Kapitän Lionel Messi führte seine Argentinier gegen Australien zum Sieg. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Thanassis Stavrakis/AP/dpa)

Die Fans schwangen die himmelblau-weißen Schals, «Oh Argentina» hallte es durch das Ahmad bin Ali Stadion und Lionel Messi reckte den Arm nach oben und ballte die Faust.

Angeführt vom Superstar mit seinem ersten K.o.-Rundentor bei einer Fußball-Weltmeisterschaft im 1000. Profi-Spiel hat Argentinien das Viertelfinale erreicht. Minutenlang ließen sie sich von den «Hinchas» feiern, manche mit Freudentränen in den Augen. «Für die Leute ist es hier ein Fest», sagte der 35-Jährige.

Messi traf in einem lange Zeit zähen Spiel in der 35. Minute zur Führung gegen das Überraschungsteam aus Australien, das beim 2:1 (1:0)-Sieg der Argentinier aber mehr Mühe machte als dem Titelmitfavoriten lieb sein konnte. Dem Jubel war auch das anzumerken. Erleichterung beim Mitfavoriten pur. «Wir hatten das Spiel unter Kontrolle. Wir hätten vielleicht noch ein Tor mehr machen können zur Sicherheit», sagte der Superstar.

Messi: «Es waren ein paar Schrecksekunden»

Für Messi war es der 789. Karriere-Treffer, das 94. Tor im Trikot der Argentinier und der neunte bei einer WM – einer mehr als Diego Maradona in seiner Karriere erzielt hatte. Nur Gabriel Batistuta liegt bei den Argentiniern nun noch vor Messi in dieser Statistik mit 10 WM-Toren. 

Vor 45.032 Zuschauern gelang Julián Álvarez (57.) von Manchester City nach einem schweren Torwartfehler der zweite Treffer. Durch einen unhaltbar abgefälschten Treffer nach einem Schuss von Craig Goodwin (67.), der als Eigentor von Enzo Fernández gewertet wurde, machten es die Socceroos aber noch mal spannend. «Es waren ein paar Schrecksekunden. Wir haben es geschafft, das war die Hauptsache», sagte Messi über die Schlussphase.

In der Runde der besten Acht trifft Argentinien am kommenden Freitag im Lusail-Stadion auf die Niederlande – unter anderem geschlagener Gegner der Albiceleste im Heim-WM-Finale 1978 und im Halbfinale 2014 in Brasilien. Für den krassen Außenseiter Australier um den ehemaligen Bundesliga-Profi Mathew Leckie endete die wundersame Reise in Katar wie schon 2006 in Deutschland im Achtelfinale. Weiter kamen die Socceroos noch nie.

Scaloni mit nur einem Wechsel in der Startformation

Argentiniens Trainer Lionel Scaloni hatte dennoch vor ihnen gewarnt. Und dann musste er auch noch sein «Winning-Team» umstellen. Ángel di María, langjähriger Sturmpartner von Messi, zwickte noch der Oberschenkel. Ein Einsatz von Beginn an war zu riskant. Nach fünf und vier Wechseln in der Startformation kam diesmal nur Alejandro Gómez neu in die Mannschaft. Der 34-Jährige vom FC Sevilla ließ sich zunächst auf der linken Seite leicht zurückfallen, um den Flügel zu stärken, auf dem bei den Australiern der ehemalige 1860-München-Profi Milos Degenek auch spielt.

Messi agierte bei seiner nächsten WM-Show erst mal im Sturmzentrum, ließ sich aber schnell gegen die tief verteidigenden Australier, bei denen St. Paulis Zweitliga-Profi Jackson Irvine nach einer Viertelstunde schon die Gelbe Karte sah, auch zurückfallen. Geduld war gefragt.

Leckie und Ryan mit zehntem WM-Spiel

Hinter dem Tor der Australier gab es für ein paar Hundert Fans in Gelb nicht viel Grund zum Jubeln – außer, dass die Mannschaft von Trainer Graham Arnold den Argentiniern am Anfang das Spielen schwer machte. Auch nach 30 Minuten nicht ein Schuss der Südamerikaner auf das Tor von Kapitän Mathew Ryan, der wie Leckie sein zehntes WM-Spiel absolvierte – so viele wie kein anderer Australier vorher.

Schon beim 2:0 gegen Polen mussten die Argentinier das Spiel machen, der Gegner besann sich aufs Verteidigen. Australien agierte ähnlich, aber besser als die Mannschaft um Stürmerstar Robert Lewandowski, die am Sonntag gegen Weltmeister Frankreich ran muss. Australien machte es cleverer. Und das fuchste Messi, der sich mit Australiens Aziz Behich eine Trikotzupferei an der Außenlinie lieferte. Eben dieser Behich foulte direkt danach Gmez – es gab Freistoß, ausgeführt von Messi, wie schon in den Spielen zuvor klar bester Mann in seinem Team.

Die Australier, bis dahin defensiv makellos, bekamen den Ball nicht raus aus der Gefahrenzone, über Alexis Mac Allister landete der Ball beim aufgerückten Innenverteidiger Nicolás Otamendi. Der ließ klatschen, und dann kam Messi. Ein flacher Schlenzer mit links, wie aus dem Messi-Lehrbuch ins lange Eck. Er reckte die Hände nach oben, das Stadion wurde zur himmelblau-weißen Hüpfburg.

Australiens Keeper leitet Argentiniens 2:0 ein

Von der Wucht wie beim Spiel gegen die Polen war bei den Argentiniern diesmal lange nicht viel übrig. Es war eher die Devise: Hinten keinen fangen und vorne richtet es der Kapitän, der in diesen Tagen von Katar ganz anders auftritt als noch bei seinen mitunter lustlos wirkenden Darbietungen bei der WM-Blamage von Russland. Beim zweiten Treffer allerdings war auch Messi nur Zuschauer, als Australiens Keeper Ryan sich einen kapitalen Fehler leistete und den Ball sechs Meter vorm Tor gegen Álvarez verlor. Die Entscheidung.

Unter dem Dauergesang der Zehntausenden Fans in Trikots der Argentinier ließ es sich nun befreiter aufspielen. Dass Scaloni den schwachen Offensivmann Gómez rausgenommen und dafür in Lisandro Martínez einen weiteren Abwehrspieler reingebracht hatte, zahlte sich nur bedingt aus. Nach dem Schuss von Goodwin, den Fernández im Sprung unglücklich ins eigene Tor abfälschte, wackelte Argentinien, aber auch nur kurz. Immer wieder war es Messi, der durch sein Können brillierte und seine Mitspieler in Szene setzte. Nur ins Tor wollte der Ball nicht nochmal.

Jens Marx, Christoph Lother und Patrick Reichardt, dpa

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