War mit der Leistung gegen Belgien nicht zufrieden: Bundestrainer Hansi Flick. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Christian Charisius/dpa)

Laut werden wollte Hansi Flick nicht. Weder in der Kabine mit seinen Spielern, noch hinterher bei der öffentlichen Analyse des unangenehmen und schonungslosen Kölner Abends gegen Belgien und dessen Fußball-Naturgewalt Romelu Lukaku.

Der Bundestrainer sprach leise und wählte seine Worte offensichtlich mit Bedacht. «Ich glaube nicht, dass ich jetzt hier sage, wir sind superhappy und alles ist wunderbar. Das wäre der falsche Ansatz», sagte Flick. Auch bei der gleich nach Schlusspfiff des 2:3-Rückschlags noch im Stadion rasch einberufenen Teamsitzung sei alles ruhig und sachlich geblieben, berichtete Flick.

Grundsätzlich mag sich der Bundestrainer den Neustart Richtung Heim-EM nämlich trotz der desaströsen Anfangsphase gegen die Roten Teufel nicht madig machen lassen. «60, 65 Minuten war es ein gutes Spiel», konstatierte der Bundestrainer. Das klang überraschend und in der Bewertung ein bisschen wie jene WM-Analyse, laut der nur 10 bis 20 schlechte Minuten beim 1:2 gegen Japan den deutschen Vorrunden-K.o. in Katar verursacht hätten. Die Augen vor der deutschen Fußball-Realität kann Flick aber nicht mehr verschließen. 

«Nicht alles bei hundert Prozent»

Das 2:0 gegen Peru war noch ein wichtiger Aufbauschritt gegen einen schwachen Kontrahenten. Die Messlatte Belgien wurde nun gerissen. «Wir haben einiges noch zu tun. Für uns war klar, dass nicht alles bei hundert Prozent ist», versicherte der 58-Jährige. Leidenschaft und Wille verbuchte der Bundestrainer immerhin als Pluspunkte nach dem Schock-Start mit den frühen Gegentoren von Yannick Carrasco und Lukaku. 

«Da waren wir überhaupt nicht da, sowohl körperlich als auch vom Kopf her. Alles, was wir uns vorgenommen haben, haben wir vermissen lassen», sagte Kapitän Joshua Kimmich, der dem Team auch nicht helfen konnte. «Wichtig war, dass wir ab der 30. Minute eine Reaktion gezeigt haben, trotzdem war es zu wenig», fügte der Bayern-Profi im ARD-Interview an. 

Die Wende kam, und das ist Flick anzurechnen, durch die Einwechslung von Emre Can. Der Dortmunder ist der DFB-Wochengewinner. Seine Primärtugend, der Kampf, ist wieder das Kriterium, das der deutschen Mannschaft Sicherheit gibt.  Die Tore von Niclas Füllkrug (Handelfmeter) und Serge Gnabry zum späten 2:3 hatten einen Krisendämpfungseffekt. Kevin De Bruyne legte dazwischen mit seiner großen Klasse den dritten belgischen Treffer nach.  

Große Prüfung im Sommer 2014

Flick freute sich über den erstaunlich freundlichen Zuspruch der Kölner Fans. Die taten so, als hätte es kein WM-Aus und keine belgische Lektion gegeben. Der Saison-Schlussspurt in der Bundesliga mit dem Spitzenspiel von Bayern München gegen Borussia Dortmund als erstem großen Reizpunkt am Samstag ist ein weiterer Aspekt, der Flick positiv stimmt. 

Der Bundestrainer wird in den kommenden Wochen genau hinschauen müssen, wer ihm helfen kann, wenn es im Juni mit dem 1000. Länderspiel in der DFB-Historie aller Wahrscheinlichkeit nach gegen die Ukraine in Bremen weitergeht. Seine Personalpolitik mit vielen jungen Akteuren – darunter fünf eingesetzten Neulingen – mache ihn ob «der Erkenntnisse, die wir gewonnen haben» zufrieden. Mit einer Rückkehr der etablierten Kräfte von Antonio Rüdiger bis Ilkay Gündogan oder Leroy Sané ist dennoch zu rechnen. 

Im Juni kommt es wohl auch zum Kräftemessen mit Robert Lewandowski in Polen – noch so ein Hochkaräter wie Lukaku, der Flick Defizite gnadenlos vor Augen führen kann. Die große Prüfung steht – und das ist gut für Flick – erst im Sommer 2024 mit der Heim-EM an. «Zum Glück haben wir noch ein bisschen Zeit. Heute hat man gemerkt, dass wir noch nicht auf internationalem Top-Niveau sind», gestand Kapitän Kimmich. 

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