Zum ersten Mal in der Startelf und gleich mit einem Treffer: Matthijs de Ligt. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Bernd Thissen/dpa)

Auf die jüngste Machtdemonstration des FC Bayern reagierte Simon Zoller mit ehrfürchtigem Staunen.

Die Überlegenheit der Münchner bei der 0:7 (0:4)-Lehrstunde für sein Team schlug dem Angreifer des VfL Bochum mächtig aufs Gemüt. «Uns wurden nach allen Regeln der Kunst die Grenzen aufgezeigt, wir wurden komplett auseinandergeschraubt. So zerstört wurde ich noch nie», bekannte der 31-Jährige. Das Wehklagen des Routiniers passt zum Stimmungsbild in der Bundesliga. Angesichts des Startrekords der Bayern scheint die Konkurrenz zu kapitulieren – bereits nach dem dritten Spieltag.

Selbst Bayern-Coach Nagelsmann schwärmt

Alle Hoffnungen vieler Fußball-Fans auf mehr Spannung im Titelkampf erweisen sich derzeit als Wunschdenken. Nie zuvor startete ein Team mit neun Punkten und der imposanten Tordifferenz von +14 in die ersten drei Partien. Selbst ein Perfektionist wie Julian Nagelsmann findet derzeit keinen Grund zur Klage. Mit großer Gelassenheit und seligem Lächeln verfolgte der Bayern-Coach die letzten Minuten der Partie an der Seitenlinie. «Wir setzen uns kein Limit», schwärmte er und verwies auf den gewachsenen Teamspirit: «Jeder gönnt jedem alles. Das war letztes Jahr nicht immer so. Das ist sehr angenehm.»

Mit einer für die Konkurrenz beängstigenden Leichtigkeit nutzten die Münchner die Gunst der Stunde und setzten sich an der Tabellenspitze ab. Als «sehr souverän und sehr spektakulär» empfand Joshua Kimmich den Kantersieg. Ähnlich wie der Coach hat auch der Nationalspieler Fortschritte als Kollektiv ausgemacht: «Es macht momentan sehr viel Spaß, weil eine sehr gute Energie in der Truppe ist.»

Bayern investiert in Breite – und Spitze

Im Gegensatz zu den vermeintlichen Hauptkonkurrenten im Titelkampf aus Dortmund, Leverkusen und Leipzig, die am Wochenende allesamt patzten, wird der Rekordmeister seinen Ansprüchen bisher gerecht. Trotz des Abgangs von Weltfußballer Robert Lewandowski nach Barcelona scheinen die Bayern noch stärker als in den vergangenen Jahren mit zehn Meistertiteln in Serie. «Wir sind nicht nur in der Breite, sondern auch in der Spitze besser geworden», urteilte Kimmich.

Es spricht für die Klasse des gesamten Kaders, dass ausgerechnet die drei in das Startteam rotierten Profis Leroy Sané (4.), Matthijs de Ligt (25.) und Kingsley Coman (33.) für die ersten drei Treffer und die frühe Entscheidung sorgten. Tore von Sadio Mané (42./60.) und Serge Gnabry (77.) rundeten den souveränen Auftritt ab, zudem traf der Bochumer Christian Gamboa (69.) ins eigene Netz. Damit nahm der FC Bayern Revanche für das 2:4 an gleicher Stätte in diesem Februar.

«Wir sind schon bei 100 Prozent, wissen aber schon, dass die Saison sehr lang sein wird», kommentierte der starke Coman die erstaunliche Frühform des Teams.

Viel Lob für Sané – nächste Spiele wegweisend

Bei aller Freude über die geschlossene Mannschaftsleistung bedachte Nagelsmann den quirligen Sané nach dessen erstem Einsatz in dieser Bundesliga-Saison von Beginn an mit einem Sonderlob: «Er ist ein Spieler, der mit seiner Art polarisiert. Aber wenn er hundertprozentig Lust hat, ist er einer der besten Spieler in Europa.» Weil auch Neuzugang de Ligt und Flügelflitzer Coman ein sehenswertes Startelfdebüt feierten, hat der Coach vor dem wohl ersten richtigen Saison-Härtetest gegen den Angstgegner aus Mönchengladbach die Qual der Wahl: «Die Entscheidung, wer am Samstag spielt, ist jetzt nicht so leicht.»

In den kommenden Partien gegen den Zweiten Gladbach und Dritten Union Berlin wird sich weisen, ob die Münchner in diesem Jahr wirklich in einer eigenen Liga spielen. Die bedenkliche Bilanz gegen die Fohlen-Elf in der vergangenen Saison mit Niederlagen in der Meisterschaft (1:2) und im Pokal (0:5) und einem Remis (1:1) kann Nagelsmann nicht schrecken: «Auch gegen Gladbach werden wir ein gutes Spiel machen, da bin ich mir ganz sicher.» Setzt sich der Serienmeister auch in diesen beiden Spielen souverän durch, könnte das die Diskussion über die Einführung von Play-off-Spielen zur Förderung der Spannung im Titelkampf neu beleben.

Von Heinz Büse und Carsten Lappe, dpa

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