Am Samstag muss Union gegen Freiburg gewinnen, um noch die Chance auf den direkten Klassenerhalt zu haben. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Federico Gambarini/dpa)

Für ihre emotionale Motivationsrede vor dem Abstiegs-Endspiel wählte die Clubführung des 1. FC Union Berlin einen fast schon kitschigen Ort. Direkt an der Spree stimmten Manager Oliver Ruhnert und Kapitän Christopher Trimmel die gesamte Mannschaft, Präsident Dirk Zingler und Vereinsmitarbeiter auf das entscheidende Spiel gegen den SC Freiburg am Samstag (15.30 Uhr/Sky) ein. «Bei Union geht’s nur gemeinsam», wiederholten alle Beteiligten gebetsmühlenartig und schworen sich so auf das Saisonfinale ein. Die Floskeln der direkten Konkurrenten aus Bochum, Mainz und Köln klangen ähnlich.

Aus dem Unioner Fußball-Märchen, das mit dem Bundesliga-Aufstieg begann und mit der Champions-League-Qualifikation im Vorjahr seinen Höhepunkt fand, ist längst ein Albtraum geworden. Nach teils blutleeren Auftritten haben die Eisernen den direkten Klassenerhalt nicht mehr in eigener Hand. Als Tabellen-16. muss Union (30 Punkte) am Samstag gewinnen und gleichzeitig auf einen Mainzer (32) oder Bochumer (33) Patzer hoffen. 

Elversberg statt Real Madrid?

Selbst der direkte Abstieg droht den Berlinern noch. Verfolger Köln ist in Lauerstellung und hat nach drei Spielen ohne Niederlage den Relegationsrang fest im Blick. «Eigentlich waren wir tot. Und auf einmal lebst du wieder», hatte Verteidiger Dominique Heintz nach dem Last-Minute-Sieg gegen Union am vergangenen Spieltag gesagt. Plötzlich herrscht wieder große Zuversicht beim FC. Die Aussicht auf das Rheinderby in der Relegation gegen Fortuna Düsseldorf dürfte Extra-Motivation geben. «Die Mannschaft ist positiv und voller Energie», schicke FC-Trainer Timo Schultz als warnende Botschaft an die Konkurrenz.

Doch Unions Interimstrainer Marco Grote will sich nicht einschüchtern lassen. «Angst? Habe ich keine», entgegnete der 51-Jährige. Nach glanzvollen Champions-League-Reisen ins ehrfürchtige Madrider Santiago Bernabéu drohen den Unionern Auswärtsfahrten nach Fürth oder Elversberg. Es wäre der wohl schlimmste Bundesliga-Absturz seit 55 Jahren. Den ungebremsten Fall von der Königsklasse in die 2. Liga gab es noch nie. Vergleichbar wäre allenfalls der Abstieg des 1. FC Nürnberg vor 55 Jahren als Deutscher Meister. 

«Erfundene Söldnerwarnung»

Union ist nicht mehr Union. Weder auf noch neben dem Platz. Leblose Auftritte wie gegen die Bayern und verschenkte Siege wie zuletzt in Köln machen wenig Hoffnung auf den Klassenerhalt. Die Unioner Gier, die dem Verein aus dem Berliner Osten in der Vergangenheit zu vielen Arbeitssiegen geführt hatte, scheint wie weggeblasen. 

Hinzu gesellen sich für Berliner Verhältnisse ungewöhnlich viele Nebenschauplätze. So sahen sich Kapitän Trimmel und Rani Khedira vor dem Abstiegs-Endspiel gezwungen, öffentlich auf einen Medienbericht zu reagieren. Dieser hatte suggeriert, dass sich die Führungsspieler über fehlenden Teamgedanken bei einigen Mitspielern beschwert hätten. «Von Unterstellungen wie dieser erfundenen Söldnerwarnung werden wir uns als Team nicht auseinandertreiben lassen», stellten Trimmel und Khedira klar. Unnötige Unruhe, die im Verein vor dem Abstiegsfinale niemand gebrauchen kann. 

Trimmels Treuebekenntnis

Der einzige Lichtblick rund um das Stadion An der Alten Försterei war in dieser Woche die Vertragsverlängerung von Trimmel. Coach Grote hofft, dass das Treuebekenntnis des Österreichers die Mannschaft zusätzlich motiviert. «Zehn Jahre Unioner. Viel mehr Zeichen geht ja nicht. Für ihn, für uns alle, für alle bei Union. Gutes Zeichen», befand Grote.

Von Jordan Raza und David Langenbein, dpa

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