Die Türkei kann sich bei der EM in Deutschland auf viel Unterstützung freuen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Federico Gambarini/dpa)

Offiziell gibt es bei der Europameisterschaft nur einen Gastgeber. Ein Heimspiel-Gefühl werden aber nicht nur die deutschen Fußball-Nationalspieler genießen. «Die Türkei wird bei der EM eine Heimspielatmosphäre haben», sagt Salih Özcan im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. «Man hat in Berlin beim Spiel gegen Deutschland im November schon gesehen, was da los sein kann. Das war ein kleiner Vorgeschmack, sage ich mal», ergänzt der türkische Nationalspieler von Borussia Dortmund und lächelt.

Getragen von Zehntausenden enthusiastischen Fans besiegte die Türkei die DFB-Elf damals mit 3:2. Auch bei der EM will die Mannschaft von Trainer Vincenzo Montella überraschen und die Fans in der Türkei und die zahlreichen türkischstämmigen Menschen in der Bundesrepublik gleichermaßen begeistern.

Özcan: Euphorie wird uns pushen

«Für die türkischen Fans, die hier leben, ist das etwas ganz Besonderes, die Nationalmannschaft hier vor Ort und so nah bei sich zu haben», sagt Özcan, dessen Team Quartier im niedersächsischen Barsinghausen bezieht. «Die Türkei ist generell ein sehr euphorisches Land, vor allem was die Nationalmannschaft betrifft. Das werden wir Spieler spüren. Das wird uns pushen.»

Rund 2,9 Millionen Menschen mit türkischem Migrationshintergrund leben in Deutschland. Özcan ist einer von ihnen. Der Sohn türkischer Eltern ist in Köln geboren und aufgewachsen. Mit der deutschen U21 wurde er 2021 Europameister, seit 2022 spielt er für die A-Nationalmannschaft der Türkei.

Der 26-Jährige ist bei Weitem nicht der einzige türkische Nationalspieler mit einem speziellen Bezug zu Deutschland. Defensivspieler Kaan Ayhan kommt aus Gelsenkirchen, Kenan Yildiz sowie Can Uzun sind in Regensburg geboren und Inter-Mailand-Star Hakan Çalhanoğlu stammt aus Mannheim.

Spielorte bereiten sich vor – Türkische Musiker in Dortmund

«Deutschland ist auch für mich immer noch Heimat, nicht nur geografisch, sondern auch kulturell», sagte Ayhan jüngst dem Magazin «11Freunde». Und Özcan erklärt: «Wir haben sehr viele deutschsprachige Spieler in der türkischen Nationalmannschaft und ich glaube, wirklich alle freuen sich. Für sie ist die EM ja auch ein Stück weit wie nach Hause kommen. Viele Familien der Spieler leben ja auch noch in Deutschland.» Er selbst habe zahlreiche Ticketwünsche von Familienmitgliedern und Freunden erhalten und für die Gruppenspiele gegen Georgien, Portugal (beide in Dortmund) und Tschechien (in Hamburg) insgesamt 150 Eintrittskarten angefragt.

Auch die Spielorte bereiten sich auf zahlreiche türkische Anhänger vor. Im Dortmunder Westfalenpark treten rund um das erste türkische Spiel gegen Georgien (18. Juni, 18 Uhr) der türkische Musiker Kadr und die Band Engin auf. Die Polizei Dortmund will bei der EM nach eigenen Angaben möglichst auch auf Türkisch über notwendige Vorkehrungsmaßnahmen und Gefahren offen und transparent informieren. Mit größeren Problemen rechnet sie aktuell aber nicht.

Nur positive Euphorie oder auch «Feuer unterm Hintern»?

«Eine besondere Gefährdungsbewertung, die von den Bewertungen anderer Länderspiele abweicht, liegt für die türkischen Spiele nicht vor», teilte die Dortmunder Polizei auf dpa-Anfrage mit. «Wir gehen davon aus, dass die in Dortmund und Umgebung lebenden Deutsch-Türken rege an den Angeboten teilnehmen werden. In der Vergangenheit hat es bei Fußballspielen mit türkischer Beteiligung spontane Siegesfeiern und Auto-Corsos gegeben. Auch hier können wir spontan auf derartige Entwicklungen reagieren.»

Auf dem Platz soll die zu erwartende Euphorie die Spieler nicht hemmen. «Ich persönlich genieße die Euphorie», sagt Özcan. «Natürlich herrscht dann auch Druck. Das Land ist groß und mit der Nationalmannschaft sind viele Hoffnungen verbunden. Wenn es dann nicht gut läuft, kriegst du dementsprechend auch mal Feuer unterm Hintern, auf gut Deutsch gesagt. Bei uns überwiegt aber ganz klar die Vorfreude auf die Fans und das Gefühl, auch eine Heim-EM zu haben.»

Von Thomas Eßer, dpa

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