Der FC St. Pauli ist seit sieben Spielen sieglos. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Swen Pförtner/dpa)

Ausgerechnet vor dem Derby-Highlight gegen den HSV ist der FC St. Pauli endgültig in der Krise angekommen. Nach der bitteren 1:2 (0:0)-Last-Minute-Niederlage bei Eintracht Braunschweig und sieben sieglosen Spielen in Serie stecken die Kiezkicker in der Abstiegszone der 2. Fußball-Bundesliga fest.

Ersatzkapitän Eric Smith (25) trat dennoch die Flucht nach vorne an. Nun soll am Freitag (18.30 Uhr/Sky) nämlich Spitzenreiter Hamburger SV, der beim 1:1 gegen den 1. FC Kaiserslautern selbst zwei Punkte liegen ließ, den ganzen Frust und auch den Ehrgeiz der St. Paulianer zu spüren bekommen.

«Ein Derby ist genau das, was wir im Augenblick brauchen. Es ist das beste Spiel, das man nach so einer Niederlage haben kann», sagte der defensive Mittelfeldmann. Und ging verbal in die Offensive: «Wir werden versuchen, das Momentum auf unsere Seite zu holen.»

Statistik spricht für die Braun-Weißen

Zwar spricht nach vier gemeinsamen Jahren 2. Liga die Statistik (4 Siege, 2 Unentschieden, 2 Niederlagen) für die Braun-Weißen, die aktuelle Formkurve aber klar für die Rothosen. Immerhin hat der HSV Saison-übergreifend seine letzten acht Auswärtsspiele alle gewonnen.

Daheim allerdings hakt es ein wenig: Denn die einzigen Niederlagen aus den vergangenen 16 Partien gegen Rostock (0:1) und Darmstadt (1:2) gab es im Volksparkstadion. Am Samstagabend lag der HSV gegen einen stark dagegenhaltenden Aufsteiger Kaiserslautern durch Robert Glatzel (24. Minute) zwar lange vorn. Dann vergab Sonny Kittel aber einen Foulelfmeter (81.). Im Gegenzug traf Lex Lobinger (82.) für den FCK und entriss dem HSV den sechsten Sieg in Serie und damit die Einstellung eines Vereinsrekords von 1978/79.

Dennoch führt der HSV die Tabelle mit 25 Punkten vor Darmstadt 98 (24), das Verfolger Fortuna Düsseldorf (17)  1:0 bezwang, und dem SC Paderborn (22) an, der 3:0 bei Hansa Rostock siegte. Der 1. FC Heidenheim auf Nicht-Aufstiegs-Rang vier liegt schon fünf Punkte zurück. Dass sein HSV diesmal patzte, empfand Walter als «Scheiße», wie er bei Sport1 einräumte. «Ich bin angefressen, weil wir den Sack nicht zugemacht haben, aber was uns nicht tötet, härtet uns ab.» Auf die Frage, wie er es dann finde, dass der HSV nach einem Saisondrittel ganz vorn steht, meinte er schlagfertig: «Da oben wollen wir auch bleiben.»

Vom Derby wollte er hingegen «noch nichts» wissen. Torjäger Glatzel, der die Leistung gegen den FCK als «deutlich zu wenig» bezeichnete, meinte hingegen: «Der Derbysieg muss her, das ist klar.» Auf jeden Fall trifft der HSV auf einen Gegner, der wohl noch nie so angeschlagen in ein Stadtduell gegangen ist wie diesmal.

Pauli trotz Führung in Braunschweig ohne Sicherheit

Auch in Braunschweig gab die Führung durch Manolis Saliakas‘ sehenswertes Weitschuss-Tor (68.) den Kiezkickern weder große Sicherheit noch neues Selbstvertrauen. Im Gegenteil: Gegen die nach dem frühen Doppelausfall von Abwehrchef David Nemeth und Mittelfeldmotor Jackson Irvine (9.) arg geschwächten Hanseaten drehte der erst nach dem 0:1 eingewechselte Matchwinner Immanuel Pherai (78./90.+3) das Match komplett. Auch, weil St. Pauli offensiv erneut viel zu wenig entgegenzusetzen hatte.

Der frustrierte Trainer Timo Schultz ärgerte sich «maßlos» über die unnötige Pleite und den Absturz auf Rang 14. Nach dem verpassten Aufstieg im Frühjahr und dem Verlust wichtiger Spieler im Sommer kommt nun noch eine sportliche Krise im Herbst hinzu. Vor zwei Jahren verlor St. Pauli ein ähnliches Spiel in Braunschweig und war sogar Vorletzter. Damals durfte Schulz bleiben, baute im Winter das Team um, schaffte den großen Aufschwung bis zum Herbstmeister 2021 – und besiegte sogar zweimal nacheinander den großen Rivalen HSV.

Thomas Prüfer, dpa

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