Die Spieler von Bayer Leverkusen sind nach dem Spiel niedergeschlagen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Bernd Thissen/dpa)

José Mourinhos erster Weg führte zu Xabi Alonso. Der Startrainer der AS Rom tröstete mit einer herzlichen Umarmung seinen ehemaligen Spieler, dann rannte er mit erhobener Siegerfaust in die Kurve und rüttelte ausgelassen am Fangzaun.

Am römischen Abwehr-Bollwerk von Meister-Taktiker Mourinho ist Bayer Leverkusens Traum vom Europa-League-Triumph zerplatzt. Im Halbfinal-Rückspiel rannte der Fußball-Bundesligist leidenschaftlich und beherzt, aber auch erfolglos an und schied durch das 0:0 aus. Das Hinspiel hatte Leverkusen in der Vorwoche 0:1 verloren.

«Ein Tor und ein bisschen Glück haben uns gefehlt. Aber ehrlich: Ich bin stolz auf meine Jungs und jeden, der im Stadion war. Es war eine unglaubliche Stimmung», sagte Kerem Demirbay bei RTL. Über die destruktive Spielweise der Römer sagte er: «Es ist schade, dass in einem Halbfinale auf so einem Niveau am Ende so eine Spielweise belohnt wird. Das ist bitter. Sie haben es am Ende ekelhaft gemacht.» Einige Leverkusener Fans waren nach dem Abpfiff über die Absperrung gesprungen und an den Ordnern vorbei aufs Feld gelaufen. Es blieb aber friedlich.

Fans sorgen für «Hexenkessel»

Damit verpasste Bayer ausgerechnet am 35. Jahrestag des größten Vereinserfolgs im UEFA-Cup die dritte Endspiel-Teilnahme in einem Europacup nach eben 1988 und 2002. Zudem wird die Bundesliga in diesem Jahr in keinem der Endspiele vertreten sein, Bayer war der letzte deutsche Club in einem der internationalen Wettbewerbe. Und muss nun hoffen, sich wenigstens über die Liga für Europa in der neuen Saison zu qualifizieren. Der aktuell siebte Platz zwei Spieltage vor dem Saisonende würde nur für die Conference League reichen. Und auch nur dann, wenn RB Leipzig das Pokalfinale gegen Eintracht Frankfurt gewinnt.

Mourinho dagegen setzte sich im Trainer-Duell gegen seinen ehemaligen Spieler Xabi Alonso durch und kann im Endspiel am 31. Mai in Budapest alleiniger Rekordhalter in Bezug auf Europacup-Siege werden. Bisher führt er die Rangliste mit fünf Titeln in den verschiedenen Wettbewerben gemeinsam mit dem früheren Bayern-Trainer Giovanni Trapattoni an.

Leverkusens Kapitän und Torhüter Lukas Hradecky hatte vor dem Spiel einen «größeren Hexenkessel» als in der Vorwoche in Rom angekündigt. Und die Bayer-Fans gaben sich große Mühe, diese gewagte These zu stützen. Mehrere Tausend empfingen den Mannschaftsbus um 19.20 Uhr bei der Einfahrt zum Stadion in roten Shirts und mit zahlreichen Bengalos. Vor dem Spiel gab es eine große Choreo. Und während des Spiels sangen die Fans quasi durch und sorgten tatsächlich für eine beeindruckende und Halbfinal-würdige Atmosphäre.

Leverkusen von Beginn an dominant

Und das Team war bemüht, das erhoffte frühe Tor vorzulegen. Die ersten Versuche von Kerem Demirbay (8.) und Moussa Diaby (9.) waren noch eher harmlos, doch dann traf Diaby nach schönem Pass von Florian Wirtz aus spitzem Winkel die Latte (12.). Am Spielfeld-Rand durchlebte Alonso das Spiel intensiv mit, er lief auf und ab, dirigierte wild und lautstark. Dagegen versprühte Mourinho wenige Meter weiter links demonstrativ Gelassenheit, meist mit den Händen in den Taschen bewegte er sich nur wenige Meter nach links und rechts.

Zur Pause waren 12:1 Torschüsse und 74 Prozent Ballbesitz statistische Zeugen der Leverkusener Dominanz. Doch außer Diabys Lattenkracher waren die meisten Torchancen Schüsse aus der Distanz, die mal etwas mehr und mal weniger Gefahr versprühten. Für die größte Aufregung sorgte eine Szene in der 37. Minute, als Romas Abwehrspieler Bryan Cristante als letzter Mann Sardar Azmoun am Arm zog. Alle Leverkusener forderten eine Rote Karte, doch Schiedsrichter Slavko Vincic aus Slowenien ließ weiterspielen.

Direkt nach der Pause sorgten die Bayer-Fans mit einer Pyro-Show wegen der Rauchentwicklung erst mal für eine knapp zweiminütige Spielunterbrechung. Mourinho hatte in der Halbzeit derweil nochmal defensiv gewechselt. Vor allem gelang es den Gästen aber immer erfolgreicher, mit kleinen Nickligkeiten den Spielfluss zu unterbrechen. Und die Leverkusener wurden angesichts der davonlaufenden Zeit immer hektischer. Azmoun (81.) vergab noch eine große Chance.

Holger Schmidt und Ann-Marie Utz, dpa

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