Robert Lewandowski kann den Elfmeter nicht verwandeln. Das Spiel gegen Mexiko endet torlos. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Christian Charisius/dpa)

Robert Lewandowski winkte kurz den wenigen polnischen Fans zu, nahm einen großen Schluck aus seiner Wasserflasche und verschwand frustriert als einer der Ersten vom Rasen des Stadions 974 in Doha. Mit einem verschossenen Elfmeter hat der Kapitän Polen um eine große WM-Chance gebracht.

Der Weltfußballer scheiterte beim 0:0 gegen Mexiko unter ohrenbetäubendem Jubel in der fast ausschließlich mit Fans der Lateinamerikaner gefüllten Arena. Nationalcoach Czeslaw Michniewicz machte Lewandowski keine Vorwürfe: «Gestern im Training hat er noch Elfmeter geübt und hat keinen vergeben. Sowas passiert einfach», sagte der Trainer. «Es ist so schade für Robert. Ich weiß, wie sehr er dieses Tor wollte.»

Mexikos Elfmeter-Held Ochoa

Nach dem Schlusspfiff feierten die Mexikaner wenige Meter vom enttäuschten Lewandowski entfernt ihren Elfmeter-Helden Guillermo Ochoa. Der 37-Jährige parierte den Schuss von Lewandowski am Dienstagabend mit einem herausragenden Reflex (58. Minute). «Gut, dass ich den Elfer abwehren konnte, ich bin sehr glücklich darüber. Wir haben zu Null gespielt und kein Gegentor bekommen – das ist ein guter Punkt», sagte Ochoa. 

Der sonst vom Punkt so sichere Lewandowski fasste sich enttäuscht an den Kopf, als er an Ochoa scheiterte. Die Schlüsselszene vergrößerte die Knisteratmosphäre vor 39 369 Zuschauern, die vor der Video-Entscheidung zum Lewandowski-Elfmeter fieberhaft auf das Ergebnis warteten, weiter. In der packenden Schlussphase glückte weder den insgesamt besseren Mexikanern noch den gefrusteten Polen der Lucky Punch.

Große Chance verpasst

Lewandowski verpasste in seinem vierten WM-Spiel nicht nur sein erstes WM-Tor, sondern auch die große Chance, die Ausgangslage Polens im Kampf um das erste Achtelfinale seit 36 Jahren zu verbessern. Wenige Stunden nach dem Turnier-Schock für Lionel Messi und Argentinien beim 1:2 gegen das vermeintliche WM-Leichtgewicht Saudi-Arabien sorgte das Unentschieden vor den Augen des deutschen Rekordnationalspielers Lothar Matthäus für eine spannende Situation in der Gruppe C. Am Samstag, wenn für Mexiko das brisante Duell mit Messi ansteht, könnte dessen Weltmeisterschafts-Aus bereits besiegelt werden. Polen trifft dann auf Gruppen-Tabellenführer Saudi-Arabien.

Nach FIFA-Angaben 90.000 Mexikaner in und um das Stadion am Hafen von Doha machten den Turnierauftakt für ihr Team zu einem stimmungsvollen Heimspiel, bei dem durch das Gehüpfe mitunter sogar die Tribüne vibrierte. Im Gegensatz zum heißblütigen Jubel und La-Ola-Wellen für ihre Auswahl mit vielen Olympia-Bronze-Gewinnern von 2021 bedachten die Fans von El Tri Lewandowski schon beim Aufwärmprogramm mit reichlich Pfiffen.

Quirlige Mexikaner

Polens Nationaltrainer Czeslaw Michniewicz, der überraschend den agilen Wolfsburger Jakub Kaminski (20) in die WM-Formation beförderte, hatte mit seiner defensiven Grundformation nur teilweise Erfolg. Zwar stoppte seine Abwehrreihe die quirligen Mexikaner, die nach einem Kopfball von Alexis Vega schon zum Torjubel ansetzten (26.). Doch der Plan, dass es vorne der vom FC Bayern zum FC Barcelona gewechselte Lewandowski richten sollte, ging nicht auf. Selbst die Großchance vom Punkt nutzte der 34-Jährige, nachdem er von Hector Moreno gefoult worden war, nicht. Ein Kopfball und ein schöner Pass vor der Pause – viel mehr war’s nicht, was an Gefahr von ihm ausging.

Die Lateinamerikaner suchten bei ihrem Spiel über die Flügel immer wieder Deutschland-Schreck Hirving Lozano, der beim 1:0 vor vier Jahren in Russland das DFB-Desaster eingeleitet hatte. Mehrfach rückte Polens Nationaltorhüter Wojciech Szczesny zum Start seiner letzten WM in den Blickpunkt, etwa als er von Lozano geprüft wurde (52.).

In der hitzigen Schlussphase, in der die Französin Stéphanie Frappart beim ersten Einsatz einer Frau als Vierte Offizielle ordentlich zu tun bekam, scheiterte Mexikos Stürmer Henry Martin per Kopf an Szczesny (64.). Der Juve-Schlussmann war sicherer Rückhalt, doch Held des Abends war der 37-jährige Ochoa. Die Torwart-Legende wurde bei ihrer fünften WM-Teilnahme zum ersten mexikanischen Keeper seit 1966, der einen Elfmeter während der regulären Spielzeit einer WM-Partie halten konnte.

Christian Kunz, Miriam Schmidt und Patrick Reichardt, dpa

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