Der FIFA-Präsident Gianni Infantino bei der Auslosung zur WM-Endrunde in Katar. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Christian Charisius/dpa)

Wenige Wochen vor Beginn der Fußball-Weltmeisterschaft hat die iranische Frauenrechtsbewegung «Open Stadiums» den Weltverband FIFA aufgefordert, den Iran von dem Turnier in Katar auszuschließen.

«Warum sollte die FIFA dem iranischen Staat und seinen Vertretern eine weltweite Bühne geben?», heißt es in einem Brief, den die Organisation an den FIFA-Präsidenten Gianni Infantino persönlich gerichtet hat. «Open Stadiums» fordert seit Jahren den freien und ungehinderten Zugang von Frauen zu Fußballstadien im Iran. Inmitten der heftigen Proteste im Land gewinnt das Ansinnen weiter an Gewicht. Die FIFA hat sich vorerst nicht zu dem Schreiben geäußert.

Tod von Mahsa Amini lösen Proteste aus

Hintergrund der Demonstrationen sind die Vorfälle um den Tod der 22-jährigen Mahsa Amini. Die Sittenpolizei hatte sie wegen ihres angeblich «unislamischen Outfits» festgenommen. Was genau mit Amini nach ihrer Festnahme geschah, ist unklar. Die junge Frau war ins Koma gefallen und am 16. September in einem Krankenhaus gestorben. Seitdem demonstrieren landesweit die Menschen gegen den repressiven Kurs der Regierung und das islamische System.

«Dieser Staat lehnt es nicht nur ab, Grundrechte und Menschenwürde zu respektieren. Er foltert und tötet sein eigenes Volk», heißt es in dem Schreiben der Frauenrechtsbewegung weiter: «Wo sind die Grundsätze der FIFA-Statuten in dieser Hinsicht? Wir fordern die FIFA auf, den Iran unverzüglich von der WM 2022 in Katar auszuschließen.» Der Iran trifft in der Vorrundengruppe B auf die USA, England und Wales. Das erste Spiel ist am 21. November die Begegnung gegen England.

Nach übereinstimmenden Medienberichten ist der ehemalige Fußball-Nationalspieler Hossein Mahini im Zusammenhang mit den Protesten in Polizeigewahrsam genommen worden. Der 36-Jährige sei am Donnerstagabend auf Anordnung der Justizbehörden wegen seiner Unterstützung für die anhaltenden Proteste verhaftet worden, schrieb unter anderem das Sportportal «khabarvarzeshi». Am Freitag gab es in den sozialen Medien Solidaritätskundgebungen mit dem früheren Kapitän des 14-maligen iranischen Meisters Persepolis FC.

Frauen erstmals seit 40 Jahren in einem Stadion

Ende August durften erstmals nach mehr als vier Jahrzehnten iranische Frauen für ein Ligaspiel ins Fußballstadion. Ihnen wurden nach Angaben eines Sprechers des Sportministeriums 28.000 Karten und somit 30 Prozent des Teheraner Asadi Stadions zur Verfügung gestellt. Falls das Ergebnis positiv sein sollte, werde demnächst auch in anderen Städten Frauen Zutritt in die Stadien gewährt, hieß es.

Bei dem Ligaspiel handelte es sich um die Begegnung zwischen Esteghlal Teheran und Mess Kerman. Auf Druck der FIFA durfte in den beiden vergangenen Jahren eine limitierte Anzahl von Frauen zumindest für die WM-Qualifikationsspiele ins Asadi Stadion. Ligaspiele für Frauen waren jedoch bislang tabu. Im islamischen Iran war Frauen seit über vierzig Jahren der Besuch von Fußballspielen untersagt. Der erzkonservative Klerus des Landes ist der Auffassung, dass Frauen in Stadien mit fanatischen männlichen Fans und ihren vulgären Parolen nichts zu suchen haben.

«Nichts hat sich geändert – iranische Frauen bleiben von unserem «Schönen Spiel» ausgeschlossen und werden systematisch unterdrückt, wenn sie versuchen, ins Stadion zu kommen», schrieb «Open Stadiums» am Freitag.

Mit den derzeit andauernden Protesten im Land haben sich auch mehrere Spieler der aktuellen iranischen Nationalmannschaft wie Sardar Azmoun vom Bundesligisten Bayer Leverkusen solidarisiert. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat Gewalt gegen Demonstranten im Iran dokumentiert und fordert eine internationale Untersuchung. Der Bundestag hat die gewaltsame Niederschlagung regimekritischer Demonstrationen im Iran über alle Parteigrenzen hinweg verurteilt. Eine massive Internetsperre im Iran hat die Verbreitung von Informationen über die Proteste stark beeinträchtigt.

Ulrike John, dpa

Von