Wolfsburgs Trainer Tommy Stroot gibt seinen Spielerinnen die Richtung vor. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Swen Pförtner/dpa)

Der einzige Fußball-Trainer in Deutschland, der in dieser Saison noch das Triple aus Meisterschaft, Pokal- und Champions-League-Sieg schaffen kann, hat noch nicht mal einen eigenen Wikipedia-Eintrag.

Den so beliebten Begriff für den Dreifach-Triumph nimmt Tommy Stroot bisher öffentlich nicht in den Mund. Für die Frauen des VfL Wolfsburg ist im Saisonendspurt aber alles möglich mit ihrem so jugendlich wirkenden Trainer. Jetzt spielt das Team um Torhüterin Almuth Schult und Kapitänin Alexandra Popp erst mal vor mehr als 90.000 Zuschauern im Camp Nou gegen den FC Barcelona.

Wolfsburg mit der Chance aufs Triple

«Wir sind gerade in einer Phase, in der wir uns komplett im Flow befinden und eine maximale Überzeugung ausstrahlen», sagte Stroot nach dem Halbfinal-Erfolg im DFB-Pokal am vergangenen Sonntag beim FC Bayern. Am 28. Mai in Köln kann Wolfsburg nun zum achten Mal in Serie den Cup holen. In der Bundesliga liegt der VfL mit vier Punkten Vorsprung auf die Münchnerinnen ohnehin auf Titelkurs. Erstmal überstrahlt nun der Halbfinal-Kracher in der Königsklasse beim Titelverteidiger FC Barcelona am Freitag (18.45 Uhr/DAZN) alles.

Auch Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg lobte kürzlich die «Mentalitätsspielerinnen» von Stroot. Dabei startete der 33-Jährige im vergangenen Sommer unter schwierigen Bedingungen in Wolfsburg: Die Mannschaft steckte im Umbruch, wichtige Spielerinnen wie Popp, Schult, Ewa Pajor und Pia-Sophie Wolter fehlten teilweise lange verletzt. Der neue Trainer kam vom niederländischen Meister Twente Enschede, betreute zuvor die Fußballerinnen des SV Meppen. «Es ist wundervoll zu sehen, was daraus entstanden ist», sagte Schult zur Entwicklung unter dem neuen Coach.

Wegen seines Alters wird Stroot gerne mit Bayern-Männer-Trainer Julian Nagelsmann (34) verglichen. Doch der gebürtige Nordhorner meinte in einem Interview des «Elfen»-Magazins auf die Frage, ob ihn das ehre: «Nein, das ist ein bisschen Schubladen-Denken. Ich verfolge auch seinen Weg und finde das spannend, aber es ist nichts, was ich unterstreichen würde.»

Als eine Art Fußballlehrer begann Stroot, der nie Profi war, im Schüleralter von 14. «Das Team meines jüngeren Bruders bei der SV Grenzland Twist hatte keinen Trainer gefunden – und dann haben ein Freund und ich gesagt, dass wir das machen», erzählte der heute verheiratete Vater von zwei Kindern im Sportbuzzer-Interview. «Wir sind ziemlich naiv an die Sache rangegangen, und als nach dem ersten Spiel die Schiedsrichter-Rechnung kam, waren wir ganz überrascht – wir wussten damals gar nicht, dass es so etwas überhaupt gibt und standen nur mit Taschengeld auf dem Sportplatz.»

Stroot findet im Frauenfußball seine Berufung

Seinen Eltern habe er damals schon gesagt: «Ich will mal mit dem Jogginganzug zur Arbeit!» Erst einmal schloss Stroot eine Ausbildung zum Physiotherapeuten ab und arbeitete mit Schwerstbehinderten. Im Frauenfußball fand er dann seine Berufung. Bei seiner Station in den Niederlanden tat er genau das, was sein Credo ist: immer dazulernen.

Seine Stärke zieht Stroot auch aus seinem Trainerteam. Dazu gehören unter anderen zwei Absolventinnen des DFB-Fußballlehrer-Lehrgangs: Ex-Europameisterin Kim Kulig («Als ehemalige Topspielerin bringt sie eine andere und wichtige Sichtweise rein») und Sabrina Eckhoff («Eine absolute Arbeiterin und Planerin»). In Ralf Kellermann, einst lange selbst Coach bei den VfL-Frauen, hat er zudem einen erfahrenen und erfolgreichen Sportdirektor an seiner Seite.

Vor allem Knackpunktspiele wie das 4:0 in der entscheidenden Gruppenpartie gegen den FC Chelsea und eine intensive Vorbereitung zum Jahresbeginn brachten den VfL entscheidend nach vorn. «Wir haben gute Arbeit geleistet und die schwierigste Zeit bereits hinter uns. Wir werden für die Zukunft nur gefährlicher», sagte Stroot.

Auch die Perspektive über die Sommerpause hinaus ist vielversprechend: In DFB-Stammkeeperin Merle Frohms von Eintracht Frankfurt und Toptalent Jule Brand (TSG 1899 Hoffenheim) hat Wolfsburg bereits zwei Top-Zugänge vermeldet.

Von Ulrike John, dpa

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