Trainer Stefan Kuntz konnte sich mit der Türkei nicht für die WM in Katar qualifizieren. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Uncredited/AP/dpa)

Stefan Kuntz wird geahnt haben, was jetzt über ihn in der Zeitung steht. Der 59-Jährige hat erst fünf Spiele als Fußball-Nationaltrainer der Türkei absolviert, das 1:3 gegen Portugal war seine erste Niederlage.

Trotzdem dominierte in den türkischen Blättern nach dem verpassten WM-Ticket die Kritik: Wie konnte Kuntz nur dieses tun, und warum hat er jenes gelassen?

Und überhaupt, fragte die Sportzeitung «Fanatik», weshalb hat er Stürmer Burak Yilmaz in der 85. Minute den Elfmeter schießen lassen, wo es doch bessere Schützen gegeben hätte? «Ich hätte erwartet, dass Kuntz unter solchen Umständen seine deutschen Fähigkeiten unter Beweis stellt und Feinheiten im Voraus abwägt», meinte der Kommentator. Ein anderer schrieb, die «Mannschaft ist kaputt».

Kuntz selbst verkörperte nach dem Ende des WM-Traums eine Mischung aus Enttäuschung und Gelassenheit. Während Kapitän Yilmaz kurz nach dem Abpfiff in Porto seinen Rücktritt aus dem Nationalteam erklärte, sieht sich Kuntz noch lange nicht am Ende. Anstatt am Dienstag gegen Nordmazedonien um einen der letzten Plätze bei der WM in Katar zu spielen, bleibt den Türken zwar nur ein Freundschaftsspiel gegen die ebenfalls ausgeschiedenen Italiener. Aber auch dieses will er nutzen.

Kuntz: «Niemand muss sich für das Spiel schämen»

«Wir müssen geduldig sein mit unseren Spielern», sagte er im Estádio do Dragão. Eine Geduld, die er selbst vorlebte. Hätte Yilmaz den Elfmeter zum 2:2 versenkt, wäre das WM-Ticket zwar in greifbare Nähe gerückt. Doch anstatt sich darüber zu beklagen, sprach Kuntz vom Stolz auf sein Team. Niemand müsse sich für dieses Spiel schämen, sagte der Europameister von 1996. «Als Trainer war ich sehr zufrieden damit, wie wir gespielt haben.»

Dass jedoch noch viel Arbeit auf ihn wartet, hat er ebenfalls registriert. Zu offensichtlich waren taktische und technische Defizite seiner Spieler im Vergleich zu den teils hochveranlagten Portugiesen. Zudem wirkte sein Team in den ersten Minuten nach der Pause erschreckend passiv. Bis Yilmaz zuschlug. Nach den Treffern von Otávio (15. Minute) und Diogo Jota (42.) verkürzte der 36-Jährige wie aus dem Nichts zum 1:2 (65.).

Als die Türken dann auch noch einen Foulelfmeter bekamen, hielt das Drachenstadion den Atem an. Wieder nahm Yilmaz Maß. Und schoss übers Tor. Kuntz resignierte. Matheus Nunes (90.+4) machte unmittelbar vor dem Abpfiff schließlich alles klar. Aber der deutsche Trainer haderte nicht lange. Er lief klatschend über den Rasen in Richtung der wenigen türkischen Fans, um sich zu bedanken. «Wir sind erst am Beginn unseres Weges», sagte Kuntz.

Von Nils Bastek, dpa

Von