Trainer Steffen Baumgart steckt mit dem 1. FC Köln in der Krise. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Marius Becker/dpa)

Steffen Baumgart wirkte zermürbt und ratlos wie nie. Die letzten Sekunden beim 0:2 gegen den VfB Stuttgart verfolgte der Trainer des 1. FC Köln starr in seiner bekannten Sumo-Ringer-Pose mit den Händen auf den Knien. Beim Abpfiff schüttelte er nur kurz den Kopf und verharrte noch einige Sekunden.

Schon während des Spiels hatte man den emotionalen Coach ungewohnt oft hadernd gesehen. Immer wieder strich er sich durch den Bart oder zog die Schiebermütze vom Kopf und fuhr sich über die Haare.

Dass sie nur einen Punkt aus sechs größtenteils ordentlichen Bundesliga-Spielen geholt haben, stellt in Köln derzeit viele vor ein Rätsel. «Ich will auch nicht jede Woche das Gleiche erzählen», sagte Baumgart: «Es ist eine beschissene Situation für uns alle, wenn du einen solchen Aufwand betreibst und dich nicht mal annähernd belohnst. Da ist es nicht immer einfach, die richtigen Worte zu finden.»

Kampfansage von Baumgart

Die fand er aber kurz darauf ebenso wieder wie seinen Kampfgeist, mit dem der Coach seit mehr als zwei Jahren in Köln vorangeht. «Ich stelle mich hier nicht hin und haue auf alles drauf. Aber ich rede auch nix schön», sagte Baumgart: «Da steht nur ein Punkt, das ist Fakt. Aber wir werden uns nicht verstecken. Wir werden weiter den Arsch hochnehmen und um jeden Zentimeter und um die nötigen Punkte kämpfen.»

Worauf der Trainer aktuell vertrauen kann: Die Stimmung im sensiblen FC-Umfeld ist noch nicht gekippt. Zwar begann auf den Sitzplätzen nach dem 0:2 durch Stuttgarts Doppel-Torschützen Deniz Undav (88.) eine für Kölner Verhältnisse ungewohnte Tribünen-Flucht. Doch während der Partie gab es trotz der dritten Niederlage im dritten Heimspiel quasi keine Pfiffe, nach dem Spiel wurde die Mannschaft vor der Südkurve sogar ausgiebig gefeiert.

«Es freut mich, dass die Jungs Mut zugesprochen bekommen haben», sagte Baumgart: «Einen anderen Weg gibt es im Moment auch nicht.» Doch auch der Trainer weiß: Im Oktober steht die bedingungslose Unterstützung auf dem Prüfstand. Nun folgen die Derbys bei Tabellenführer Leverkusen und gegen Mönchengladbach, für die Fans ohnehin die wichtigsten Spiele der Saison. Danach folgt die Auswärts-Aufgabe in Leipzig.

Unterstützung für den Trainer

«Ob der Support weiter gut bleibt, hängt davon ab, wie die Jungs auf dem Platz arbeiten», sagte Baumgart. Doch unabhängig von der Leistung: Sollte der FC auch nach neun Spielen bei einem Punkt stehen, dürfte es richtig ungemütlich werden in Köln. Wenn auch für Baumgart nur bedingt persönlich, denn der Coach scheint weiter unantastbar.

Unterstützung bekam er am Samstag auch von seinem Stuttgarter Kollegen Sebastian Hoeneß. «Ich habe im Vorfeld viele Kölner Spiele gesehen», sagte er: «Alle waren eng. Es gab nur ein Spiel, wo ich gesagt habe, es geht in Ordnung, dass sie keine Punkte holen. Das hat sich wieder bestätigt. Das war heute ein richtig glücklicher Sieg.»

Doch die Frage ist: Tun sich in Köln viele nicht zu leicht, wenn sie die Ergebnisse mit Pech und mangelnder Effizienz begründen? Oder ist es nicht viel mehr doch eine Qualitätsfrage? Klar ist: Die Derbys sind in der aktuellen Situation ein Risiko – aber eben auch eine Gelegenheit als Stimmungs-Aufheller. «Wir sind beim FC. Wir wissen alle, was die Derbys den Menschen bedeuten», sagte Stürmer Davie Selke: «Ich glaube, das ist auch eine Chance, eine Menge wieder gutzumachen.»

Sportchef Christian Keller ergänzte. «Grundsätzlich ist jedes Spiel eine Chance. Und so gehen wir sie auch an.» Und mit Blick auf das Auswärtsspiel beim derzeit überragenden Nachbarn Bayer Leverkusen merkte er an: «Letztes Jahr haben wir da gewonnen. Und vorletztes Jahr auch.»

Von Holger Schmidt, dpa

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