Serbiens Allegra Poljak (2.v.r) brachte Serbien gegen die DFB-Frauen auf die Siegerstraße. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Darko Vojinovic/AP/dpa)

Knapp drei Monate vor der Europameisterschaft in England ist das Fragzeichen plötzlich wieder riesig: Wo steht der deutsche Frauenfußball im internationalen Vergleich?

Die überraschende erste Niederlage in der WM-Qualifikation beim 2:3 in Serbien hat die DFB-Auswahl erst einmal zurückgeworfen.

Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg erstellte ihren Spielerinnen in Stara Pazova eine lange Mängelliste, nicht nur für die schwache Anfangsphase: «Das hat sich erschütternderweise über 90 Minuten fortgesetzt.» Kapitänin Alexandra Popp versuchte es mit einem Perspektivwechsel. «Besser jetzt als bei der EM oder sonst wo», sagte die Wolfsburgerin trotzig. «Wer weiß, wofür es am Ende gut ist.»

«Was nehmen wir mit?»

Ihr Entsetzen über den Auftritt konnte Voss-Tecklenburg nur schwer verbergen. «Du gehst natürlich nicht gerne mit einer Niederlage in eine sechswöchige Pause», sagte die 54-Jährige. Noch in der Kabine habe sie den Spielerinnen gesagt: «Das ist unser Ding, das müssen wir ertragen, uns hinstellen und fragen: So, was können wir daraus lernen? Was nehmen wir mit?»

Die EM vom 6. bis 31. Juli ist für den Rekord-Europameister und zweifachen Weltmeister das erste große Turnier seit dem WM-Viertelfinal-Aus 2019 gegen Schweden und der damit verpassten Olympia-Qualifikation. Beim Arnold Clark Cup im Februar blieben die Deutschen gegen Spanien, Kanada und Gastgeber England sieglos. Wegen einem Dutzend Ausfälle taugte dies aber nur bedingt als Härtetest.

Das Ticket für die WM 2023 in Australien und Neuseeland dürfte angesichts des Restprogramms mit Spielen in der Türkei und in Bulgarien im September kein Problem werden. Der enttäuschende Eindruck gegen die robusten, leidenschaftlichen und geradlinig angreifenden Serbinnen um die zweifache Torschützin Jovana Damnjanovic vom FC Bayern München bleibt aber erstmal haften. In ihrer starken EM-Vorrundengruppe muss sich die DFB-Elf gegen Dänemark, Spanien und Finnland auf ähnliche Gegenwehr gefasst machen.

Zu viel Rückwärtsspiel

«In der Summe waren es einfach viel zu viele Sachen», sagte Voss-Tecklenburg bei ihren Kritikpunkten. Sie bemängelte unter anderem «insgesamt zu viel Rückwärtsspiel», eine «sehr, sehr hohe Fehlerquote» vor allem bei den Gegentoren, den Spielaufbau, die Zweikampfquote, die schlechten Umschaltmomente. «In erster Linie muss es über Mentalität gehen, über Zweikampfstärke und Widerstandshärte», sagte sie weiter. «Die Leistung war heute in ganz, ganz vielen Bereichen nicht gut.» Da halfen auch die Tore der Münchnerin Lea Schüller (60.) und der Wolfsburgerin Tabea Waßmuth (90.+2) wenig.

«Da müssen wir uns an die eigene Nase fassen. Es war im Grundsatz einfach zu wenig, sowohl defensiv als auch offensiv», räumte Popp ein. Die 31 Jahre alte Stürmerin stand erstmals seit ihrer langen Verletzungspause in der Startelf, kam aber im Mittelfeld nicht gut zurecht. «Mir haben heute auch emotionale Leader auf dem Platz gefehlt», sagte die Bundestrainerin.

Aus einem Kreis von etwa 35 EM-Kandidatinnen wird Voss-Tecklenburg am 16. Mai nun 28 für den erweiterten Kader für England nominieren. Nach einem Testspiel am 24. Juni soll dieser auf 23 Spielerinnen reduziert werden. Jetzt gelte erstmal: «Schütteln, arbeiten, nicht verzweifeln, aber trotzdem die Dinge sauber ansprechen.»

Von Ulrike John, dpa

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