Für Kapitänin Alexandra Popp und die DFB-Frauen setzte es im zweiten WM-Gruppenspiel eine überraschende Niederlage. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Sebastian Christoph Gollnow/dpa)

Martina Voss-Tecklenburg gratulierte fair den feiernden Kolumbianerinnen. Der angestrengte Blick der Bundestrainerin verriet viel über die Stimmungslage an diesem gebrauchten Sonntag bei den deutschen Fußballerinnen.

Statt den Einzug ins Achtelfinale vorzeitig perfekt zu machen, kassierte die DFB-Auswahl in Sydney ein 1:2 (0:0) gegen die Südamerika-Vizemeisterinnen und muss um das Weiterkommen zittern. Immerhin: Ein Sieg am Donnerstag gegen Südkorea führt sicher in die K.-o.-Runde.

«Es ist einfach mega bitter»

«Es ist einfach mega bitter», sagte Kapitänin Alexandra Popp in der ARD. «Wir hatten das Spiel eigentlich grundsätzlich im Griff.» Es habe «vielleicht der letzte Mut Richtung Tor gefehlt, das letzte Eins-gegen-Eins zu gewinnen». Es sei «aber noch nichts verloren». Voss-Tecklenburg äußerte, die Niederlage tue «brutal weh, aber das ist jetzt so».

Kolumbiens Superstürmerin Linda Caicedo (52. Minute) und Manuela Vanegas (90.+7) rissen die deutschen Fans unter den 40.499 Zuschauern aus allen Träumen. Den zwischenzeitlichen Ausgleich erzielte Popp in der 89. Minute per verwandeltem Foulelfmeter. Die DFB-Auswahl tat sich in der Partie insgesamt schwer, konnte sich nur wenige zwingende Chancen erspielen. 

«Was für ein Spiel! Ihr habt wirklich alles gegeben und hart gekämpft», twitterte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock nach der ersten deutschen Niederlage in einer WM-Gruppenphase seit 1995. «Kopf hoch! Beim nächsten Gruppenspiel gegen Südkorea läuft es wieder besser.»

Weiterkommen in der eigenen Hand

Nach dem überraschenden 1:0 Marokkos gegen Südkorea wenige Stunden zuvor hätte die deutsche Auswahl in der Gruppe H den vorzeitigen Einzug ins Achtelfinale klarmachen können. Immerhin haben die DFB-Frauen das Weiterkommen aber noch in der eigenen Hand. Als Gruppenerster würden sie zum Achtelfinale am 5. August nach Melbourne reisen, als Zweiter nach Adelaide. Mögliche Gegnerinnen sind Frankreich, Brasilien oder Jamaika.  

Mit einem Strandspaziergang hatte der Tag für die DFB-Auswahl begonnen. Im Stadion ging es für die Vize-Europameisterinnen gleich richtig zur Sache. Zumal die Fans aus Kolumbien in eindeutiger Überzahl waren und einen Höllenlärm veranstalteten.  

In der personell gebeutelten deutschen Abwehr ersetzte Chantal Hagel die verletzte Stammkraft Felicitas Rauch (Knie-Stauchung) als Linksverteidigerin. Die künftige Wolfsburgerin (bisher TSG Hoffenheim) bekam es bei ihrem internationalen Turnier-Debüt aber nicht wie erwartet mit Kolumbiens Toptalent Caicedo zu tun: Die Angreiferin von Real Madrid, die vor drei Tagen im Training einen Schwächeanfall erlitten hatte, stürmte auf links.

Die sehnlichst zurückerwartete Lena Oberdorf zeigte von Anfang an, weshalb sie als Mittelfeld-Abräumerin so wichtig ist und störte immer wieder den Spielaufbau der «Caféteras». Zu spät kam die deutsche Defensive in der Startphase bei einem Kopfball von Marja Ramirez knapp am deutschen Tor von Merle Frohms vorbei. Danach stand die Viererkette aber erst mal, auch wenn Abwehrchefin Marina Hegering erneut fehlte.     

Längere Behandlung bei Popp

Nach einer Viertelstunde musste Popp plötzlich länger behandelt werden: Ein Check von Carolina Arias hatte den EM-Star in die Rippen getroffen. Kurz darauf lag Lina Magull am Boden – so bekamen die deutschen Frauen schnell die befürchtete Härte der Kolumbianerinnen zu spüren. Bayern-Ass Magull hatte dann das 1:0 auf dem Fuß, traf aber im Strafraum den Ball nicht (22.). Nach einem abgefälschten Schuss von Oberdorf hätte auch Popp die Führung erzielen können: Bei ihrer Direktabnahme flog der Ball aber über die Latte.

«Das ist ein Auswärtsspiel, definitiv. Der letzte Pass hat noch bei uns gefehlt, um gefährlich ins letzte Drittel zu kommen», sagte Joti Chatzialexiou, Leiter Nationalmannschaften beim DFB, zur Halbzeit beim übertragenden Sender ARD und prophezeite für den zweiten Durchgang: «Alex trifft mit Sicherheit auch in der zweiten Halbzeit das Tor.» Ihre ersten beiden Turniertreffer gegen Marokko hatte sie vor der Pause erzielt. 

Mit der bis dahin so überzeugenden Doorsoun fiel dann die nächste Abwehrakteurin aus: Die Frankfurterin musste wegen einer Muskelverhärtung durch Sjoeke Nüsken ersetzt werden. Da musste sich das deutsche Team kurz neu sortieren – und fing sich prompt das 0:1 ein. Caicedo ging zwischen den so erfahrenen Huth und Sara Däbritz durch und schlenzte den Ball in den spitzen Winkel.           

Auf Kolumbiens Trainerbank machten die Assistenten Angelo Marsiglia und Manuel Abadiá Luftsprünge: Chefcoach Nelson Abadía musste das letzte Spiel seiner Sperre auf der Tribüne absitzen und erlebte von oben weiter eine packende Partie. Auch zu seinem Schrecken lag Caicedo kurz vor Schluss offenbar geschwächt auf dem Rasen, machte aber weiter.  

Die deutsche Elf verstärkte den Druck. Wie so oft in den vergangenen Monaten fehlte die letzte entschlossene Aktion – bis Oberdorf von Torhüterin Catalina Pérez gelegt wurde und Popp den fälligen Strafstoß verwandelte. Der Treffer reichte dennoch nicht zum Sieg: Vanegas traf per Kopf nach einer Ecke.

Von Ulrike John, Michelle Ostwald und Jan Mies, dpa

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