Die Fußball-Nationalmannschaft um Niclas Füllkrug (M.) will in Dortmund das Viertelfinale erreichen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Federico Gambarini/dpa)

Fan-Liebling Niclas Füllkrug beschwört den Mythos der Dortmunder Wand, auch wenn sie beim EM-Auftritt der Nationalelf farblich anders aussehen wird. «Ich hoffe, dass wir die Gelbe Wand weiß machen können», verkündete Lokalmatador Füllkrug vor dem Achtelfinale am Samstagabend (21.00 Uhr/ZDF und MagentaTV). In der K.-o.-Phase setzt das DFB-Team als Turnier-Gastgeber noch mehr als in der Vorrunde auf den Heimvorteil – und im Dortmunder Fußball-Tempel auf den nochmals spezielleren Publikumsjoker.

«Unser Ziel war es von Anfang an, Gruppenerster zu werden und in Dortmund zu spielen, egal gegen wen», berichtete DFB-Sportdirektor Rudi Völler. Die lautstarke Unterstützung von den Rängen soll das Team von Julian Nagelsmann förmlich in die nächste Runde tragen. «Jetzt ist K.-o.-System, jetzt zählt’s. Wir wollen natürlich ins Viertelfinale», sagte Völler.

Rüdiger dabei: Erst Adiletten, dann Fußballschuhe

Bevor der DFB-Tross am Freitag nach drei Bus-Reisen erstmals mit dem Flugzeug aus Nürnberg zum Spielort abheben wollte, wurde in Herzogenaurach an letzten Details des Dänemark-Matchplans gearbeitet. Die TV-Kameras und Foto-Objektive waren allerdings beim Abschlusstraining hauptsächlich auf einem Mann gerichtet: Antonio Rüdiger. Der Abwehrchef machte nach seiner Muskelzerrung auf dem Rasen mit, ohne Bandage am rechten Oberschenkel und ohne erkennbare Probleme.

Allerdings fand nur die Aufwärmphase unter Medienbeobachtung statt – und da geht es nicht um Zweikämpfe, Sprintduelle und 100-Prozent-Aktionen. Rüdiger schlurfte lässig in Adiletten zum Trainingsplatz, kickte dann ein wenig in Fußballschuhen mit Jamal Musiala, Ilkay Gündogan und Jonathan Tah, ehe die finale Übungseinheit richtig begann. Die Entscheidung über Rüdigers Einsatz wird Nagelsmann wohl erst am Spieltag fällen.

Schlotterbeck gewappnet: «Wissen Bescheid»

Bisher hat der Bundestrainer extern nicht über die Dänen gesprochen, sondern ausschließlich vor der Mannschaft. Im Geheimen hat der 36-Jährige über Taktik und Personal getüftelt. «Wir wissen Bescheid, wie wir Dänemark bespielen wollen», verriet Nico Schlotterbeck. Er wird den gesperrten Jonathan Tah in der Innenverteidigung ersetzen. Der Nebenmann wird Rüdiger sein. Oder EM-Neuling Waldemar Anton, der in der Gruppenphase noch keine Minute zum Einsatz kam.

Die zweite große Aufstellungsfrage neben Rüdiger bewegt die Fans vermutlich noch mehr. Bringt Nagelsmann seinen Top-Joker Füllkrug erstmals von Anfang an? Für Kai Havertz, der vor seinem 50. Länderspiel steht? Oder sogar zusammen mit Havertz?

Argumente für Füllkrug, aber auch Havertz

Für jede Option gäbe es gute Argumente. Am Ende aber entscheidet der Bundestrainer, wie er mit Füllkrug verfährt, nachdem dieser mit dem Last-Minute-Kopfball gegen die Schweiz massiv für sich werben konnte. «So ein kleiner Emotions-Explosionsmoment war nicht ganz verkehrt», bemerkte Nagelsmann zu Füllkrugs Kopfball in Frankfurt zum 1:1. Bislang hat der Bundestrainer beim Heimturnier sein Rollenprinzip konsequent durchgezogen.

Auf jeden Fall braucht es gegen die abwehrstarken Dänen gute offensive Lösungen. «Es ist eine sehr körperbetonte, robuste Mannschaft, die es jedem Gegner schwer macht, Chancen zu kreieren. Unglaublich kopfballstark – ein brandgefährlicher Gegner», urteilte Völler. Der Sportdirektor formulierte aber auch klar den eigenen Anspruch: «Den Optimismus und das Selbstvertrauen, dass wir in die nächste Runde einziehen wollen, haben wir.»

Spanien, Frankreich, Portugal und der Turnierbaum

Und natürlich geht der Blick insgeheim schon auf den weiteren Turnierbaum. Die große Europameister-Prüfung sind die während der Gruppenphase ungeschlagenen, aber zugleich auch sieglosen Dänen jedenfalls noch nicht. Das wäre ein Viertelfinalduell in Stuttgart mit den Spaniern, dem einzigen Team, das in der Gruppenphase alle drei Spiele gewinnen konnte.

Danach wäre auf dem Weg zum EM-Finale in Berlin ein mögliches Halbfinale in München gegen Frankreich oder Portugal denkbar. Völler wehrte sich, schon so weit vorauszudenken: «Wir tun alle gut daran, erstmal nur aufs Achtelfinale fokussiert zu sein.»

Ein Turnier-K.-o.-Spiel ist für etliche Akteure im deutschen Kader Neuland, übrigens auch für den jungen Bundestrainer. «Das Gesetz des Turniers ist, dass die Gegner tendenziell stärker werden», meinte Nagelsmann. Am besten folgt er dem Rat des Fußball-Weisen Völler, der als Spieler und DFB-Teamchef um die besondere Drucksituation der Alles-oder-nichts-Spiele weiß und darum auch eine Lösung parat hat: «Du musst einfach funktionieren.»

Von Klaus Bergmann und Arne Richter, dpa

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