Rudi Völler hatte sein Amt als «Direktor der A-Nationalmannschaft» am 1. Februar angetreten. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Sebastian Gollnow/dpa)

Wenn drei der vier wichtigsten Männer im deutschen Fußball an einem Wochenende große Interviews platzieren, muss es etwas zu sagen geben.

Statt konkreter Maßnahmen nach drei großen Turnierenttäuschungen beschränkten sich Hans-Joachim Watzke im «Spiegel» sowie der große Sympathieträger Rudi Völler und Bernd Neuendorf im ZDF-«Sportstudio» aber auf viel Ungefähres. Und darauf, dass zur Heim-EM 2024 schon irgendwie alles gut wird. Sechs Wochen vor dem bedeutsamen ersten Stimmungstest für Hansi Flick und die jetzt schon wieder stark geredete DFB-Auswahl ein riskantes Spiel.

«Wir müssen nach vorne schauen», sagte Völler am Samstagabend im TV-Studio. Immerhin: Der lautstarke Applaus des Publikums für den Weltmeister von 1990 und einstigen DFB-Teamchef belegte, dass der 62-Jährige als der erhoffte Stimmungsaufheller funktioniert.

Rückendeckung für Flick

«Ich glaube schon, dass wir eine sehr, sehr gute Mannschaft haben, dass wir richtig gute junge Spieler haben», postulierte der neue Sportdirektor ungeachtet der zurückliegenden Turnier-Flops. Vom weiterhin beharrlich schweigenden Bundestrainer Flick ist der neue Hoffnungsträger im Deutschen Fußball-Bund ebenso überzeugt wie DFL-Chef Watzke («Flick macht die EM») und DFB-Präsident Neuendorf («Spürt das Vertrauen»). Auch, weil sie es sein müssen.

Mit der Entscheidung für Flick zeitig nach dem WM-Aus in Katar und für Völler als Sympathieträger, der die Fans aus der aktuellen Ablehnung und Gleichgültigkeit rund um die Nationalelf reißen soll, hat der finanziell taumelnde Verband Fakten geschaffen, die er verteidigen muss. «Wir werden alles versuchen, die Menschen wieder zu begeistern», sagte Völler. Als DFB-Teamchef war ihm das zu Beginn des Jahrtausends schon einmal in einer kritischen sportlichen Situation gelungen.

Das gehe in erster Linie, wie Völler weiß, «auf dem Platz» durch «tollen Fußball». Dass durch die Entscheidung noch unter Oliver Bierhoff bis zum Turnierstart im Juni 2024 aber nur Freundschaftsspiele auf dem Programm stehen – möglich gewesen wäre auch die Teilnahme als Gast in einer Qualifikationsgruppe -, sieht Völler durchaus als «kontraproduktiv» an. Egal. Er sei aber «so was von überzeugt», dass Flick das hinbekomme, sagte der Volkstribun.

Vage Ankündigungen

Anders als vor gut 20 Jahren, als nach Völler Bundestrainer Jürgen Klinsmann kam, bleibt im Vagen, was bei der Nationalmannschaft wirklich konkret verändert wird. «Ich glaube, dass es einige Dinge geben wird, die er ändern wird», sagte Neuendorf über Flick, «vielleicht auch neue Spieler ausprobieren.» Am Wochenende saß der Bundestrainer in Hoffenheim auf der Tribüne und sah unter anderem den jungen Florian Wirtz – ein mögliches Gesicht des Neuanfangs. Der 19-Jährige hatte im WM-Kader nach langer Verletzungspause gefehlt.

Das Vorrunden-Aus in Katar wird beim DFB weiterhin als Ausrutscher eingeordnet, die öffentliche Lobpreisung der Spieler vor dem Turnier nicht als Fehler bewertet. «Wir sind durch eine Verkettung verschiedener Umstände rausgeflogen», sagte Watzke. «Wir waren natürlich nicht überragend, aber auch nicht grottenschlecht.»

Die schwer zu greifende Stimmung der Fans rund um die DFB-Auswahl wurde als grundlegenderes Problem ausgemacht. Deshalb kam Völler. «Man kann schon sagen, dass er schon was bewirkt hat», sagte Neuendorf. Im nächsten Länderspielfenster mit den Tests am 25. März in Mainz gegen Peru und drei Tage später in Köln gegen Belgien soll es als kleinere Goodwill-Maßnahme öffentliche Trainingseinheiten geben. Während der Heim-EM wird sich die DFB-Auswahl dann wieder auf das riesige Gelände von Partner Adidas in der fränkischen Provinz von Herzogenaurach zurückziehen.

Die Diskussion über kindgerechtere frühere Anstoßzeiten fing Neuendorf mit Verweis auf die schwierigen Vertragsverhandlungen mit der UEFA und den deutschen TV-Sendern ein. «Ich bin bereit, diese Gespräche zu führen», sagte der DFB-Präsident immerhin, der dann aber nur wenige Minuten später eindringlich über die finanziellen Nöte des Verbandes berichtete.

Es wird Kürzungen geben

«Die Ausgaben übersteigen regelmäßig die Einnahmen auch aufgrund der sportlichen Misserfolge», sagte der 61-Jährige. Er bekräftigte, dass im DFB «alle Bereiche» derzeit auf Einsparpotenzial geprüft würden. «Fakt ist auch, es wird Projekte geben, die wir streichen müssen, es wird Kürzungen geben.» Das vermeintliche Image des DFB als «superreicher Verband, in dem alles geht, in dem Geld keine Rolle spielt», stimme nicht. Mit sportlichem Erfolgen – gerade der Männer-Nationalmannschaft – wäre das viel einfacher.

Der DFB verzeichnete im aktuellen Finanzbericht auch wegen nötiger Steuerrückstellungen ein Minus von 33,5 Millionen Euro. Weltmeister Argentinien hatte für den Titel bei der Katar-WM Prämien in Höhe von rund 40 Millionen Euro kassiert. Der wie 2018 in Russland in der Gruppenphase ausgeschiedene DFB bekam nur knapp zehn Millionen Euro. Er musste aber auch keine kostspieligen Erfolgsprämien an die Spieler ausschütten. «Wir brauchen ganz klar Maßnahmen, um gegenzusteuern», mahnte Neuendorf. Der «Schwerpunkt» müsse darauf liegen, dass «wir sportlichen Erfolg zurückgewinnen», sagte der DFB-Präsident. Er setzt voll auf Völler.

Von Jan Mies und Klaus Bergmann, dpa

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