Xavi Simons (M) sorgte mit einem sehenswerten Schuss für die Leipziger Führung. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Andreas Gora/dpa)

Das dürfte auch Leonardo Bonucci noch nicht erlebt haben. Trotz der ersten Heim-Niederlage in der Liga seit 19 Monaten wurden der italienische Europameister und seine neuen Kollegen beim 1. FC Union Berlin nach dem 0:3 (0:0) gegen RB Leipzig von ihren Fans minutenlang gefeiert.

Als sich der Leipziger Fanblock schon geleert hatte, standen die Union-Profis um Neuzugang Bonucci noch vor der Waldseite und wurden vom Anhang besungen. «Das ist einmalig. Da fällt mir kein anderer Verein ein, wo das nur ansatzweise so ähnlich ist, wie bei uns», sagte Nationalspieler Robin Gosens bei DAZN. «Mir tut es leid, dass wir die Fans für die Stimmung heute nicht belohnen konnten.» Der Sieg der Gäste sei aber verdient.

Denn auf dem Feld hatte RB durch einen Kunstschuss von Xavi Simons (51. Minute) und einen Doppelschlag von Benjamin Sesko (85., 87.) sein Union-Trauma überwunden und auch die beeindruckende Heimserie der Berliner beendet. Die Sachsen setzten sich nach zuletzt fünf Niederlagen gegen die Eisernen in der Liga durch. «In der Alten Försterei 3:0 zu gewinnen, auch in der Art und Weise, das war schon beeindruckend», sagte RB-Sportvorstand Max Eberl. «Wir hatten das Gefühl, der letzte Pass muss noch kommen. Dann haben wir uns mit schönen Toren belohnt am Ende.»

Rose: «Wichtig, hier in Führung zu gehen»

Es war die erste Niederlage von Union im Stadion an der Alten Försterei nach 24 Ligaspielen. Kurios: Auch bei der bislang letzten Niederlage, dem 0:3 gegen Borussia Dortmund im Februar 2022, hieß der Gästetrainer Marco Rose.

«Es war wichtig, hier in Führung zu gehen, weil es Union auch immer wieder versteht, solche engen Spiele über eine Situation für sich zu entscheiden», sagte Rose nach der Partie. Auch Benjamin Henrichs war zufrieden: «Es ist nicht einfach, hier zu spielen. Aber es spricht auch für uns, wie wir gespielt haben. Es war ein reifer Auftritt.»

RB verhinderte durch den Erfolg einen Liga-Fehlstart und kletterte vor der Länderspielpause mit dem zweiten Saisonsieg auf den vierten Tabellenplatz vor den Berlinern. Vor 22.012 Zuschauern in der ausverkauften Arena sah Union-Stürmer Kevin Volland (64.) nach einem Foul an Mohamed Simakan die Rote Karte.

Bonucci stimmungsvoll empfangen

Für Union endete eine weitere enorm ereignisreiche Woche mit einem Rückschlag, dabei hatte der Fußball-Sonntag stimmungsvoll begonnen. Der erste große Applaus brandete schon fast 90 Minuten vor dem Spiel von den bereits anwesenden Union-Fans auf. Bonucci betrat erstmals an einem Spieltag den Rasen im Stadion an der Alten Försterei – auch wenn er am Ende nicht zu seinem Debüt kam. Der italienische Europameister ist Symbol, praktisch das I-Tüpfelchen für den rasanten Aufstieg der Eisernen in die kontinentale Fußball-Elite.

«Zwicken» müsse man sich zwar nicht, meinte Club-Chef Dirk Zingler vor dem Anpfiff am DAZN-Mikrofon, aber «besonders» sei diese Woche schon gewesen, mit Real Madrid als zugelostem Champions-League-Gegner, Robins Gosens als erstem aktuellen DFB-Nationalspieler und eben Bonuccis Ankunft von Juventus Turin.

Kaum nennenswerte Chancen in Halbzeit eins

Von der Bank sah Bonucci ein Spiel der Kategorie Abtasten. Der gegenseitige Respekt war spürbar. Die Sachsen ließen sich nicht wie bei vergangenen Auftritten von Union überrumpeln. Die Räume wurden zugestellt, vorne auf eine Chance gelauert, in diesem Konzept war wieder kein Platz für Timo Werner.

Beide Mannschaften wurden in der ersten Hälfte kaum gefährlich. Nach der Pause schlenzte Simons den Ball dann aus rund 18 Metern gefühlvoll ins Union-Tor. Es war die erste Lücke in der Berliner Abwehr.

Union reagierte hektisch und unglücklich. Volland traf Simakan von hinten mit einer Grätsche. Schiedsrichter Daniel Schlager zückte die Rote Karte. Union fand in Unterzahl kein Mittel mehr, die Niederlage abzuwenden. In der Schlussviertelstunde wurde es vorübergehend still im Stadion wegen eines Notarzteinsatzes im Gästeblock. Sesko sorgte mit seinen ersten beiden Bundesligatoren für die Entscheidung.

Von Arne Richter, dpa

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