Das U21-Team beim Training. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Sebastian Kahnert/dpa)

Mit vollem Einsatz duellierten sich Angelo Stiller und Co. an der Tischtennisplatte, einige Etagen höher johlte und feixte die Uno-Runde der U21. Das schwere Stimmungstief der Nationalelf trübte die Vorfreude auf die eigene EM im Teamhotel der deutschen U21-Fußballer um Trainer Antonio Di Salvo nicht.

Nach den ernüchternden Auftritten der Elf von Hansi Flick soll nun die nächste Generation knapp ein Jahr vor dem Start der Heim-EM für Fußball-Freude in Deutschland sorgen. «Wenn du gewinnst, sind Trainer, Spieler und Zuschauer glücklich», sagte Supertalent Youssoufa Moukoko von Borussia Dortmund.

EM-Start gegen Isreal

Der Stürmer gab vor dem Start in die U21-EM am Donnerstag (18.00 Uhr MESZ/Sat.1) gegen Israel selbstbewusst den dritten Titel innerhalb von sieben Jahren als Ziel aus. «Wir sind besser aufgestellt als vor zwei Jahren», sagte der 18-Jährige. Damals siegte die U21 unter Di Salvos Vorgänger Stefan Kuntz und begeisterte mit Leidenschaft, Emotionen und Teamgeist. Mit den Tugenden, die viele Fans bei der A-Nationalmannschaft gerade vermissen. Der DFB-Nachwuchs kann zudem die eigene Chance auf einen Platz bei der Heim-EM erhöhen.

Als Minimalziel für die EM bis zum 8. Juli in Georgien und Rumänien nennt Di Salvo das Olympia-Ticket, das die drei besten Teams neben Spiele-Gastgeber Frankreich lösen. Mit der gestiegenen Erwartungshaltung nach der erfolgreichen Kuntz-Ära mit drei Final-Teilnahmen in Serie gehen die Nachwuchsfußballer ganz entspannt um. «Das ist natürlich cool, wenn man ein bisschen im Blickpunkt steht und die ganze Nation einen unterstützt», sagte Abwehrspieler Yann Aurel Bisseck. Der 22-Jährigen von Aarhus GF in Dänemark wurde von Di Salvo zum neuen Kapitän ernannt. «Man möchte für die Nation etwas reißen.»

Dabei sind die Voraussetzungen alles andere als optimal. In Florian Wirtz, Jamal Musiala und Malick Thiaw muss Di Salvo auf drei Spieler verzichten, die fest zu Flicks A-Kader gehören. Dazu kommen die teils kurzfristigen Verletzungen von Stammspielern wie Jonathan Burkardt, Jordan Beyer oder Ansgar Knauff. «Letzten Endes tun wir alles für den Erfolg der A-Nationalmannschaft», sagte Di Salvo über das Fehlen von Thiaw. In Moukoko, Josha Vagnoman und Kevin Schade hat er immerhin drei Profis mit Nationalteam-Erfahrung dabei.

Völler reist zur U21-EM

Als Topfavorit geht der Titelverteidiger aber nicht ins Turnier. Mannschaften wie Frankreich oder England – nach Israel und Tschechien (25. Juni) am 28. Juni letzter deutscher Gruppengegner – gelten als deutlich besser besetzt. «Der Kader ist gut genug, dass wir eine ordentliche und gute Rolle spielen können», sagte DFB-Sportdirektor Rudi Völler, der selbst zum Turnier nach Georgien und Rumänien reisen will. Die Diskussion um die höheren Marktwerte anderer Teams interessiert die Deutschen nach außen aber ohnehin nicht. Moukoko sagte:  «Für mich zählt das nicht. Es zählt, wer mehr Wille und mehr Ehrgeiz hat.»

Mentalität, Teamgeist, Zusammenhalt – das machte die U21 schon unter Kuntz stark, und darauf setzt auch Di Salvo. «Ich glaube, dass das noch einmal ein Schlüssel sein kann, um noch besser zu werden», sagte er. Für den 44-Jährigen ist das Turnier nach Jahren als Co-Trainer unter Kuntz die erste große Bewährungsprobe. «Ich glaube, dass Toni in der Lage ist, diesen Teamgeist zu wecken», lobte Kuntz, der weiter im Kontakt mit Di Salvo ist. 

Di Salvo: «Unsere Jungs haben einfach Bock»

Auch der U21-Coach selbst fühlt sich bereit. Der Vertrag von Di Salvo, der mit dem heftig in der Kritik stehenden Bundestrainer Hansi Flick in einem engen Austausch steht, wurde kurz vor der EM bis 2025 verlängert. Ein klarer Vertrauensvorschuss für ihn. «Ich verspüre keinen Druck», sagte der frühere Bundesliga-Profi. «So ein Turnier ist immer ein Highlight. Es gibt eine große Vorfreude.»

Diese Einstellung vermittelt Di Salvo auch seinem Team. «Unsere Jungs haben einfach Bock», sagte Kapitän Bisseck. «Wir haben Spaß zusammen und verstehen uns alle.» Und dann schwirren zum EM-Start auch wieder die erfolgreichen Geschichten der Vorgänger-Generationen herum – vor allem die der U21-Europameister 2009 um Manuel Neuer, die 2014 Weltmeister wurden. «Wenn wir dieses Jahr die EM gewinnen und im nächsten Jahr mit der A-Nationalmannschaft, das wäre ein Traum», sagte Moukoko mit Blick auf die Heim-EM.

Die voraussichtlichen Aufstellungen:

Deutschland: 1 Atubolu – 2 Vagnoman, 5 Bisseck, 4 Dardai, 22 Netz – 10 Stiller, 8 Keitel, 6 Krauß – 9 Schade, 11 Moukoko, 17 Weißhaupt

Israel: 1 Peretz – 2 Jaber, 6 Gandelman, 5 Cohen, 7 Karzev, 3 Morgan – 22 Hajaj, 10 Gloukh, 15 Azoulay – 9 Jorno, 8 Bar

Schiedsrichter: Willy Delajod (Frankreich)

Miriam Schmidt und Christian Kunz, dpa

Von