Der ehemalige Bundesligaspieler Fin Bartels (2.v.l.) kommt mit seinen Teamgefährten aus der Kabine. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Felix Schröder/dpa)

Elfte Minute, Torwartfehler – und dann steht der ehemalige Profifußballer goldrichtig: Fin Bartels feiert seinen Debüt-Treffer in der Kreisklasse A unaufgeregt mit einem leichten Lächeln und einem lockeren Handschlag mit einem Mitspieler.

Nach seinem Karriereende hat der 36-Jährige noch lange nicht genug vom Fußball – Rumbolzen statt Ruhestand, könnte man meinen. Fernab von den Millionensummen des Profigeschäfts spielt Bartels jetzt nur noch um den Spaß.

Bartels kehrt zu seinen Wurzeln zurück

«Für mich geht es hauptsächlich darum, ein bisschen zu kicken, Spaß zu haben mit den Jungs, die ich kenne, und dann gibt es noch ein schönes Bierchen», sagt der hochkarätige Neuzugang der SpVg Eidertal Molfsee II der Deutschen Presse-Agentur. Bei dem Club machte er seine ersten fußballerischen Schritte, er wohnt im Umfeld von Kiel gleich in der Nähe. An den Bier-Konsum in der Kreisliga muss er sich noch gewöhnen. «Die sind alle gut im Saft. Aber ich werde mich da schnell anpassen», schiebt er mit einem Grinsen hinterher.

Bartels reiht sich in eine illustre Runde an Ex-Profis ein, die jetzt im niedrigen Amateurfußball kicken. So spielt der ehemalige Bundesliga-Verteidiger und russische Nationalspieler Konstantin Rausch jetzt in der 1. Kreisklasse Celle für die SG Lachendorf-Beedenbostel. Im Mai feierten die Brüder Sven und Lars Bender die Meisterschaft in der Kreisliga mit ihrem bayerischen Heimatclub TSV Brannenburg.

Großkreutz in Castrop – Harnik in Dassendorf

Kevin Großkreutz, Weltmeister von 2014 und langjähriger Spieler bei Borussia Dortmund, unterstützt die Westfalenliga-Auswahl des SV Wacker Castrop. Auch der 36 Jahre alte Martin Harnik schnuppert noch Oberliga-Luft. Für den Fünftligisten TuS Dassendorf erzielte er in der abgelaufenen Saison in 32 Liga-Partien 46 Treffer und gab acht Vorlagen. Dabei stellte er einen neuen Liga-Bestwert auf, ist nun Rekordhalter in der Hamburger Oberliga-Geschichte.

Die fünfte Liga ist an einem Sonntag im August im Kieler Osten weit entfernt: 22 Grad, Bratwurst für 2,50 Euro, Bartels steht auf einem löchrigen Rasenplatz. Der TuS Gaarden lädt die Spielvereinigung Eidertal Molfsee zum Saison-Auftakt in der Kreisklasse A. Zuletzt spielte Bartels hier als Kind. Die Gegenspieler zollen ihm Respekt, er wirkt wie ein angesehener Staatsmann auf Besuch, ist Dreh- und Angelpunkt des Gästespiels.

Nach 18 Jahren auf der großen Fußball-Bühne lässt es der 36-Jährige etwa drei Monate nach seinem Karriereende ruhiger angehen. Seine Profi-Laufbahn führte ihn über Kiel, Rostock und St. Pauli zu Werder Bremen und am Ende noch einmal zurück an die Förde. Seine eindrucksvolle Bilanz: 170 Bundesliga-Auftritte, 222 Zweitliga-Partien und 25 DFB-Pokalduelle. Dabei erzielte er insgesamt 81 Treffer. Am vergangenen Freitag ließ sich der ehemalige Profi bei seinem Abschiedsspiel in Kiel feiern.

Ohne Überraschung trifft er auch in der Amateur-Liga: In der 15. Minute erhöht Bartels auf 3:0, das 4:0 bereitet er vor, dann ist Halbzeit. Fans sind jetzt noch näher dran am früheren Profi. Auf dem Weg aus und in die Kabine läuft er an einigen unter den 150 Besuchern vorbei. «Fin, und jetzt ein bisschen Gas», sagt ein älterer Mann, der Bartels schon als «Lütten» gekannt haben will. Um ihn herum die klassischen «Der-hat-schon-Gelb»-Rufe. Sind mehr Zuschauer wegen Bartels als sonst da? «Kann schon sein», antwortet der Mann hinter dem Grill schmallippig.

Generell ist es ruppig. Harte Zweikämpfe, derbe Sprüche. Den Eindruck, dass Bartels von seinen Mitspielern mit Samthandschuhen angepackt wird, teilt er nicht. «Die spielen wie immer», meint er. «Klar ist das ein ganz anderes Tempo, viel mehr Fehler», sagt Bartels: «Das muss man aber auch nicht vergleichen, deswegen habe ich den Schnitt gemacht.»

«Für uns als Mannschaft ist es ein Jackpot»

Trainer Christopher Foley beschreibt die allgemeine Reaktion auf Bartels als Mischung aus Ehrfurcht und Freude, dass er dabei sei. Nach dem Spiel fragen viele Zuschauer nach Selfies. «Für uns als Mannschaft ist es ein Jackpot», sagt der Coach.

Mit einigen Mitspielern verbrachte Bartels die Jugend, besuchte mit dem ein oder anderen die Schule. Auf dem Platz steht er zusammen mit seinem Bruder Tom. Bartels genießt die kumpelige Kabinen-Atmosphäre, dabei dürfen Frotzeleien nicht fehlen. «Bevor der auf den Platz kommt, kriegt der drei Sprüche gesteckt», sagt Foley.

Einmal habe er sein Trikot vergessen, musste zurück in die Kabine und seine Mitspieler fragten, ob sie nun Spalier stehen sollen. Sonderrechte genießt Bartels nicht. «Beim letzten Mal war kein kleines Trikot mehr für mich da, dann musste ich ein großes nehmen.»

Von Felix Schröder, dpa

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