Alejandro Grimaldo (l) und Jeremie Frimpong sind ungemein torgefährlich. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Uwe Anspach/dpa)

An den ersten Trip nach Aserbaidschan hat Alejandro Grimaldo beste Erinnerungen. Bevor der Flieger mit dem Tross von Bayer Leverkusen nach dem Gruppenspiel bei Karabach Agdam im November abhob, wurde die erstmalige Nominierung des Spaniers für die Nationalmannschaft durchgesagt. Im Flugzeug brandete lautstarker Applaus auf, denn diese Berufung war in den Augen aller Leverkusener überfällig.

Aus heutiger Sicht erscheint es gar absurd, wieso dem Linksverteidiger erst mit 28 Jahren diese Ehre zuteilwurde. Ähnlich wie bei seinem Pendant Jeremie Frimpong, der fast 23 werden musste, um erstmals für die Niederlande zu spielen.

Wenn der Bundesliga-Tabellenführer am Donnerstag (18.45 Uhr MEZ/RTL+) zum Achtelfinal-Hinspiel der Europa League wieder in Baku gegen Agdam spielt, werden viele europäische Späher auf Frimpong und Grimaldo blicken. Längst haben die größten Clubs Europas die beiden auf dem Zettel. Am Niederländer sollen unter anderem Real Madrid, Manchester United und der FC Liverpool interessiert sein, am Spanier sein Ausbildungs-Club FC Barcelona, Real Madrid und auch der FC Bayern. Leverkusens Trainer Xabi Alonso wurde am Sonntag gefragt, ob die beiden die beste Flügelzange Europas sind: «Ob sie die besten sind weiß ich nicht», sagte Alonso: «Aber sie sind top!»

Außenverteidiger als Torjäger

Denn das Duo kompensiert bei der Jagd nach drei Titeln mit den seit 1993 titellosen Leverkusenern sogar die derzeit einzige wirkliche Schwäche der Werkself. Denn im Kalenderjahr 2024 sind die Mittelstürmer Patrik Schick, Borja Iglesias und Adam Hlozek noch komplett ohne Tor. Doch die Außenverteidiger machen das wett.

Beim 2:0 Derby-Sieg in Köln erzielten die beiden wieder die Treffer. Frimpong steht nun bei acht Liga-Toren, Grimaldo gar bei neun. Nur der verletzte Victor Boniface traf noch einmal öfter für Bayer. In der Torschützenliste der Bundesliga liegen beide in den Top 14. Wettbewerbs übergreifend war Frimpong in dieser Saison schon an 20 Treffern direkt beteiligt (zehn Tore und zehn Vorlagen). Grimaldo, der im Trikot von Bayer Leverkusen noch nie ein Spiel verloren hat, gar an 22 (11/11). Für Außenverteidiger nahezu unglaubliche Zahlen. Selbst, wenn sie sich offensiv so einbringen dürfen wie diese beiden.

«Ab und zu» müsse er sie schon zurückbeordern, weil sie zu offensiv sind, sagte Abwehrchef Jonathan Tah lachend. «Aber die beiden arbeiten schon auch gut nach hinten. Und sie spielen beide eine brutale Saison.» Dass sie sich so oft nach vorn einschalten, ist natürlich klare Anweisung Alonsos. «Der Trainer peitscht sie schon im Training immer an, damit sie in diese gefährlichen Räume kommen», sagte Tah.

«Linksverteidiger-Sechser-Achter-Zehner»

«Wir kriegen sie häufig in gute Situationen. Aber es sind auch ohne Frage top Spieler», sagte Sportchef Simon Rolfes. Für Nationalspieler Robert Andrich ist Grimaldo «der wesentlich bessere Fußballer mit dem Ball. Eine Art Linksverteidiger-Sechser-Achter-Zehner». Frimpong habe «seine Stärke in der Geradlinigkeit. Aber was die Torgefahr und Assists angeht, sind beide top top.»

Gerade, weil starke Außenverteidiger quasi weltweit Mangelware sind, erscheint es kurios, dass beide in ihren Nationalteams lange ignoriert wurden. Frimpong wurde von Bondscoach Louis van Gaal zwar für die WM 2022 nominiert, vor und während des Turniers aber nicht eingesetzt. Nachfolger Ronald Koeman berief ihn mit Verweis auf die angeblich mangelnde Defensivarbeit zunächst nicht. Als Frimpong dann eine Einladung zur U21 ausschlug, schien die Situation verfahren. Im Oktober kam der Rechtsverteidiger aber doch zu seinem Debüt, Ende März hofft er auch auf einen Einsatz gegen Deutschland.

Im Fall von Grimaldo verstand kaum jemand, wieso der im Sommer ablösefrei von Benfica Lissabon verpflichtete Linksverteidiger von Coach Luis de la Fuente nicht berücksichtigt wurde. Alonso schickte die Nachricht in die spanische Heimat: «Warum er noch nicht für Spanien gespielt hat, kann ich nicht erklären. Aber es ist meine große Empfehlung.»

Grimaldo haderte derweil, er befinde sich in der «besten Phase meiner Karriere und warte auf diesen Anruf». Im November, während er erstmals in Baku war, kam er endlich. Grimaldo durfte gegen Zypern dann auch direkt 90 Minuten durchspielen – und bereitete prompt ein Tor vor.

Von Holger Schmidt, dpa

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