Als die ersten Tränen getrocknet waren, fand auch Alexandra Popp ein paar Worte zur bitteren wie spektakulären Niederlage des VfL Wolfsburg gegen den FC Barcelona.
«Ziemlich leer» fühle sie sich, sagte die deutsche Fußball-Nationalspielerin nach nervenaufreibenden 90 Minuten plus Nachspielzeit zum 2:3 (2:0). «Zum größten Teil» seien sie selbst daran schuld, «dass wir die Spiele verloren haben», sagte die 32 Jahre alte Kapitänin und meinte neben dem Champions-League-Finale in Eindhoven auch einige vermeidbaren Pleiten in der Bundesliga. «Einfach, weil wir in entscheidenden Phasen die Fehler machen oder nicht richtig da sind.»
Doch nur mit den eigenen Patzern war die vierte Wolfsburger Niederlage in einem Finale der Königsklasse nicht zu erklären. Vielmehr hing das Scheitern mit einer überragenden Barça-Elf zusammen, die den mächtigen Silberpokal mehr erspielte denn erzwang, mit Passqualität, Beinschüssen, Finten – einer Leichtigkeit also, die die ganze Schwere des deutschen Kraftfußballs offenbarte. «Es ist schon so, dass der spanische Fußball sehr technisch ist – mit kurzen Pässen, auch sehr schön, sehr präzise», sagte TV-Expertin Almuth Schult der Deutschen Presse-Agentur. «Diese Präzision und diese Effektivität im Passspiel, die ist bei Barça höher als bei Wolfsburg.»
«Wir haben ein wahnsinnig tolles Spiel gesehen»
Dass sich Barcelonas Trainer den Luxus gönnte, die zweimalige Weltfußballerin Alexia Putellas erst kurz vor Spielende einzuwechseln, erzählte viel über ein durchweg grandioses Finale, zunächst geprägt von deutscher Effizienz und schließlich vom spanischen Zauber. «Wir haben ein wahnsinnig tolles Spiel gesehen», urteilte VfL-Trainer Tommy Stroot, der Wert darauf legte, dass sein Team daran auch beteiligt gewesen sei. «Das war vor allem Werbung für den Frauenfußball.»
Neben der viel gerühmten spanischen Fußball-Schule sind es allerdings auch die finanziellen Unterschiede, die Barcelona befähigen, einen solch dominanten Stil auf den Platz bringen zu können. Schult und Stroot wiesen darauf hin, dass es eben auch ehemalige Wolfsburgerinnen sind, die bei Barcelona den Takt mit angeben. Caroline Hansen etwa, die das erste Tor brillant vorlegte und immer wieder über den rechten Flügel angerauscht kam, spielte von 2014 bis 2019 für den VfL. Ebenso Siegtorschützin Fridolina Rolfö, die zwischen 2019 und 2021 für Wolfsburg auflief.
FC Barcelona feiert zweiten Königsklassen-Titel
Deren Erfahrung und Klasse sorgten mit dafür, dass Stroot mit der verpassten Titelchance haderte. «Das tut schon extrem weh, wenn man sehr viel richtig gemacht hat», sagte er. «Wir hatten Barça genau da, wo wir sie haben wollten.» Ewa Pajor, die Torschützenkönigin dieses Wettbewerbs, mit ihrem neunten Turniertor (3. Minute) und Popp (37.) hatten dem VfL zur Pause ein 2:0-Polster beschert. «Wir hatten natürlich schon das Gefühl, dass wir Barcelona mehr oder weniger im Griff hatten», sagte Popp. Ein trügerisches Gefühl. Patricia Guijarro (48./50.) und Rolfö (70.) schossen ihr Team zum zweiten Königsklassen-Titel nach 2021. Wolfsburg verpasste nach 2013 und 2014 Triumph Nummer drei.
Grämen wollte sich im Lager des VfL deshalb niemand so richtig. Das Erreichen des Finales sei «ein Riesending» gewesen, meinte Stroot. Es werde in Zukunft «nicht unbedingt leichter ins Finale zu kommen, wenn man sieht, was international so passiert.» Clubs wie Barcelona, Chelsea oder Arsenal gelten als finanzkräftiger und investitionsfreudiger als Wolfsburg, weitere könnten nachziehen. Der Rummel wird größer, der Frauenfußball ist klar im Aufwind. Auch diese Botschaft schwebte über dem erinnerungswürdigen Endspiel von Eindhoven.