Bereits in der Gruppenphase ist Schluss: Alexandra Popp und Melanie Leupolz (r) nach dem 1:1-Remis gegen Südkorea. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Sebastian Christoph Gollnow/dpa)

Um den Titel wollten die deutschen Fußballerinnen bei der Weltmeisterschaft mitspielen. Doch für das Team von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg war in Australien bereits nach der Vorrunde und dem 1:1 gegen Südkorea Endstation.

Die Schwierigkeiten und Schwächen haben sich schon länger abgezeichnet, die gewachsene Stärke der Konkurrenz ebenso. Gründe für das frühe Aus des Weltmeisters von 2003 und 2007:

Angriffsschwäche:

Die einstige Offensivspielerin Voss-Tecklenburg konnte ihrem Team vorn zu wenige Lösungen vermitteln. Fehlende Präsenz im Strafraum und mangelnde Torchancen machten sich bei vielen Spielen seit der EM bemerkbar. Dabei hat die DFB-Auswahl in Kapitänin Alexandra Popp vom VfL Wolfsburg und Lea Schüller vom FC Bayern zwei internationale Topstürmerinnen.

Doch die Außen Klara Bühl und Jule Brand kamen zu selten durch und von den Mittelfeldspielerinnen Lina Magull und Sara Däbritz zu wenig Impulse. Selbst vier Tore von Popp, die sich für ihre Mannschaft aufrieb, in drei Spielen reichten am Ende nicht.

Ausfälle in der Defensive:

Abwehrchefin Marina Hegering konnte nach ihrer langwierigen Fersenverletzung erst im letzten Gruppenspiel eingreifen. Vor dem Turnier fielen die Außenverteidigerinnen Giulia Gwinn und Carolin Simon (beide FC Bayern) mit Kreuzbandrissen aus. Während der WM verletzten sich Sara Doorsoun und Felicitas Rauch. So wackelte die Hintermannschaft bei der WM mitunter wie im letzten Testspiel vor dem Turnier gegen Sambia (2:3).

Fehlende interne Konkurrenz:

Im Vergleich zur EM 2022 waren nur drei Feldspielerinnen zum WM-Kader gestoßen: Melanie Leupolz nach ihrer Babypause, Sjoeke Nüsken und Chantal Hagel. Leupolz war schon 2013 Europameisterin und 2016 Olympiasiegerin mit der DFB-Auswahl. Nüsken (beide FC Chelsea) und Hagel (VfL Wolfsburg) gehörten vor England zum erweiterten Aufgebot. Vielversprechende Nachrückerinnen gab es nicht.

Zudem hat die Bundestrainerin auf vielen Positionen die Rollen klar aufgeteilt – in Stammkraft und Backup. So können sich Routiniers wie Sara Däbritz, Magull oder Kathrin Hendrich ihrer Plätze sicher sein. Eine Offensivspielerin wie die Frankfurterin Laura Freigang, die sich eher als Spielmacherin sieht, hat im 4-3-3-System der Bundestrainerin keinen Platz. Die Bundesliga gibt derzeit zudem auch wenig Toptalente her wie die bereits etablierten Wolfsburgerinnen Jule Brand (20) und Lena Oberdorf (21).

Abstellungsärger mit dem FC Bayern:

Der deutsche Meister ließ seine Nationalspielerinnen erst fünf Tage später zur ersten WM-Vorbereitung nach Herzogenaurach anreisen, dabei hatten die Wolfsburgerinnen als Champions-League-Finalist eine längere Saison. So konnten Magull, Schüller, Bühl und Sydney Lohmann auch nicht beim Testspiel gegen Vietnam eingesetzt werden. Der Zoff wird erst recht nach dem frühen Ausscheiden noch nachhallen.

Internationale Entwicklung:

Dass andere Nationen derartige Riesensprünge gemacht haben und Teams wie Jamaika und Südafrika im Achtelfinale stehen, überraschte selbst Experten. «Der Frauenfußball hat sich so entwickelt in den letzten Jahren. Früher gab’s ja gefühlt nur Deutschland. Wir haben einen EM-Titel nach dem anderen gewonnen und mittlerweile ist es eben nicht mehr so einfach», hatte DFB-Mittelfeldspielerin Melanie Leupolz gesagt. So zeigten die Kolumbianerinnen mit ihrem energiegeladenen Fußball dem deutschen Team die Grenzen auf – und selbst die bis dato tor- und punktlosen Südkoreanerinnen.

Teamgeist:

Der «EM-Flow», von dem viele in England gesprochen hatten, ließ sich nicht auf die WM übertragen. «Jedes Turnier schreibt seine eigene Geschichte», hatte Popp gewarnt und wollte nichts mehr von der Europameisterschaft wissen. Der Rückschlag gegen Kolumbien zog die Stimmung nach unten, das abgelegene WM-Quartier tat sein Übriges: Schon beim ersten Spiel gegen Marokko in Melbourne waren die Spielerinnen froh, aus der «Einöde» (Lena Lattwein) von Wyong rauszukommen. Auch wenn der DFB ein Freizeitprogramm bastelte: Ein Base Camp direkt am Rande einer der pulsierenden Großstädte Australiens hätte die lange Zeit seit der Anreise am 12. Juli vereinfacht.

Von Ulrike John, dpa

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