der Bayern

Immer gewaltiger geriet der Druck der Bayern im Laufe der ersten Halbzeit, aber der Spitzenreiter wucherte mit seinen Chancen oder stand im entscheidenden Moment im Abseits. Dann jedoch war Lewandowski per Kopf zur Stelle. Mit seinem 17. Auswärtstor in dieser Spielzeit stellte er den Liga-Rekord von Timo Werner 2019/20 und Jupp Heynckes 1973/74 ein.

Stets steil nach vorne ging es auch nach der Pause – auf beiden Seiten. Gerade als die Bayern etwas nachließen, lud Raum mit einem Fehlpass Gnabry zum 2:1 ein – der Pfosten rettete für Hoffenheim (68.). Aber auch Kramaric hatte zweimal gegen Neuer die Chance zum Führungstreffer. Das mögliche Torfestival blieb einfach aus.

Von Ulrike John, dpa

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