Xherdan Shaqiri traf aus knapp 20 Metern zum Ausgleich. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Rolf Vennenbernd/dpa)

Traumtorschütze Xherdan Shaqiri hatte ein spitzbübisches Lächeln im Gesicht, als er vor dem Duell um den Gruppensieg gegen Deutschland eine kleine Kampfansage an den bereits fürs Achtelfinale qualifizierten EM-Gastgeber schickte.

«Da kommt ein anderes Kaliber auf uns zu mit dieser super Offensive und der Euphorie. Aber wir gehen mit Selbstbewusstsein in das Spiel und freuen uns alle darauf. Wir wollen die Deutschen natürlich ärgern, das ist klar», sagte der gefeierte Schweizer Ausgleichsschütze nach dem 1:1 (1:1) gegen Schottland mit Blick auf das Prestigeduell am Sonntag in Frankfurt. 

Schweiz praktisch schon weiter

Durch das Remis in Köln, das Shaqiri mit einem genialen Direktschuss aus knapp 20 Metern in den Winkel sicherte, können auch die Eidgenossen fast sicher für die K.o.-Runde planen. «Wir sind noch nicht ganz durch, aber nur einen kleinen Schritt davor», beschrieb der Schweizer Trainer Murat Yakin die Tabellenkonstellation in der Gruppe A treffend und versprach den Fans: «Wir werden uns definitiv qualifizieren.»

Schon ein Remis gegen die DFB-Auswahl reicht zum Weiterkommen. Selbst bei einer Niederlage wäre Platz zwei nur in Gefahr, wenn Schottland gegen Ungarn gewinnt und am Ende die derzeit um sechs Treffer schlechtere Tordifferenz gegenüber den Schweizern aufholt. Sollte dieser unwahrscheinliche Fall wirklich eintreten, könnten die Eidgenossen immer noch als einer der vier besten Gruppendritten ins Achtelfinale einziehen. Die bisher gesammelten vier Punkte reichten bei früheren Turnieren immer dafür aus.

Vorfreude auf Deutschland-Spiel

Mit solchen Zitter-Szenarien beschäftigen sich die Schweizer aber gar nicht. Im Gegenteil: Sie möchten einen Coup gegen den großen Nachbarn Deutschland landen. «Wir haben nicht den Druck, dass wir unbedingt gewinnen müssen. Es wird ein offenes und interessantes Spiel», prophezeite Yakin.

Die Favoritenrolle liegt beim Team von Bundestrainer Julian Nagelsmann, was den Schweizern recht ist. «Wir kennen die Mannschaft, da kommt viel Qualität auf uns zu», sagte Torwart Yann Sommer. «Das ist ein guter Gegner, spielerisch sehr stark. Wir werden uns gut darauf vorbereiten und bereit sein.»

Shaqiri-Tor verzückt alle 

Das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten ist groß bei den Schweizern, die zudem über viel individuelle Qualität in ihrem Kader verfügen. Bestes Beispiel ist Shaqiri, über den nach seinem Geniestreich gegen Schottland viele Lobeshymnen angestimmt wurden. «Das war ein besonderer Moment. Es war ein hervorragendes und wunderschönes Tor, mit dem Shaq der Mannschaft geholfen hat», sagte Yakin. 

Abwehrchef Manuel Akanji, der als bester Spieler der Partie ausgezeichnet wurde, staunte über die Aktion seines Teamkollegen: «Ich weiß nicht, wie viele aus unserer Mannschaft dieses Tor so schießen könnten. Aber er hat das Selbstvertrauen, um aus dieser Position abzuziehen.» 

Torwart Sommer räumte ein, dass er Shaqiri den Kunstschuss nicht zugetraut hatte. «Zuerst habe ich gedacht: Warum schießt du? Bitte nicht. Aber es ist halt Shaq.» Und selbst Schottlands Trainer Steve Clarke zollte dem 32 Jahre alten Offensivspieler die verdiente Anerkennung. «Wenn dort ein anderer Spieler gestanden hätte als Shaqiri, wäre es kein Tor geworden. Das sagt alles über seine Klasse aus», sagte Clarke über den Profi, der seit mehr als zwei Jahren in der Major League Soccer bei Chicago Fire sein Geld verdient.

Bestmarke als Zugabe

Mit seinem Traumtor avancierte Shaqiri zum ersten europäischen Profi, der bei allen sechs Fußball-Großturnieren seit der WM 2014 ein Tor erzielte. Dieses Kunststück schaffte bisher nicht einmal Portugals Superstar Cristiano Ronaldo, der im EM-Verlauf aber noch nachziehen kann. 

«Das ist schon sehr speziell. Ich bin stolz darauf», sagte Shaqiri über den Rekord und fügte hinzu: «Es ist immer ein sehr schönes Gefühl, wenn ich für mein Land ein Tor erziele.» Das möchte der frühere Bundesliga-Profi des FC Bayern München gegen Deutschland erneut auskosten. Auch wenn er weiß: «Das wird ein richtiger Härtetest für uns.»

Von Eric Dobias und Thomas Eßer, dpa

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