Bundestrainer Hansi Flick spricht auf der Abschlusspressekonferenz am DFB-Campus. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Sebastian Gollnow/dpa)

Nichts und niemand kann Hansi Flick noch aus seinem WM-Tunnel vertreiben – keine leidige Stürmerdebatte um Timo Werner und auch nicht das Dauerthema Corona.

Vor der Bahnfahrt der Fußball-Nationalmannschaft zum Nations-League-Duell mit Ungarn nach Leipzig stieg der Bundestrainer hochkonzentriert aus dem gecharteten Teambus mit der grellgelben «Blabla-Car»-Aufschrift über der Windschutzscheibe. Flick schnappte sich beim Training auf dem DFB-Campus in Frankfurt erstmal Marc-André ter Stegen als nun benötigten Vertreter von Stammtorwart Manuel Neuer zum persönlichen Gespräch.

Kein Lamentieren, kein Jammern über den ärgerlichen Ausfall von Kapitän Neuer und Leistungsträger Leon Goretzka durch die unliebsame Virus-Rückkehr in den DFB-Zirkel. Im Gegenteil: Sogar dem Corona-Wirbel gewann der Bundestrainer noch etwas Positives ab. Als WM-Stresstest, sozusagen. Man dürfe sich von der nicht mehr erwarteten Pandemie-Auswirkung nicht «fesseln» lassen, sagte er.

WM-Testlauf

«Es war eine gute Vorbereitung. Wir wissen nicht, was in Katar passiert. Es kann uns ja auch da treffen. Wir müssen darauf reagieren, wir müssen mit der Situation bestmöglich umgehen», sagte der DFB-Chefcoach vor dem von ihm ausgerufenen Angriff auf Gruppenplatz 1 am Freitag (20.45 Uhr/ZDF) gegen die unbequemen und hochgelobten Ungarn.

Kommunikation. Das war für Flick die wichtigste Aufgabe vor dem zur WM-Generalprobe ausgerufenen Endspurt in der Nations League, von dem nach dem Klassiker gegen England am Montag in Wembley ein klares WM-Signal Richtung Katar ausgehen soll. Mehrere Teammeetings berief Flick ein. Die waren ihm teilweise wichtiger als die Arbeit auf dem Trainingsplatz, wie er überraschend konstatierte.

Er wolle, dass jeder «da ist, jeder konzentriert ist, jeder eingebunden ist», sagte der 57-Jährige. Und Feedback forderte Flick von seinen Spielern auch gleich ein. Die Sinne sollen geschärft sein für die kurze Zeitspanne bis zum WM-Anpfiff in neun Wochen, das machte der Bundestrainer deutlich. Der öffentlich viel kritisierte – von ihm aber auch verbal gestreichelte – Angreifer Timo Werner zum Beispiel müsse unbedingt an seiner Effizienz arbeiten.

Ziel: Gruppensieg

Der erste Schritt ist für Flick der Gruppensieg in der Nations League. «Das wäre ein Statement», sagte er zu Platz eins in der Gruppe mit den Schwergewichten Italien und England sowie den bislang aufmüpfigen Ungarn. Ein Sieg in Leipzig gegen den Tabellenführer – und die DFB-Elf hätte vor dem letzten Spieltag alle Trümpfe in der Hand.

Nachlässigkeiten sind nicht drin. Mit bislang einem Punkt Rückstand auf Ungarn würde eine Niederlage den Gruppensieg unmöglich machen. Schlimmer sogar: Plötzlich könnte es gegen England in Wembley noch gegen den Abstieg in die B-Liga gehen. Das wäre für den nach 13 Spielen als Bundestrainer ungeschlagenen Flick ein fatales WM-Signal.

Gewarnt ist man nach dem 1:1 im Hinspiel in Budapest und dem 2:2 im EM-Gruppenspiel im Sommer 2021. «Ungarn ist ein sehr unangenehmer Gegner. Ich habe selten gegen eine Mannschaft gespielt, die so diszipliniert verteidigt. Wir müssen uns etwas einfallen lassen, dass wir zu Chancen kommen und diese dann auch nutzen», forderte Joshua Kimmich.

Festhalten an Werner

Chancen nutzen, das ist das Thema für Werner, den Flick als seine Nummer neun nicht fallen lässt. Acht Tore hat der 26-Jährige unter ihm als Bundestrainer geschossen. Mehr als jeder andere. «Er hat gezeigt, dass er torgefährlich ist», rechtfertigte Flick sein Festhalten an dem Rückkehrer vom FC Chelsea in die Bundesliga zu RB Leipzig. Eine Angreiferdebatte mangels fehlendem Stoßstürmer der Kategorie Robert Lewandowski will Flick ohnehin nicht führen.

«Alle, die trainiert haben, jeder einzelne, wollte Tore schießen», berichtete Flick nach dem Abschlusstraining und befand: «Alles auf einen Einzelnen zu setzen, ist nicht gut.» Dann zählte er die Bayern Thomas Müller, Leroy Sané und Serge Gnabry namentlich auf. Für Werner müsse der finale Pass oft noch besser gespielt werden.

Ein wichtiger Stichwortgeber zu den Ungarn kann Werner sein. «Da rennt einer für den anderen», sagte der RB-Stürmer vor seinem Heimspiel gegen die Leipziger Clubkollegen Peter Gulacsi, Willi Orban und Dominik Szoboszlai. «Das habe ich mir oft anhören dürfen, dass sie Erster sind», berichtete Werner. Diese Frotzeleien sollen am späten Freitagabend ein Ende haben.

Von Arne Richter und Klaus Bergmann, dpa

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