Nach einem Instagram-Beitrag zum Ramadan fühlt sich Nationalspieler Antonio Rüdiger verleumdet. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Arne Dedert/dpa)

Nationalspieler Antonio Rüdiger und der Deutsche Fußball-Bund gehen juristisch gegen den Journalisten Julian Reichelt vor. Der Ex-Chefredakteur von Deutschlands größter Boulevardzeitung «Bild» hatte vor dem Länderspiel der deutschen Mannschaft gegen die Niederlande Kritik an einer Geste von Rüdiger geäußert.

In seinem Beitrag am 11. März hatte der praktizierende Muslim ein Foto von sich im weißen Gewand auf einem Gebetsteppich gepostet. Der Zeigefinger seiner rechten Hand zeigt nach oben. «Möge der Allmächtige unser Fasten und unsere Gebete annehmen», schrieb der 31-Jährige als Gruß zum Ramadan. Der Fastenmonat läuft in diesem Jahr vom 10. März bis zum 9. April.

Nach Meinung Reichelts, inzwischen beim Portal «Nius» tätig, hat Rüdiger mit dem erhobenen Zeigefinger eine islamistische Geste gezeigt. Gegen diese Darstellung wehren sich der Profi von Spaniens Rekordmeister Real Madrid und der DFB nun mit rechtlichen Mitteln.

Strafanzeige bei Staatsanwaltschaft

Der Abwehrspieler fühlt sich durch die Kritik Reichelts verunglimpft und verleumdet. Er hat deshalb Strafanzeige bei der Berliner Staatsanwaltschaft gestellt, der Verband hat die Angelegenheit bei der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt/Main gemeldet. 

Das Rüdiger-Management und der DFB bestätigten der Deutschen Presse-Agentur die Anzeigen. Zuerst hatte die «Bild» berichtet. Die Strafanzeige gegen Reichelt liegt dpa vor. Bei der Anzeige geht es um Beleidigung beziehungsweise Verleumdung, verhetzende Beleidigung und Volksverhetzung. Rüdiger selbst wollte sich zu der Angelegenheit nicht äußern.

Die Diskussion um Rüdigers zwei Wochen alten Post war von Reichelt kurz nach dem von der Terrororganisation Islamischer Staat für sich reklamierten Anschlag in Moskau ausgelöst worden. Der Journalist blieb bei seiner Bewertung der Geste Rüdigers und erklärte auf X (früher Twitter): «Auch und gerade weil es um einen beliebten Nationalspieler geht, darf man sich nicht einschüchtern lassen. (…) Was Antonio Rüdiger und der DFB hier anwenden, sind Einschüchterungsmethoden.»

Zur Erklärung und Bedeutung der von Rüdiger gezeigten religiösen Geste schrieb das Bundesinnenministerium auf Anfrage: «Der sog. ‚tauhid‘-Finger gilt im Islam als Symbol der Einheit und Einzigartigkeit Gottes. Die Geste ist unter Musliminnen und Muslimen auf der ganzen Welt verbreitet.»

Innenministerium: Als Glaubensbekenntnis zu verstehen

Nach Einschätzung des Ministeriums ist der sogenannte «tauhid»-Finger als Glaubensbekenntnis zu verstehen und insofern mit Blick auf die öffentliche Sicherheit als unproblematisch einzuordnen. «Dies gilt unabhängig von der Tatsache, dass islamistische Gruppen dieses Symbol vereinnahmen und für ihre Zwecke missbrauchen.»

Insofern könne das Zeigen des «sogenannten ‚tauhid‘-Fingers in bestimmten Kontexten als Zeichen einer salafistischen bzw. islamistischen Radikalisierung angesehen werden, wenn Akteure sich bewusst dieser Mehrdeutigkeit bedienen.» Hier komme es auf die Betrachtung im Einzelfall an.

Die Oberstaatsanwaltschaft Frankfurt/Main betonte, dass es sich bei der Meldung des DFB bei der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität nicht um eine Strafanzeige im klassischen Sinne handele. Die ZIT habe im Rahmen der Kooperation mit dem Verband gegen Hasspostings im Internet («Hate Speech») eine Meldung des Verbandes zu Tweets entgegengenommen, die Bezug auf einen Instagrampost von Rüdiger nehmen. Dies sagte ein Sprecher der Behörde der dpa. Nähere Angaben zu dem konkreten Fall könne man nicht machen.

Bei der Abarbeitung entsprechender Meldungen im Rahmen der Kooperation mit dem DFB prüft die ZIT zunächst eine mögliche strafrechtliche Relevanz der gemeldeten Äußerung und führt, wenn diese gegeben ist, die Ermittlungen zur Identifizierung der Tatverdächtigen. Die ZIT ist erster Ansprechpartner des Bundeskriminalamtes für Internetstraftaten bei noch ungeklärter örtlicher Zuständigkeit in Deutschland oder bei Massenverfahren gegen eine Vielzahl von Tatverdächtigen bundesweit.

Auch schon bei U17-WM ein Thema

Um ausgestreckte Zeigefinger war es auch bei der U-17-Weltmeisterschaft Ende vergangenen Jahres gegangen. Unter einem vom DFB geposteten Bild mit Charles Herrmann, Almugera Kabar, Paris Brunner (alle Borussia Dortmund) und Fayssal Harchaoui (1. FC Köln) hatten Hass-Kommentare gestanden.

Das Bild der vier späteren Weltmeister war am 21. November nach dem 3:2-Sieg im Achtelfinale der U17-Weltmeisterschaft gegen die USA aufgenommen worden. Zwei Spieler zeigten jeweils ihren rechten Zeigefinger, aber nicht wie Rüdiger nach oben gerichtet.   

Der DFB verurteilte damals rassistische Beleidigungen und Anfeindungen. «Wir sind stolz auf die Vielfalt in unserer U 17, die in Indonesien gerade ihr Herz auf dem Platz lässt. Der Einsatz für Vielfalt ist fest in der DFB-Satzung verankert – ebenso wie die Werte Toleranz und Respekt», schrieb der Verband auf der offiziellen Facebook-Seite der DFB-Junioren.

Ferner hieß es: «Wenn ihr diese Werte nicht teilt, dann entfolgt uns gern. Diskriminierende und rassistische Kommentare haben hier keinen Platz und werden dementsprechend gelöscht. Gegen beleidigende Inhalte werden wir rechtlich vorgehen.»

Claas Hennig, dpa

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