Roms Edoardo Bove (l) bejubelt sein Tor zum 1:0. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Oliver Weiken/dpa)

Nach dem hitzigen Aufeinandertreffen im Stadio Olimpico nahm Xabi Alonso seinen alten Lehrmeister in den Arm. Das erste Taktik-Duell ging an José Mourinho – und so droht Alonso mit Bayer Leverkusen den Einzug ins Endspiel der Europa League zu verpassen.

Nach dem 0:1 (0:0) im Halbfinal-Hinspiel bei der AS Rom steht die Werkself im Rückspiel in einer Woche vor einer ganz schweren Aufgabe, will sie noch das dritte Europacup-Finale der Vereinsgeschichte nach 1988 und 2002 erreichen und weiter vom ersten Titel seit 1993 träumen.

«Die Niederlage schmerzt», sagte Alonso dem TV-Sender RTL und fügte hinzu: «Wir wissen, es gibt noch ein anderes Spiel nächste Woche. Sie haben einen Vorteil, aber wenn man ein Finale erreichen will, muss man normalerweise ein Tor erzielen.» Keine einfache Aufgabe gegen die Defensivkünstler von Mourinho.

DFB-Sportdirektor Rudi Völler verfolgte das intensive Duell seiner beiden Herzensclubs ebenso auf der Tribüne wie Bundestrainer Hansi Flick, UEFA-Präsident Aleksander Čeferin oder Roma-Ikone Francesco Totti. Sie alle sahen, wie sich Alonso und sein Team lange durchaus reif gegen die taktischen Kniffe und Psychospielchen von Roma-Coach Mourinho behaupteten. Dann gelang dem italienischen U21-Nationalspieler Edoardo Bove dennoch das Tor des Abends (63.).

«Die Römer waren in der zweiten Halbzeit gefährlicher. Vorne war es ein bisschen zu wenig für meinen Geschmack. 1:0 ist nicht das beste Ergebnis. Es hätte aber auch schlimmer kommen können. Wir haben gespürt, dass wir sie schlagen können. Wir haben trotzdem Hoffnung», sagte Bayer-Keeper Lukas Hradecky und Jungstar Florian Wirtz meinte: «Das ist keine unlösbare Aufgabe für das Rückspiel. Es ist ein bisschen schade. Wir halten den Kopf oben. Wir wissen, dass es noch nicht zu Ende ist. Wir sind nach dem Spiel jetzt besser vorbereitet.» Matchwinner Bove sprach indes von einem verdienten Sieg: «Wir haben einen guten Job gemacht. Im Rückspiel in Leverkusen wird es hart, alles kann passieren. Wir versuchen, das Spiel zu gewinnen.»

Leverkusen beginnt kräftig

Der portugiesische Starcoach Mourinho hat bereits fünfmal einen Europacup gewonnen, von 2010 bis 2013 war er Alonsos Trainer bei Real Madrid. Bayer hatte 1988 den UEFA-Cup als Vorläufer-Wettbewerb gewonnen, danach folgte als einziger Titelgewinn der des DFB-Pokals 1993. 2002 erreichten die Rheinländer das Champions-League-Finale, verloren aber 1:2 gegen Real Madrid.

Die römischen Fans hatten mit lautstarker Hymne, einer Choreo über alle Ränge und einigen Knallkörpern kurz vor dem Spiel für einen fast schon einschüchternden Rahmen gesorgt. Doch Bayer zeigte sich unbeeindruckt und hätte beinahe einen Blitzstart hingelegt. 43 Sekunden waren gespielt, als Robert Andrich nach Hereingabe von Piero Hincapié aus etwa zwölf Metern zum Schuss kam. Der war aber zu zentral und halbhoch, sodass der portugiesische Torhüter Rui Patricio, seit Donnerstag mit 67 Einsätzen der Rekordspieler der Europa League, wenig Mühe hatte. Chancenlos wäre der portugiesische Europameister von 2016 in der sechsten Minute gewesen, doch Florian Wirtz verzog knapp.

Rom mit mehr Druck in Hälfte zwei – Ausgleich bleibt aus

Alonso und Mourinho begrüßten sich vor dem Spiel mit einer herzlichen Umarmung. Sobald das Spiel begann, spielte sich aber ein interessantes Duell der beiden am Spielfeldrand ab. Alonso dirigierte viel und tigerte in der Coaching-Zone auf und ab. Bei Standards setzte er sich auf die Bank und überließ die Einteilung seinem Assistenten Sebastian Parrilla. Mourinho verfolgte das Geschehen meist mit Händen in den Taschen. Immer wieder lief er aber zurück zur Bank, besprach sich mit seinen Assistenten. Aus dem Nichts kamen plötzlich Wutanfälle oder Anfeuerungsschreie heraus, immer wieder versuchte Mourinho sein Team zu pushen oder den Gegner oder die Unparteiischen aus dem Konzept zu bringen.

Fast regungslos nahm er dagegen die einzige Großchance der Roma in der ersten Halbzeit hin. Wie so oft war sein Team durch einen Standard gefährlich geworden. Nach einem Freistoß von Kapitän Lorenzo Pellegrini kam Roger Ibañez aus fünf Metern zum Kopfball, doch Bayer-Keeper Lukas Hradecky parierte prächtig mit der rechten Hand. Danach beruhigte sich das Spiel bis zur Pause.

Nach dem Wechsel machte die Roma erst mal mächtig Druck und Bayer hatte Mühe, das Spiel zu beruhigen. Was nicht so recht gelang. Und prompt fiel das 1:0, als Edmond Tapsoba und Andrich den Ball nicht wegbekamen, Hradecky zunächst gegen Tammy Abraham parierte und Bove im Nachschuss erfolgreich war. Kurz vor Schluss kam Bayer durch Jeremie Frimpong noch zur großen Chance auf den Ausgleich, doch Roma-Verteidiger Bryan Cristante rettete mit der Brust kurz vor der Torlinie für seinen geschlagenen Torhüter (87.).

Holger Schmidt und Manuel Schwarz, dpa

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