Bayern-Verteidiger Matthijs de Ligt verlässt nach der Niederlage in Leverkusen enttäuscht den Platz. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Federico Gambarini/dpa)

Mit Wut im Bauch riefen Julian Nagelsmann und Hasan Salihamidzic das Gipfeltreffen gegen Borussia Dortmund kurzerhand zum Endspiel aus. Das Duell am 1. April steigt zwar am neuntletzten Spieltag, nach dem Verlust der Tabellenspitze an den BVB sehen die Bayern-Macher die Meisterserie im elften Jahr aber hochgradig in Gefahr.

«Jetzt stehen wir gegen Dortmund extrem unter Druck», sagte Trainer Nagelsmann nach dem 1:2 bei Bayer Leverkusen: «Wir müssen gewinnen, sonst wird es schwierig mit der Meisterschaft.» Und Sportchef Salihamidzic stellte klar: «Da müssen wir wieder Mentalität und Gier auf den Platz bringen. Denn da geht es um die Meisterschaft!»

Vielleicht haben sie in München zu lange gedacht, dass der ewig tiefstapelnde und im Winter noch neun Punkte entfernte BVB nicht zur echten Bedrohung werden könnte. Doch mit dem 6:1 gegen den 1. FC Köln am Samstag waren die Dortmunder vorbeigezogen. Und die Münchner schlugen am Sonntag nicht zurück. Nun wissen sie: Bis zum elften Meistertitel in Serie ist es plötzlich ein weiter Weg. «Wenn wir unentschieden spielen oder im worst case verlieren sollten, dann wird es – bei dem Lauf, den Dortmund grade hat – nicht einfacher», sagte Nagelsmann: «Deshalb haben wir uns sehr viel Druck selbst gegeben.»

Kimmich: «Wir alle können die Tabelle lesen»

Die Spieler haben in der Theorie offenbar verstanden, um was es geht. «Wir müssen das Spiel gewinnen, sonst sind wir ganz schnell raus aus dem Rennen», sagte Joshua Kimmich, der die Nationalmannschaft in Abwesenheit von Manuel Neuer durch die Woche führen wird und in Leverkusen das Führungstor erzielte (22. Minute): «Wir alle können die Tabelle lesen. Und wir alle haben heute unsere Leistung gesehen. Dementsprechend wissen wir alle, dass wir jetzt in allen Wettbewerben Druck haben.»

Was in München wirklich Besorgnis auslöste: Die Niederlage am Sonntag war kein Zufall, sondern hochverdient. Leverkusen war schon vor den beiden Elfmeter-Toren durch Exequiel Palacios (56./73.) die bessere Mannschaft. Aus dem Münchner Lager redete danach auch niemand drumherum, alle bezeichneten die Niederlage als verdient.

Und den Hauptgrund sahen die Bosse in der Einstellung des Teams. Salihamidzic nutzte wie Nagelsmann das Wort «träge» und setzte nach Gefühlen, «von denen ich nicht weiß, wie sie heißen», zur Generalkritik an. «Alles» habe sein Team vermissen lassen: «Das war das nicht das, was Bayern München bedeutet.» Die Mannschaft sei «so gut», aber «nicht so gut, wenn sie spielt wie heute. Wenn sie denkt, dass sie mit der spielerischen Qualität alles erledigen kann. Das kann sie einfach nicht. Qualität ist auch Mentalität und Zweikampfstärke, die war heute gar nicht da.» Thomas Müller erklärte, Leverkusen sei «über 90 Minuten giftiger, beherzter und galliger gewesen. Da müssen wir uns schon einige Fragen stellen.»

Bayern-Trainer leidet mit Schiedsrichter

Es gibt auch Zahlen, die die Unkonzentriertheiten stützen: Erstmals seit mehr als einem Jahr verloren die Münchner nach Führung. Und erstmals seit unglaublichen 43 Jahren verursachten sie sechs Strafstöße in einer Saison. An der Rechtmäßigkeit der zwei am Sonntag gab es trotz der kuriosen Umstände, dass Schiedsrichter Tobias Stieler jeweils nach Videobeweis Gelbe Karten für Schwalben gegen Amine Adli zurücknehmen musste, keine Zweifel. «Ich bin generell ein Freund vom VAR», sagte Nagelsmann: «Heute waren es zwei Elfmeter, demnach war alles im Sinne der Gerechtigkeit. Von daher war es bitter, aber fair.»

Der Bayern-Trainer litt sogar mit Stieler, der sich vom Videobeweis «gerettet» sah und als Zeichen der Versöhnung Adlis Trikot versprochen bekam. «Es hat auch Druck genommen vom Schiedsrichter», sagte er: «Stellen Sie sich vor, er hätte die beiden Gelben Karten stehen lassen, wir hätten vielleicht 1:0 gewonnen und hätten zwei klare Elfmeter gegen uns nicht bekommen.» Beschwert hätten sich dann sicher nicht nur die Leverkusener, sondern auch die Dortmunder.

Holger Schmidt und Moritz Rommel, dpa

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