Alexandra Popp stürmt weiter für den VfL Wolfsburg. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Sebastian Gollnow/dpa)

Die Frage nach einem Rückschlag nach der verkorksten Weltmeisterschaft in Australien und Neuseeland beschäftigt die gesamte Frauen-Bundesliga.

Mit vielen Fragezeichen starten die Fußballerinnen um Titelverteidiger FC Bayern München und Champions-League-Finalist VfL Wolfsburg am Wochenende in die neue Saison. «Ich glaube nicht, dass so etwas passiert wie nach der WM 2011 in Deutschland, auch weil die Mannschaft bis zum letzten Moment ihren Willen gezeigt hat. Aber es könnte passieren, dass die Euphorie etwas gebremst wird, die seit der Europameisterschaft im letzten Jahr in Gang gekommen ist», urteilte Ex-Nationaltorhüterin und TV-Expertin Almuth Schult im «11 Freunde»-Interview.

Der Boom nach der erfolgreichen EM in England könnte erst mal gestoppt werden. Die Frauen des FC Bayern haben am Freitag jedenfalls ein Problem – den FC Bayern. Während das Meisterteam von Trainer Alexander Straus um 18.15 Uhr (ZDF/DAZN und MagentaSport) die Bundesliga-Saison vor etwa 10.000 Fans beim SC Freiburg eröffnet, empfangen die Männer aus München knapp zwei Stunden später Tabellenführer Leverkusen zum Spitzenspiel. Das branchenübliche Getöse rund um die Männerpartie droht den Saisonauftakt der Fußballerinnen in der öffentlichen Wahrnehmung völlig zu verschlingen.

Gebremste Euphorie

Eine Sorge, die auch mit dem Vorrunden-Aus des deutschen Teams bei der WM zu tun hat. 2011 bei der Heim-WM hatte es mit dem Viertelfinal-K.o. gegen den späteren Weltmeister Japan ebenfalls eine herbe Enttäuschung gegeben.

«Natürlich hätte eine deutlich erfolgreichere WM sicherlich nicht geschadet, was die Euphorie im Frauenfußball-Umfeld angeht, auch im Hinblick auf den ersten Spieltag», sagte Ralf Zwanziger, Leiter des Mädchen- und Frauenfußballförderzentrums der TSG 1899 Hoffenheim: «Man spürt halt keinen Schub.»

Kein WM-Titel, kein Boom, keine Aufmerksamkeit? Vielleicht eine zu einfache Rechnung. Denn die Liga wächst, mancherorts moderat, andernorts deutlich. So verweist der Deutsche Fußball-Bund (DFB) auf die massiv gestiegenen Zuschauerzahlen in der vergangenen Saison – von nicht einmal 1000 Fans im Schnitt auf über 2700. «Wir glauben daran, dass es eine absolute nachhaltige Entwicklung ist», sagte Manuel Hartmann, Geschäftsführer Spielbetrieb beim DFB. Viel erhoffen sich alle Verantwortlichen vom neuen Titelsponsor der Liga (Google Pixel) und vom neuen, bis 2027 laufenden Fernsehvertrag mit gleich drei Anbietern (Sport1, DAZN, MagentaSport). Auch ARD und ZDF übertragen öfter als bisher. Erstmals gibt es dabei Montagabendspiele.

Vizemeister VfL Wolfsburg mit DFB-Kapitänin Alexandra Popp hat die Zahl der verkauften Dauerkarten aus dem Vorjahr fast verdoppelt – von 1000 auf 1800. Eintracht Frankfurt, im Vorjahr Dritter, weiß nun mindestens 658 Dauerkarten-Inhaber hinter sich. In der vergangenen Saison waren es 500. Und der Dorfclub Hoffenheim, zuletzt Vierter? Verkündete zumindest eine gewisse Stabilität. 103 verkaufte Dauerkarten habe man abgesetzt.

Ticket-Nachfrage höher

«Ich glaube, das hat gar keine Auswirkungen», sagte Bayern-Trainer Straus zum WM-Desaster. Die Nachfragen nach Tickets seien viel höher gewesen als im vergangenen Jahr. «Dieser Zug hat den Bahnhof verlassen und Fahrt aufgenommen. Ich bin stark davon überzeugt, dass ein Schlagloch, wie es jetzt Deutschland und auch andere Länder bei der WM erlebt haben, die Bewegung nicht stoppen wird», erklärte der Coach aus Norwegen.

Glücklich machen soll die Vereinsbosse erneut das Konzept der sogenannten Highlight-Spiele: Für ausgewählte Bundesliga-Partien ziehen die Clubs von ihren kleinen in große Stadien der Männer. Damit das auch alle mitbekommen, wird vorab fleißig Werbung gemacht. In der vergangenen Saison klappte das hervorragend: 38.365 Fans stellten beim Spiel 1. FC Köln – Eintracht Frankfurt einen Liga-Rekord auf. Tobias Trittel vom VfL Wolfsburg, Vorsitzender des DFB-Ausschusses Frauen-Bundesligen, schaut «unheimlich positiv» auf die neue Runde und glaubt, «dass die WM erst mal keine großen Einschnitte auf unsere Liga haben wird.»

Aber es gibt auch skeptische Stimmen. «Mir wäre es wichtiger, dass man irgendwann mal dahinkommt, dass Frauenfußball so angenommen und angesehen wird, dass zum Beispiel zu einem Heimspiel wie jetzt gegen Duisburg 1500 bis 2000 Zuschauer kommen – ohne, dass man dafür besondere Dinge tun muss», sagte Zwanziger, der sich mehr Nachhaltigkeit wünscht: «Da wäre ich glücklicher drüber als über ein Highlight-Spiel mit 10.000 Fans, die dann beim nächsten Mal nicht mehr kommen.»

Die DFB-Verantwortlichen hatten schon unmittelbar nach dem WM-Aus der Auswahl von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg geahnt, dass dies für die Liga ein Rückschlag sein könnte. «Wir haben eine große Chance verpasst, für die neuen Generationen Vorbilder zu schaffen durch einen Erfolg hier bei diesem Turnier», sagte Joti Chatzialexiou, Leiter Nationalmannschaften, damals in Australien.

Von Ulrike John und David Joram, dpa

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