Alexandra Popp (l) vom VfL Wolfsburg und Giulia Gwinn vom FC Bayern München und der DFB-Pokal. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Rolf Vennenbernd/dpa)

Für Wolfsburgs Macher Ralf Kellermann ist es das «Nonplusultra im deutschen Frauenfußball», für Bayern-Star Lea Schüller «eine andere Atmosphäre, ein anderes Gefühl». Das Finale um den DFB-Pokal zwischen Meister FC Bayern und Vizemeister VfL Wolfsburg vor stimmgewaltiger Kulisse in Köln elektrisiert, oder wie Schüller sagt: «Ich find’s einfach geil.» 

Zumal den Münchnerinnen am Donnerstag (16.00 Uhr, ZDF/Sky) zwei besondere Marken winken. Sie können erstmals das Double in der Vereinsgeschichte holen und obendrein die seit 49 Cup-Spielen währende Siegesserie von Wolfsburgs Pokal-Spezialistinnen brechen.

Für Rekordpokalsieger Wolfsburg geht es im 44. Endspiel um den zehnten DFB-Pokal-Triumph nacheinander, insgesamt wäre es der elfte. Sportlich steckt ohnehin viel im deutschen Klassiker, extreme individuelle Klasse, zahlreiche Nationalspielerinnen auf beiden Seiten. «Es wird kein Spiel, das rein von taktischem Kalkül oder von einer Abtastphase geprägt sein wird», prophezeit Schüller. Beide Teams haben lieber den Ball, als stur hinterherzulaufen, beide gelten als Torfabriken. 58 Mal traf Wolfsburg in 20 Bundesliga-Spielen, der FC Bayern 52 Mal.

Deutsches Pokalfinale nur mit Wembley zu vergleichen

Auf ein «attraktives Spiel, gern auch mit Spektakel» hofft Kellermann daher, für den auch der Rahmen im mit über 44 000 Fans ausverkauften Stadion stimmt. «Das ist ein Top-Ereignis», meinte der 55-Jährige. Von der Bedeutung für den deutschen Frauenfußball sei das Endspiel in Köln nur mit dem englischen Finale im Londoner Wembleystadion zu vergleichen. Mediale Präsenz, die Aktionen rund ums Spiel, «das ist so, wie wir uns das wünschen und so, wie sich das die Spielerinnen seit Jahren verdient haben».

Und dann schwebt da noch die in Wolfsburg zum Reizthema erklärte Debatte über eine Wachablösung im deutschen Vereinsfußball über dem Duell. Bayern-Präsident Herbert Hainer hatte den Begriff vor dem Liga-Rückspiel, das die Bayern dann auch noch 4:0 gewannen, eingeführt. Seither kommt fast niemand mehr daran vorbei. 

VfL-Kapitänin Alexandra Popp «hasst» das Wort, Mitspielerin Kathrin Hendrich hält es für respektlos, fühlt sich aber nicht extra herausgefordert: «Gegen Bayern sind es immer besondere Spiele, aber ehrlich gesagt ist es nicht so, dass mich solche Aussagen besonders motivieren», sagte die Innenverteidigerin.

Wolfsburg erstmals seit 2012 ohne Titel?

Fest steht, dass die Bayern nach zwei Meisterschaften nacheinander auf der Überholspur sind, während dem VfL die erste titellose Saison seit 2011/2012 droht. Der Transfer von Mittelfeld-Ass Lena Oberdorf von Wolfsburg nach München zur neuen Saison unterstreicht das, ebenso die Aussagen von Trainer Alexander Straus: «Unser Anspruch ist, dauerhaft die Nummer eins zu sein», sagte der Bayern-Coach im «Kicker-Interview», zollte den Wolfsburgerinnen gleichzeitig aber auch seinen «größten Respekt» und gab in der Wachablösungsdebatte zu: «Es ist immer problematisch, wenn etwas auf ein Schlagwort reduziert wird.»

Ähnlich nüchtern sieht es auch Schüller. «Für uns ist der Begriff kein Thema, wir und Wolfsburg respektieren uns gegenseitig sehr. Wir wollen am Donnerstag einfach gewinnen und zum ersten Mal das Double holen.» Mit Blick auf die imposante Pokal-Serie der Wolfsburgerinnen ergänzte sie: «Da weiß ich jetzt nicht, ob der FC Bayern Favorit ist.»

Schüller: «Aller guten Dinge sind drei»

Außenseiter sind die Münchnerinnen allerdings auch kaum. «Wir sind gerade sehr gut drauf und haben in den letzten Spielen gezeigt, dass wir sehr gefährlich sind, vor allem im letzten Spiel in Wolfsburg», sagte Schüller mit Blick auf das triumphale 4:0. Auch das Hinspiel hatten die Münchnerinnen gewonnen (2:1), in der Rückrunde eilten sie dann von Sieg zu Sieg – bis am Samstag nach dem 2:1 in Leverkusen die Meisterschaft perfekt war.

Gefeiert wurde mit Blick aufs Pokalfinale nur mäßig. «Wir sind mit ein paar Mädels essen gegangen, ohne Alkohol, das war’s. Am Tag danach haben wir am Vormittag unsere zweite Mannschaft bei einem wichtigen Heimspiel unterstützt», verriet Schüller. Das Ziel ist klar: Die zweite Silberware binnen fünf Tagen soll her, der zweite Bayern-Pokaltitel nach 2012.

Im Gegensatz zu Rekord-Pokalsiegerin Popp (zwölf Titel) fehlt Schüller ein Finalsieg noch. Mit ihrem Ex-Club SGS Essen unterlag sie 2014 mit 0:3 gegen Frankfurt und 2020 mit 2:4 im Elfmeterschießen gegen Wolfsburg, als sie zwölf Sekunden nach Anpfiff traf und damit einen Rekord aufstellte. Für die mit neun Liga-Toren beste Münchner Stürmerin steht fest: «Pokalfinale ist immer etwas Besonderes. Bei mir ist es nun schon das dritte – und aller guten Dinge sind drei.» Oder eben zehn, je nach Sichtweise.

David Joram, dpa

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