Frankreichs Trainer Didier Deschamps bleibt trotz der bisher schwachen Leistungen seiner Mannschaft gelassen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Bernd Thissen/dpa)

Kylian Mbappé riss sich die Maske aus dem Gesicht und ließ sich von den französischen Anhängern feiern. Nach seinem ersten Turniertor bei der Fußball-EM in Deutschland war Frankreichs Superstar für einen Moment außer sich vor Freude – es blieb einer der wenigen glücklichen Momente für die Équipe Tricolore an einem ansonsten erneut enttäuschenden Vorrunden-Tag.

Zum Abschluss der Gruppenphase geben Frankreichs filigrane Fußballer nach wie vor ein rätselhaftes Bild ab. Dass diese mit vielen Edelkickern bestückte Mannschaft über eine unglaubliche Qualität verfügt, steht außer Frage. Es bleibt allerdings erstaunlich, wie wenig der Vize-Weltmeister davon auf den Platz bekommt.

Bitterer Nachgeschmack

Beim 1:1 gegen die bereits ausgeschiedenen Polen erspielten sich Mbappé und Co. zwar zahlreiche hochkarätige Chancen. Am Ende kam aber nur ein Elfmetertor von Mbappé heraus, der nach seinem Nasenbeinbruch in die Startelf zurückgekehrt war. Die Folge: Frankreich schloss die Gruppe D lediglich auf Platz zwei ab und befindet sich nun in der vermeintlich komplizierteren Turnierhälfte mit Portugal, Spanien und Deutschland. «Die Gruppenphase hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack», schrieb die Tageszeitung «Le Figaro».

Vielleicht auch deshalb verließ Mbappé das Dortmunder Stadion mit gesenktem Kopf. «Die Mannschaft weiß, dass sie in der Vorrunde nicht das Gesicht eines Titelanwärters gezeigt hat», analysierte die Sportzeitung «L’Équipe».

Deschamps gibt sich gelassen

Sein Trainer wirkte dagegen trotz der erneut viele Wünsche offen lassenden Vorstellung erstaunlich gelassen. «Ich bin überhaupt nicht enttäuscht», sagte der 55-Jährige nach dem tristen Vorrunden-Abschluss. «Wir sind jetzt da, wo wir sein wollten, im Achtelfinale. Unsere Gruppe war definitiv schwierig. Jetzt beginnt praktisch ein neuer Wettbewerb», sagte der Weltmeister-Coach von 2018.

«Die Eindrücke aus der Gruppenphase sagen in der K.-o.-Phase nicht mehr viel aus. Jetzt geht es um die Wurst. Jetzt kommen große Gegner», erklärte Deschamps. Der frühere Weltklassespieler setzt im Achtelfinale am Montag in Düsseldorf vor allem darauf, dass Superstar Mbappé besser mit der ungewohnten Gesichtsmaske zurechtkommt.

Gegen Polen wirkte der Neuzugang von Real Madrid anfangs noch gehemmt und ging den meisten Zweikämpfen aus dem Weg. «Er gewöhnt sich langsam an die Maske, aber es ist nicht so einfach. Wenn es heiß ist, läuft der Schweiß in die Augen. Für den weiteren Turnierverlauf war es wichtig, dass er es im heutigen Spiel testen konnte», sagte Deschamps.

Erste Zweifel in der Heimat

Als bedürfe es für seine Gelassenheit noch eines Beweises, gab der Coach seinem Starensemble am Mittwoch frei. Die Familien sollten ins Trainingscamp kommen, Erholen und Abschalten stand auf dem Programm. Am Donnerstag soll dann die Vorbereitung auf die K.-o.-Phase beginnen. «Ich bleibe positiv. Es ist ein neues Turnier, das für uns am 1. Juli beginnt», sagte Deschamps.

In der Heimat wachsen aber langsam die Zweifel an der Herangehensweise des Coaches. «Didier Deschamps kann sagen, was er will. Dass er nicht enttäuscht ist von dem Spiel. Besser noch: dass er sogar mit der Leistung seiner Männer gegen Polen zufrieden ist, das vor diesem Spiel bereits ausgeschieden war. Was auch immer der Trainer sagt, wir haben das Recht, das Gegenteil zu denken», schrieb «Le Figaro».

Lars Reinefeld und Jens Marx, dpa

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