Der Argentinier Lionel Messi ist Tourismus-Botschafter für Saudi-Arabien. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Tom Weller/dpa)

Der surreale Transfercoup mit Cristiano Ronaldo war offensichtlich nur der Anfang.

Saudi-Arabien strebt nicht nur im Eiltempo dem Status als neuer Sport-Supermacht entgegen, sondern könnte schon in diesem Sommer ein niemals für möglich gehaltenes Trio in seiner eigentlich zweitklassigen Pro League vereinen.Ronaldo ist schon da, mit einem Wechsel von Dauerrivale und Weltmeister Lionel Messi würde der Golfstaat ein zweites weltweit strahlendes Fußball-Gesicht bekommen. Und auch Frankreichs Weltklasse-Stürmer Karim Benzema unterschrieb am Dienstag bei Al-Ittihad und plant, den Herbst seiner Karriere lieber in der asiatischen als in der europäischen Champions League zu verbringen.

Endlose finanzielle Ressourcen und Gesichter wie Ronaldo und Messi: Mit diesen Mitteln will Saudi-Arabien zum Big Player in der Sportszene aufsteigen. Ronaldo, der bei seinem vorher reichlich unbekannten Club Al-Nassr rund 200 Millionen Euro pro Jahr einstreichen soll, ist bereits als Werbefigur gewonnen. Jüngst sprach er sich dafür aus, dass weitere Stars nach Saudi-Arabien wechseln sollen. «Wenn die kommen, große Spieler und große Namen, junge Spieler, alte Spieler: Die sind alle willkommen. Wenn das passiert, wird die Liga besser», sagte der 38 Jahre alte Portugiese.

Saudi-Arabien hofft auf WM 2030

Natürlich geht es nicht vorrangig um die Liga, sondern eher um die globale Perspektive im Sport. Saudi-Arabien hofft – gemeinsam mit Ägypten und Griechenland – die Fußball-WM 2030 auszurichten. Das ist das wichtigste sportpolitische Ziel des Kronprinzen und faktischen Herrschers des Landes, Mohammed bin Salman. Ein Formel-1-Rennen, Box-Weltmeisterschaften und eigene Golf-Serie sowie 2029 die Asien-Winterspiele finden bereits dort statt. Doch der Fußball spielt eine noch viel bedeutendere Rolle.

Der Staat macht kein Geheimnis daraus, die ambitionierten Vorhaben großzügigst zu alimentieren. Die Vereine Al-Nassr (mit Ronaldo), Al-Hilal (womöglich bald mit Messi), Al-Ittihad (mit Benzema) sowie der Meister der zweiten Liga, Al-Ahli, gingen erst am Montag mehrheitlich in die Hand eines saudischen Staatsfonds über. Dieser hatte vor zwei Jahren bereits federführend den Premier-League-Club Newcastle United übernommen. 

Die Vereine wurden also in Unternehmen umgewandelt. Ziel sei auch, damit die saudischen Clubs attraktiver für internationale Stars zu machen. Dem saudischen Königshaus war es in den vergangenen Jahren besonders lästig, dass ausgerechnet Katar dem großen Nachbarn in der internationalen Sportpolitik den Rang abgelaufen hat. Das soll sich nun – wo die WM in Katar Geschichte ist – ändern. In der Liga des Emirats spielten zwar zeitweise Xavi Hernandez und Raúl – eine Ansammlung derart klangvoller Namen, wie sie nun in Saudi-Arabien möglich erscheint, gab es in Katar aber nie.

200 Millionen Euro pro Jahr

Kronprinz bin Salman versprach zugleich, die Saudi Pro League unter die zehn besten weltweit zu bringen. Superstar Ronaldo kann sich da sogar noch ehrgeizigere Ziele vorstellen. «Meiner Meinung nach, wenn sie die Arbeit fortsetzen, kann die saudische Liga in fünf Jahren unter den besten fünf Ligen der Welt sein», sagte der Portugiese, der nach eigenen Angaben ein weiteres Jahr für Al-Nassr spielen wird. 

Wie mächtig die Inszenierungen in dem Golfstaat werden können, zeigte bereits seine Vorstellung rund um den Jahreswechsel. Für Benzema und vor allem für Messi könnte es in diesem Sommer ein ähnliches Brimborium geben. Doch nicht nur der Show-Faktor ist hoch, sondern erst recht die Gehälter. 

Ronaldos 200 Millionen pro Jahr dürften bei Messi, der bereits jetzt Tourismus-Botschafter für Saudi-Arabien ist, noch deutlich getoppt werden. Für Benzema scheint die Aussicht auf 100 Millionen Euro pro Jahr reizvoller als weitere Titelchancen mit Real Madrid. Ronaldo (38), Messi (35) und Benzema (35) sind zwar allesamt nicht mehr die jüngsten, gehören aber neben ihrem Wert als eigene Marke auch sportlich noch immer zum Kreis der internationalen Spitze.

Um ihr Image scheinen sie sich bei einem Wechsel nach Saudi-Arabien nicht zu sorgen. Kritiker werfen dem Land nämlich vor, mit dem Engagement im Profisport den eigenen Ruf aufpolieren zu wollen. Unter bin Salman hat sich das konservative Königreich gesellschaftlich zwar geöffnet und gewährt etwa Frauen mehr Freiheiten. Zugleich werden Gegner der Regierung weiter mit aller Härte verfolgt. US-Geheimdienste machen den Kronprinzen auch für den brutalen Mord an dem regierungskritischen saudischen Journalisten Jamal Khashoggi in der saudischen Botschaft in Istanbul verantwortlich.

Von Patrick Reichardt und Cindy Riechau, dpa

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