Simon Rolfes (r) hat seinen Vertrag erst im Herbst bis 2028 verlängert. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Marius Becker/dpa)

Wie verstärkt man eine Mannschaft, die unbesiegbar scheint und deutsche Fußball-Geschichte schreibt? Vor dieser schweren Entscheidung stehen die Macher um Sportchef Simon Rolfes und Club-Boss Fernando Carro derzeit bei Bayer Leverkusen. Klar ist, dass der Kader des deutschen Meisters, der am Mittwoch (21.00 Uhr/RTL) in Dublin gegen Atalanta Bergamo im Finale der Europa League und als Pokalfinalist vor dem Gewinn des Triples steht, wegen der Teilnahme an der Champions League verbreitert werden soll. 

Klar ist aber auch, dass die historische Saison zusammen mit der Strahlkraft von Trainer Xabi Alonso ungeahnte Chancen auf große Namen bietet. Sicher ist, dass im Gegenzug die Leverkusener Top-Spieler begehrt sind wie nie – auch und vor allem international.

«Wahrnehmung ist eine andere»

«Wir werden versuchen, Frische in den Kader reinzubringen und für neue Dynamiken zu sorgen», sagte Rolfes im Interview der Deutschen Presse-Agentur: «Aber der Großteil der Struktur wird bleiben, deswegen wird es mit Sicherheit keinen Umbruch geben in dem Ausmaß des letzten Jahres.» Im Sommer 2023 hatten die Leverkusen in Granit Xhaka, Victor Boniface, Alejandro Grimaldo und Jonas Hofmann vier Hochkaräter geholt.

Die Gunst der Stunde im Werben um noch größere Namen könnte Bayer jetzt nutzen. «Insgesamt ist die Wahrnehmung von Bayer Leverkusen in Europa durch diese Saison eine andere», sagte Rolfes: «Aber den Schub würde ich so stark nicht beziffern, weil wir ja auch im letzten Sommer schon Spieler verpflichtet haben, bei denen wir vor vier Jahren noch nicht die Möglichkeit gehabt hätten.»

So richtig lässt der Sportchef sich nicht in die Karten schauen. Doch die Pläne sind längst gemacht. Carro und Werner Wenning, der mächtige Vorsitzende des Gesellschafterausschusses, haben mit Rolfes und Kader-Planer Kim Falkenberg die Marschrichtung festgelegt. 

Club-Boss sieht noch Luft nach oben

«Wir wissen, dass die Champions League, vor allem in der neuen Form, anspruchsvoller sein wird, als sechs Gruppenspiele in der Europa League. Deshalb wollen wir, wenn es vom Budget reicht, auf jeden Fall verstärken», sagte Carro bei «Bild TV»: «Ob in der Breite und der Spitze müssen wir sehen. Aber ich glaube, bei der einen oder anderen Position haben wir noch die Möglichkeit, uns zu verstärken.»

Gerüchte sind noch nicht viele durchgesickert. Offenbar ist Bayer am deutschen EM-Teilnehmer Maximilian Beier aus Hoffenheim und dem spanischen Nationalspieler Aleix Garcia vom FC Girona interessiert. Das im vergangenen Sommer verpflichtete Außenverteidiger-Talent Arthur (21), das fast die gesamte Saison verletzt ausfiel, ist aber quasi auch wie ein Neuzugang für das seit Saisonbeginn in 51 Pflichtspielen ungeschlagene Team. In Adam Hlozek (21), Gustavo Puerta (20) und Noah Mbamba (19) befinden sich im Kader weitere als Ausnahmetalente geltende Profis, die auf den nächsten Schritt hoffen.

Wirtz-Abgang kein Thema

Im Gegenzug wird Bayer wohl wenige Stammkräfte verlieren. Vor allem bei Überflieger Florian Wirtz haben dessen Vater und Berater Hans wie auch der Club klargestellt, dass ein Transfer im Sommer kein Thema ist. Gehen wird der Spanier Borja Iglesias, der wegen der Verletzung des nun genesenen Victor Boniface geliehen wurde und ohne Tor blieb. 

Auch Bayern-Leihgabe Josip Stanisic muss wohl zurück nach München. Der offensivstarke Außenspieler Jeremie Frimpong ist von englischen Clubs umworben und hat eine Ausstiegsklausel von über 40 Millionen. Während bei ihm ein Abschied wahrscheinlich ist, scheint der Trend beim vom FC Bayern umworbenen Abwehrchef Jonathan Tah eher zur Vertragsverlängerung zu gehen. 

«Interesse, egal an wem, ist immer ein Zeichen von Erfolg. Deswegen ist es kein Problem», sagte Rolfes: «Uns ist bewusst, dass wir uns nicht am Ende der Nahrungskette im Fußball-Ökosystem befinden.» Dass man, wie von Carro zwischenzeitlich erklärt, im Sommer einen Spieler verkaufen müsse, sei deshalb nicht zwingend so. «Wenn man investiert, kann es auch sein, dass man dafür mal Spieler verkaufen muss», sagte Rolfes: «Das war vor fünf Jahren so und das wird wahrscheinlich in drei Jahren auch noch so sein. Aber klar ist, dass wir im Sommer nicht vier Spieler verkaufen müssen.»

Auf die Frage, ob auch er selbst Anfragen bekommen habe, antwortete Rolfes: «Dass wir international viel Aufmerksamkeit durch die Saison hervorgerufen haben, ist schon der Fall. Diese Wahrnehmung gilt für uns alle.» Da er seinen Vertrag erst im Herbst bis 2028 verlängert hat, scheint ein Abgang aber unwahrscheinlich.

Von Holger Schmidt, dpa

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