Die Hertha befindet sich nach dem unerwarteten Tod von Präsident Kay Bernstein in einer Schockstarre. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Soeren Stache/dpa)

In der Geschäftsstelle steht ein gerahmtes Bild von Kay Bernstein. Die blaue Trainingsjacke, das Markenzeichen des plötzlich gestorbenen Präsidenten von Hertha BSC, hängt über eine Seite.

Fans legen Blumen ab, sie stellen Kerzen auf. Tränen fließen. Es herrscht Stille, als die Mannschaft auf den Platz kommt. Es ist die erste öffentliche Einheit nach der schrecklichen Nachricht – nach dem Tod von Bernstein mit nur 43 Jahren. Rund 80 Fans sind da. Den Spielern, Trainer Pal Dardai und Sportdirektor Benjamin Weber ist der schwere Schlag auch anzusehen.

Zwischen Anteilnahme und Schockstarre muss der Fußball-Zweitligist versuchen, sich auf die kommenden sportlichen Aufgaben vorzubereiten. Der Rückrunden-Auftakt der Berliner im Olympiastadion am Sonntag gegen Fortuna Düsseldorf (13.30 Uhr) wird ergreifend, bewegend, er wird hochemotional. Club und Fans werden Bernstein ehren. Dazu rechnet Hertha auch mit großem Zuspruch aus dem Rest von Deutschland.

Boateng und Leistner ehren den Präsidenten

Die Anteilnahme blieb auch am Mittwoch groß. Hertha-Urgestein Kevin-Prince Boateng schrieb in einer Instagram-Story: «Rest in Heaven Kay.» Kapitän Toni Leistner teilte ebenfalls eine Nachricht: «Wir werden Hertha zu dem machen, wie du sie dir vorgestellt hast. Eine ehrliche Einheit, WIR-Gefühl und vor allem eine Familie.»

Publikumsliebling Fabian Reese erinnerte sich an Augenblicke mit dem Clubchef: «Diese wertvollen Momente sind ein Kapitel in meinem Herzen – ab heute mit einem goldenen Schloss versehen und dankbar diese erlebt haben zu dürfen.» In zahlreichen Nachrufen wurde Bernstein als leidenschaftlicher Kämpfer für seinen Club sowie einen gerechteren und ehrlicheren Fußball im Allgemeinen gewürdigt.

Der Berliner Weg soll bleiben

Auch wenn Bernstein etwa mit dem Verkauf zusätzlicher Anteile an 777 Partners oder dem Einstieg eines Wettanbieters als Hauptsponsor auch umstrittene Entscheidungen traf – «Realpolitik» wie er es selbst einmal nannte – war er beim Anhang der Hertha äußerst beliebt. Es war maßgeblich der Verdienst des ehemaligen Ultras, dass die Hertha nach Big-City-Club-Irrungen langsam wieder zu ihren Wurzeln als nahbarer und bodenständiger Verein zurückfand. Ein Club für alle Berliner und Berlinerinnen, wie der Präsident es sich erhoffte.

Der Berliner Weg, den er ausrief, das Setzen auf junge Talente und Identifikationsfiguren sowie die finanzielle Erholung, soll erhalten bleiben. Vize-Präsident Fabian Drescher rückt vorerst zum Interims-Präsidenten auf. Ob Drescher bis zu den turnusmäßigen Neuwahlen im Oktober bleibt oder es auf der Mitgliederversammlung im Frühjahr vorgezogene Neuwahlen gibt, ist bislang nicht geklärt. Weiter handlungsfähig ist das Präsidium, die Zahl an Mitgliedern ist ausreichend.

Todesursache könnte sich Donnerstag klären

Die bisher unbekannte Ursache für Bernsteins Tod könnte sich bald klären. In Brandenburg, wo der Clubchef nah am Berliner Stadtrand wohnte, wurde ein Todesermittlungsverfahren eingeleitet. Am Donnerstag soll die Leiche von Bernstein in der Rechtsmedizin obduziert werden, wie eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Frankfurt/Oder der dpa bestätigte. Es sei dann auch schon mit ersten Ergebnissen zu rechnen, ob Bernstein eines natürlichen oder unnatürlichen Todes gestorben sei. Zuvor hatte die «Berliner Morgenpost» berichtet.

Dies sei ein Standardvorgang, wenn die Todesursache unklar sei, sagte eine Sprecherin der Polizei zuvor. Hinweise auf einen Suizid oder eine Fremdeinwirkung lägen derzeit nicht vor.

Thomas Flehmer und David Langenbein, dpa

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