Nicht geschnitten, was Martina Voss-Tecklenburg am Spielfeldrand brüllt - zum Beispiel: «Wir scheißen uns in die Hose» - ist klar zu hören. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Hendrik Schmidt/dpa)

Lina Magull sitzt nach der emotionalen Ansprache des Co-Trainers der deutschen Fußballerinnen weinend in einer Ecke. «Wenn der so eine Rede raushaut, dann macht das schon was mit einem», sagt die Mittelfeldspielerin vom FC Bayern München.

Die Szene stammt aus der am 30. Juni in einem Kino in Frankfurt/Main vorab gezeigten TV-Dokumentation über die DFB-Frauen. Kurz vor der EM in England (6. bis 31. Juli) gibt «Born for this – mehr als Fußball» tiefe Einblicke in die Kabine und auch in das Privatleben der Spielerinnen.

«Wir haben ein Riesenpotenzial, mit diesem Riesenherz. Aber ich habe es gestern nicht gesehen», sagt Thomas Nörenberg, der Assistent von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg, in eindringlichem Ton in dem besagten Ausschnitt mit Magull. «Und wenn wir das nicht hinkriegen, dann haben wir ein Problem. Kriegen wir das hin, dann hat jede Mannschaft mit uns ein Problem.»

Ein Jahr Drehzeit – viel Privates

Gedreht wurde die TV-Serie über mehr als ein Jahr vom Deutschen Fußball-Bund mit der Filmproduktionsgesellschaft Warner Bros. Das Regie-Duo Martina Hänsel und Björn Tanneberger kündigte das Werk mit diesen Worten an: «Wir machen das Licht an.» Die Geschichten «sollen uns tief in ihre Seele blicken lassen, auch der Schmerz gehört dazu.»

Im Gegensatz zum bekannten «Deutschland. Ein Sommermärchen», das nach der WM 2006 über die Männer-Nationalmannschaft erschien, sind auch ganz persönliche Aussagen und Szenen nicht rausgeschnitten worden. So ist Torhüterin Almuth Schult erstmals mit ihren Zwillingen zu sehen und Voss-Tecklenburg zu Hause am Schreibtisch. Und was sie am Spielfeldrand brüllt – zum Beispiel: «Wir scheißen uns in die Hose» – ist deutlich zu hören.

Zu sehen ist die erste Folge vom 6. Juli an in den Mediatheken bei ARD, Sky und Magenta TV. Die ARD strahlt sie im Anschluss an das EM-Vorrundenspiel gegen Spanien am 12. Juli (23.15 Uhr im Fernsehen aus. Während des Turniers sollen die Dreharbeiten fortgesetzt werden.

Carlson beklagt Funktionärs-Verhalten

In dem Film beklagt Voss-Tecklenburgs Assistentin Britta Carlson das frühere Verhalten von Funktionären gegenüber Frauen. «Es gab Funktionäre, die dich mal in den Arm genommen und betatscht haben – was ein No go ist», sagte die 44 Jahre alte Ex-Nationalspielerin.

Die Dokumentation thematisiert auch den Skandal um sexuellen Missbrauch im US-Fußball. Mittelfeldspielerin Dzsenifer Marozsan berichtete dabei über die Reaktionen bei ihrem damaligen US-Clubs OL Reign: «Wir haben alle in der Kabine geweint», sagte die derzeit verletzte Spielmacherin von Olympique Lyon. Der Fall hatte im vergangenen Herbst für viel Wirbel gesorgt.

Mit der Unterbrechung des Spielbetriebs in der National Women’s Soccer League (NWSL) habe man ein Zeichen für alle Fußballerinnen setzen wollen, so Marozsan: «Wir sorgen dafür, dass ihr euch wohl fühlt und sicher seid.» Die Filmemacher begleiteten die DFB-Auswahl auch bei der Europameisterschaft vom 6. bis 31. Juli in England.

Die Spielerinnen haben die ersten beiden von bisher drei Folgen bereits gesehen. Stürmerin Laura Freigang von Eintracht Frankfurt war «überwältigt» und versicherte: «Das sind auf jeden Fall wir.» Magull hätte schon beim Zuschauen «dreimal weinen können».

Von Ulrike John, dpa

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