Die Spieler des FC Bayern bedanken sich nach dem Sieg gegen den 1. FC Köln bei den Fans. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Tom Weller/dpa)

Als die Bayern-Stars nach dem mühsamen Liga-Sieg gegen Köln ohne den verletzt abtransportierten Kingsley Coman noch einmal als deutscher Fußball-Meister vor die Fankurve traten, hallten ihnen lautstarke «Europapokal»-Rufe entgegen.

Das Ende der elfjährigen Meister-Ära? Egal! In München sprach nach dem 2:0 (0:0) gegen den 1. FC Köln keiner mehr groß über die bevorstehende Entthronung als Serienchampion nach elf Titeln am Stück durch den neuen Dominator Bayer Leverkusen im Alltagsgeschäft Bundesliga. 

Es dreht sich vielmehr alles nur noch um eines: Mittwoch, 21.00 Uhr, Champions League, Viertelfinal-Rückspiel gegen den FC Arsenal. Der größte aller Vereinstitel ist noch drin. Und als Seismograf für große Fußball-Abende und spezielle Bayern-Momente eignet sich keiner besser als der zweimalige Champions-League-Gewinner Thomas Müller, der gegen Arsenal seinem 150. Einsatz in Europas Königsklasse entgegenblickt. 

Müller: «Hey, hier geht es um etwas ganz Wichtiges»

«Man hat, als wir vor der Fankurve standen, die Energie der Jungs und Mädels gesehen. Die fiebern dem Mittwoch enorm entgegen. Genauso wie wir auch! Da hat man schon erkannt, hey, hier geht es um etwas ganz Wichtiges», sagte der 34-Jährige mit leuchtenden Augen. 

Und Thomas Müller wäre nicht Thomas Müller, wenn er als kluger Fußball-Experte die mögliche Angriffsfläche beim Gegner nicht spätestens nach dem ermutigenden 2:2 im Hinspiel in London benennen könnte. «Die Mannschaft von Arsenal ist sehr gut. Aber sie ist nicht so Europapokal-erfahren wie Real Madrid oder Manchester City, sowohl von Trainerseite als auch den Akteuren», referierte Müller in der Allianz Arena beim Vergleich der vom 42-jährigen Mikel Arteta angeleiteten Gunners mit den möglichen Halbfinalgegnern. 

Gegen Arsenal «den Allianz-Arena-Moment erwischen»

Und darum geht Müllers Arsenal-Drehbuch so: «Wenn wir am Mittwoch diesen Allianz-Arena-Moment erwischen…» Genau dann müsse man da sein, sagte Müller: «Wir sind bereit, glaube ich.» Auch wenn es beim zähen Zwischenspiel gegen Köln mit dem Traumtor von Raphael Guerreiro und Müllers 2:0 in der Nachspielzeit in etlichen Spielmomenten anders aussah. 

Aber das entschuldigte Trainer Thomas Tuchel, der wegen einer Gelb-Sperre die Partie aus einer Stadion-Loge verfolgen musste. «Zwischen zwei wichtigen Spielen ist es manchmal von der Konzentration nicht ganz einfach, das höchste Level abzurufen. Das war auch kennzeichnend für das Spiel», sagte Tuchel. Die Bayern schlossen vorne viel zu häufig unkonzentriert ab. Und hinten ließen sie mehrere Kölner Torchancen zu. Unter dem Strich sicherten die Bayern aber drei wichtige Punkte für die Champions-League-Teilnahme.

Coman-Pech verstärkt Debatte über Muskelverletzungen

In der Aufarbeitung der Partie stand jedoch die krasse Verletzungsserie in dieser Saison im Mittelpunkt – und ihr Einfluss auf das Arsenal-Spiel. Mehr als 20 Muskelblessuren sind schon zusammengekommen. Nach Serge Gnabry in London erwischte es nur vier Tage später Offensivkollege Kingsley Coman mit einem Muskelbündelriss im Oberschenkel. Auch der 27-jährige Franzose ist damit wochenlang und natürlich auch für das Spiel gegen Arsenal raus.

Tuchel sprach von einem «dicken Wermutstropfen». Müller fühlte als Beobachter der Unglücksszene aus nächster Nähe «selber Schmerzen». Alle im Verein, Trainerteam, Bosse, Ärzte, Physiotherapeuten sind längst alarmiert, auch wenn Tuchel kein Verletzungsmuster sieht. Zu viel Training? Zu wenig Training? Liegt es am Rasen? «Wir diskutieren das intern, woran es liegen könnte. Es ist keine gute Situation», sagte Sportdirektor Christoph Freund.

Neuer und Sané wohl startklar

Tuchel ist als Problemlöser gefragt, auch gegen Arsenal. «Du möchtest Alternativen haben, eine gute Bank. Vielleicht müssen wir 120 Minuten spielen», sinnierte er. «Serge und King hätten uns gutgetan», weiß Müller, der nun in die Startelf rutschen sollte. Freund hatte immerhin die gute Nachricht parat, dass der gegen Köln wegen eines Adduktoren-Risikos vorsichtshalber geschonte Kapitän Manuel Neuer und wohl auch der in London so stark spielende Tempodribbler Leroy Sané trotz Schambein-Problemen wieder auflaufen können. 

Richtig liegen muss Tuchel auch hinten. Wer hält Arsenals Wirbelwind Bukayo Saka in Schach? Alphonso Davies ist nach Gelb im Hinspiel gesperrt. Als linken Außenverteidiger testete Tuchel gegen Köln Noussair Mazraoui, der zwar Rechtsfuß ist, die Position aber aus Marokkos Nationalelf kennt. Mazraoui war die fehlende Spielpraxis deutlich anzumerken.

Die Alternative wäre Linksfuß Guerreiro, der aber gegen Köln im Mittelfeld auflief und vor allem offensiv auftrumpfte, vor allem mit seinem Kunstschuss zum 1:0. Mazraoui sei «einen Tick defensivstärker als Rapha», bemerkte Tuchel. Noch hat er Zeit bis Mittwoch.

Von Klaus Bergmann und Christian Kunz, dpa

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