Timo Werner wird nicht gegen die Ukraine auflaufen können. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Uwe Anspach/dpa)

Hansi Flicks öffentlich verabreichter Denkzettel für Abwehrhüne Niklas Süle hallt im Innern der Fußball-Nationalmannschaft nach.

Das deutliche EM-Signal, das der Bundestrainer exakt ein Jahr vor der Heim-Europameisterschaft an den Dortmunder 100-Kilo-Mann sendete, ist vor den drei Testpartien gegen die Ukraine, Polen und Kolumbien durchaus als Warnung und Ermahnung an alle Turnierkandidaten zu verstehen. 

«Natürlich weiß man, was man leisten muss, um am Ende Nationalspieler sein zu dürfen», sagte am Donnerstag auf dem DFB-Campus in Frankfurt/Main Timo Werner. Der 27 Jahre alte Angreifer ist trotz einer Sprunggelenksverletzung angereist. Der DFB-Pokalsieger von RB Leipzig will alles versuchen, um zumindest nach dem 1000. Länderspiel am kommenden Montag (18.00 Uhr/ZDF) gegen die Ukraine bei den weiteren EM-Tests gegen Polen und Kolumbien auf dem Platz zu stehen. «Ich probiere es», sagte Werner. Aktuell schmerze das Sprunggelenk noch zu sehr. Ein vorzeitiger Urlaubsbeginn war für den Nationalstürmer trotzdem kein Thema. 

Flick verschärft die Gangart

Ein Jahr vor dem EM-Eröffnungsspiel in München ist jeder Tag beim DFB-Team wichtig. Und Flick verschärft die Gangart, auch verbal. Öffentlich geäußerte Einzelkritik ist in aller Regel nicht Flicks Weg, den er im Interview der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (Mittwoch) ausnahmsweise verließ. Sehr öffentlichkeitswirksam zählte er den 27 Jahre alten Süle an.

Der BVB-Profi gehört fraglos zu den besten Verteidigern in Deutschland und ist eigentlich ein EM-Fixstarter. Aber dem Bundestrainer missfällt nicht erst seit der vermurksten WM in Katar, dass der zur Bequemlichkeit neigende Süle sein Potenzial nicht konsequent ausschöpft. «Ich finde, er lässt noch einiges liegen. Ich will, dass er von seiner Einstellung, von seiner Mentalität einen Schritt nach vorne macht», sagte Flick. Süle könne «einer der besten Innenverteidiger sein, die es gibt». Aber ein Nationalspieler sollte den Anspruch haben, «das Maximum aus seinem Potenzial zu machen», bemerkte der Bundestrainer. «Mit weniger durchkommen – das entspricht nicht meiner Mentalität», rügte Flick unverblümt. 

Flicks Botschaft an Süle sollte allen EM-Kandidaten als Mahnung dienen. Das Karriere-Highlight Heimturnier 2024 gibt es nicht geschenkt. «Der Bundestrainer geht immer sehr offen mit den Spielern um und kommuniziert sehr offen, was er vom jeweiligen Spieler verlangt. Wir sind gut beraten in allen Belangen, was wir leisten müssen», sagte Werner. Der Angreifer ist ein Paradebeispiel dafür, wie sehr Flick Spieler auch in schwierigen Zeiten unterstützt, wenn sie sich immer voll fürs Team einsetzen und persönlich alles einbringen. 

Hofmann will Comeback-Chance nutzen

Flick hatte schon im Frühjahr bei den Partien gegen Peru (2:0) und Belgien (2:3) auf Süle verzichtet. Abwehrkollege Antonio Rüdiger, Bayern-Angreifer Leroy Sané oder auch der Mönchengladbacher Jonas Hofmann, die damals als prominente WM-Teilnehmer ebenfalls nicht eingeladen worden waren, hat Flick nun wieder zurückgeholt. Hofmann zum Beispiel will die Comeback-Chance unbedingt nutzen. Er bezeichnete es als Ehre, für Deutschland spielen zu dürfen und versprach: «Ich werde alles reinhauen, wenn ich den Adler auf der Brust habe.»  

Flick hofft, dass Süle die verlängerte DFB-Auszeit als Ansporn nimmt. Werner schreibt den Kollegen keinesfalls ab. «Der Fußball ist so schnelllebig, dass sich das relativ schnell in die eine oder andere Richtung wieder ändern wird. Die, die im Moment nicht dabei sind, werden auch wieder hier dabei sein und auch spielen.» Die EM-Türen bleiben offen – raus und rein. 

Flick und Sportdirektor Rudi Völler eröffneten den zweiwöchigen Länderspiel-Lehrgang am Donnerstag mit einigen Worten an die Mannschaft, wie der Leipziger David Raum vor dem ersten Training am Nachmittag vor etwa 600 Fans berichtete. Sturmtalent Kevin Schade hatte da das DFB-Quartier schon wieder verlassen. Der 21 Jahre alte Angreifer vom englischen Premier-League-Club FC Brentford reiste wegen leichter muskulärer Probleme ab. 

Von Klaus Bergmann, dpa

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