Die ukrainische Nationalmannschaft widmet ihren EM-Einzug allen Ukrainern. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Czarek Sokolowski/AP/dpa)

In der Kabine der erschöpften, aber überglücklichen und stolzen Ukrainer nahm Verbandschef Andrij Schewtschenko nach der geschafften EM-Qualifikation jeden Einzelnen in den Arm.

«Ihr seid Prachtkerle», betonte die Fußball-Ikone des kriegsgeplagten Landes: «Die Leute, welche die Ukraine an der Front verteidigen, Ihr habt ihnen ein kleines Stückchen Glück gegeben.»

Er dankte den Spielern, die seit dem Angriff Russlands ihre Länderspiele nicht mehr in der Heimat austragen können, die mit der Angst um Freunde und Familien leben müssen. Er dankte Trainer Serhij Rebrow mit einer besonders innigen und langen Umarmung. «Jeder versteht, wie wichtig dieser Sieg ist», sagte der 49 Jahre alte Coach seinerseits.

Der Dank vom Präsidenten der Ukraine

Er selbst war in seiner Profi-Karriere mit unter anderem 75 Länderspielen gleich mehrfach in den EM-Playoffs mit der Ukraine gescheitert, aber 2006 bei der WM-Teilnahme in Deutschland dabei gewesen. Nun wird er als Trainer der Ukraine an der EM teilnehmen. Im Juni vergangenen Jahres hatte er den Posten übernommen, sein Vertrag soll bis nach der WM 2026 gültig sein.

«Sowohl vor als auch nach den Spielen haben wir gesagt, dass diese Siege unserem Land, unserem Volk und den Verteidigern gelten, die unsere Freiheit verteidigen», sagte Rebrow nach dem 2:1 über Island in Breslau. Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine seit über zwei Jahren kann die Nationalmannschaft zuhause nicht mehr spielen und muss auf Stadien in anderen Länder ausweichen.

Wie sehr der erneute Einzug der Ukraine in die EM-Endrunde – der vierte in Serie – aber vor allem in der Heimat für Glücksmomente sorgte, machte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj schon kurz nach dem Spiel deutlich. «Danke, Jungs!! Danke, Team!» schrieb er auf Telegram und Instagram: «Für überwältigende Emotionen für das ganze Land. Für den überwältigenden Sieg und den Einzug in Euro.»

Faeser: Deutsche Sicherheitsbehörden gut auf Ukraines EM-Einzug vorbereitet

Von der EM-Teilnahme der Ukraine gehe ein Zeichen aus, das weit über den Sport hinaus reiche, betonte auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). «Die Ukraine gehört zu Europa. Wir stehen fest an der Seite der Ukraine. Wir schützen in Deutschland 1,1 Millionen Menschen, die vor Putins mörderischem Angriffskrieg geflüchtet sind. So wie viele Ukrainerinnen und Ukrainer werden sie mit ihrem Nationalteam mitfiebern», sagte sie und versicherte der Deutschen Presse-Agentur, dass die deutschen Sicherheitsbehörden gut vorbereitet seien auf die Teilnahme der Ukraine. «Wir werden alles tun, um auch das ukrainische Team und die Fans zu schützen.»

In der EM-Endrunde wird die Ukraine in der Gruppe E spielen. Das erste Match steht am 17. Juni an, Gegner wird Rumänien sein. Die weiteren Kontrahenten: Slowakei und Belgien. Nach dem Aus in der Vorrunde bei der Heim-EM mit Polen 2012 und in Frankreich vier Jahre später scheint das Erreichen der K.o.-Runde durchaus möglich. 2021 bei der EM waren die Ukrainer – unter dem Trainer Schewtschenko – sogar unter die besten Acht gekommen und erst im Viertelfinale an England gescheitert.

«Wir widmen diesen Erfolg allen Ukrainern»

«Wenn die Ukrainer es schwer haben, sie aber nicht aufgeben und weiterkämpfen, dann siegen die Ukrainer unausweichlich», schrieb Selenskyj zum erneuten Erreichen der Endrunde. Wie schon im vorangegangenen Playoff-Spiel gegen Bosnien und Herzegowina waren die Ukrainer auch gegen Island in Rückstand geraten und siegten durch ein Tor in den Schlussminuten.

Als es geschafft war, ließen sie sich von den 30 000 Fans im Stadion feiern. Sie reihten sich auf dem Mittelkreis auf und klatschten rhythmisch mit ihren Anhängern. «Es ist ein großartiges Gefühl. Ich bin sehr glücklich, weil ein weiterer Traum wahr geworden ist», betonte Nationalspieler Oleksandr Zinchenko vom FC Arsenal. Er sei stolz auf diese Mannschaft. «Wir haben sehr gute Spieler und nun die Gelegenheit, das bei der EM zu zeigen», erklärte der 27-Jährige: «Wir widmen diesen Erfolg allen Ukrainern.»

Von Jens Marx, Andreas Stein und Max Haupt, dpa

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