Frustriert: BVB-Coach Edin Terzic (M) und Neuzugang Niclas Füllkrug. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Bernd Thissen/dpa)

Neuzugang Niclas Füllkrug werden die Ohren gedröhnt haben wie nie in seiner Profi-Karriere. Für seine neuen Kollegen von Borussia Dortmund wartete nach dem gellenden Pfeifkonzert der Südtribüne die mindestens genauso eindeutige Kritik ihrer Bosse.

Trainer Edin Terzic bohrte nach dem unnötigen 2:2 (2:0) gegen Neuling 1. FC Heidenheim, das den Fehlstart des Vizemeisters perfekt machte, sogar in der immer noch klaffenden Wunde des verspielten Meistertitels, um seine schludrigen Profis wachzurütteln.

«Haben gespürt, wie weh es tut»

«Wir haben gespürt, wie weh es tut, wenn man es am Ende nicht schafft, das aufzuholen, was in der Hinrunde liegengeblieben ist», sagte der 40-Jährige: «Wir haben uns deshalb vorgenommen, dass wir diesmal gut starten, dass wir nicht so viele Punkte liegen lassen, um nicht wieder eine Aufholjagd starten zu müssen. Und jetzt passiert uns das wieder.»

So wird das auch in dieser Saison nichts mit dem Meistertitel, den der BVB am letzten Spieltag im Mai gegen Mainz noch in den Händen wähnte. Das weiß auch Terzic. «Wenn wir damit nicht aufhören, wird es sehr schwer sein, irgendwann mal was zu feiern», sagte er. Und war auch deshalb so verärgert, weil die glücklich zustande gekommene 2:0-Führung durch Julian Brandt (7.) und Emre Can (15., Handelfmeter) nicht durch Pech verspielt wurde.

Er habe schon in der eigentlich souveränen ersten Halbzeit «einige Anzeichen» gesehen, sagte Terzic und erinnerte an «Ballverluste mit der Hacke 30 Meter vor dem eigenen Tor». Später habe sein Team «komplett die Struktur und die Positions-Disziplin aufgegeben. Am Ende haben wir uns größtenteils selbst geschlagen». Den Gegner so aufzubauen und solche Fehler zu machen, seien «einfach Dinge, die uns nicht passieren dürfen, wenn wir die ganz großen Ambitionen haben wollen. Spitzenmannschaften passieren solche Dinge nicht. Uns passieren sie wiederholt. Wir gehen jetzt mit kompletter Frustration nach Hause. Und dann werden wir die Lehren draus ziehen. Mit jeder Konsequenz.»

Kehl bemängelt Sorglosigkeit

Sportchef Sebastian Kehl erklärte kurz darauf, er habe noch nicht mit Terzic gesprochen, doch seine Worte waren fast dieselben. «Mit welcher Sorglosigkeit wir das Spiel aus der Hand geben, darf solch einer Mannschaft nicht passieren», sagte Kehl und spannte den Bogen über den gesamten Saisonstart mit dem glücklichen 1:0 gegen Köln und dem 1:1 in Bochum. Statt mit fest eingeplanten neun Punkten aus dem dankbaren Startprogramm geht der BVB nun mit fünf Zählern und einer Menge Frust in die Länderspiel-Pause.

«In Summe der drei Spiele ist das viel zu wenig für die Ansprüche, die wir haben», sagte Kehl: «Da müssen wir mit den Spielern drüber reden. Es waren einfach zu viele Dinge dabei, die auf diesem Niveau nicht passieren dürfen.» Nach den Treffer von Eren Dinkci (61.) und Tim Kleindienst (82., Foulelfmeter) «hätten wir auch noch verlieren können», wie Kehl eingestand.

Ein Großteil der BVB-Spieler reist nun zu den Nationalteams, «deshalb haben wir nicht wahnsinnig viel Zeit, die Dinge aufzuarbeiten», erklärte der Sportchef: «Aber danach erwartet uns eine intensive Zeit. Da müssen wir uns schnellstmöglich berappeln.» Freiburg, Paris Saint-Germain, Wolfsburg, Hoffenheim und Union Berlin heißen die nächsten Gegner.

Füllkrug-Euphorie schnell verflogen

Gegen Heidenheim verglühte letztlich auch die Euphorie um den tags zuvor verpflichteten Niclas Füllkrug. Der wurde bei seiner Einwechslung in der 78. Minute euphorisch empfangen. Als er mit seinem neuen Team erstmals vor die Südtribüne trat – nach effektiv 20 Minuten ohne Torschuss – hallten ihnen ohrenbetäubende Pfiffe entgegen. Der Empfang der Fans sei «grandios» gewesen, sagte der Bundesliga-Torschützenkönig: «Schade, dass das etwas verpufft ist.»

Die Pfiffe seien aber «ein Stück weit verdient» gewesen, sagte Füllkrug. Und sein Coach, der einst selbst auf der Südtribüne stand, wurde noch deutlicher. «Ich kann sowohl die Wut als auch die Frustration komplett verstehen, denn ich verspüre sie genauso», sagte Terzic. Bis zum Schlusspfiff sei die Unterstützung «bedingungslos» gewesen: «Aber wenn wir es nicht schaffen, die Menschen, die uns so unterstützen, glücklich zu machen, dürfen wir uns nicht beschweren, wenn es umschlägt und negativ wird.»

In Dortmund müssen sie nun aber aufpassen, dass die gesamte Stimmungslage nicht zu negativ wird.

Von Holger Schmidt, dpa

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